Wir haben viel gearbeitet und Weichen gestellt

von edithreithmann

Haar boomt – da sind sich der Landkreis und die Gemeinde einig. Anfragen von großen und bedeutenden Unternehmen, sich hier anzusiedeln, liegen vor. Aber auch Schul- und Wohnungsbau sowie soziale und Kunst-Projekte sind aktuelle Themen. B304.de hat sich mit Bürgermeisterin Gabriele Müller zu einem persönlichen Jahresendgespräch getroffen. Lesen Sie hier das Interview.

B304.de: Frau Müller, Sie sind ja ganz schön eingespannt so in den Tagen vor Weihnachten?

Bürgermeisterin Gabriele Müller: Das kann man wohl sagen. Aber sehen Sie, wenn das nicht der Fall wäre, würde irgendwas nicht stimmen. Eine Bürgermeisterin muss in diesen Tagen Stress haben und ich bin sehr froh darum.

 

Stehen noch Entscheidungen an?

Eigentlich immer. BMW hat sich leider für den Mitbewerber Unterschleißheim entschieden, das Europäische Patentamt kommt im Sommer 2017 nach Haar und intern im Rathaus hatten wir gestern die letzte Gemeinderatssitzung. Wir konnten noch das kommunale Wohnungsbauunternehmen auf den Weg bringen.

 

Wenn Sie so Jahresbilanz ziehen, was sind gute Projekte in diesem Jahr gewesen?

Es sind die kleineren Aktionen, die aber für den Bürger spürbar sind. Beispielsweise der Fahrdienst der Gemeinde, den vor allem Senioren in Anspruch nehmen. Er wurde gegen die Stimmen der CSU eingeführt und ist ein voller Erfolg. Die älteren Leute haben damit mehr Mobilität. Auch der Haarer Zehner hat eingeschlagen, da bin ich sehr stolz. Es ist ein Stück Wirtschaftsförderung für die Haarer Geschäfte. Und vor Weihnachten ist er eine begehrte Geschenkidee. Die ersten 1000 Stück sind bereits verkauft und wir drucken nach.

 

Und Straßenprojekte?

Turnusmäßig arbeiten wir unsere Straßen durch, so in diesem Jahr die Konradstraße. Nächstes Jahr wird es schwieriger. Wir müssen uns mit der Straßenausbaubeitragssatzung beschäftigen. Nicht nur das Wort ist ein Ungetüm, auch die Verwaltung dazu ist es. Wir hätten einen erhöhten Aufwand, müssten Personal aufstocken und viel Aufklärungsarbeit betreiben. Einige Gemeinden haben sie schon eingeführt. In Haar gibt es diese Abgabe noch nicht. Allerdings liegt jetzt ein Gerichtsurteil vor, dass aus einer Soll-Formulierung ein Muss wird.

 

Was gibt es Positives zu Bauprojekten zu berichten?

Da freue ich mich als ehemalige Lehrerin über den Ausbau der Jagdfeldschule. Wir haben einen Architektenwettbewerb europaweit ausgeschrieben, 20 Büros beteiligen sich. Wir werden im Februar die Vorschläge sichten und bewerten. Mit der Standortentscheidung sind wir im Ort geblieben, dort wo die meisten Kinder sind. Es wird ein zukunftsweisender Bau werden, auch unter Berücksichtigung von Ganztagsschule. Es steckt da viel Planungs- und Detailarbeit drin.

Im Jugendstilpark sieht und hört man von außen nicht viel, es laufen aber viele Vorbereitungsarbeiten im Hintergrund. Es gibt eine Gestaltungskommission, die sich jeden Monat trifft. Wenn der Startschuss fällt, ist alles bereit. Im Februar ist geplant im Gemeinderat den Satzungsbeschluss zu schaffen und dann wird es schnell gehen. Als erstes wird dann das Pflegeheim angegangen.

 

Wie sehen Sie die Verkehrssituation in der Gemeinde im Moment und in der Zukunft?

Der Straßenverkehr ist ein ganz wichtiges Thema, das uns die nächste Zeit beschäftigen wird. Wir sind da sehr betroffen, da zwei wichtige Verkehrsachsen, die B304 und die B471, unsere Gemeinde durchziehen. Wir haben Verkehrsstudien in Auftrag gegeben, ziehen daraus unsere Lehren und versuchen innerhalb unseres Gebietes zu lenken. Auch auf die Nachbargemeinden achten wir, so Vaterstetten mit dem bereits begonnenen Neubaugebiet und Grasbrunn mit dem beschlossenen Gewerbegebiet Keferloh. Dieser Verkehr landet in Haar. Da werden wir sicher noch mit Grasbrunn reden müssen. (siehe Artikel B304.de „Alles tun, um das zu verhindern“ vom 14.12.2016)

 

Das Flüchtlingsthema in Haar, wie ist da der Stand?

Nach der Silvesternacht in Köln gab es auch in unserer Gemeinde viele Bedenken. Wir hatten fast zeitgleich die Traglufthalle bekommen und darin zogen 200 männliche, junge Asylbewerber ein. Die Gemeinde hat das sehr gut hinbekommen. Der Gemeinderat hat eine zusätzliche Stelle genehmigt. Und der Helferkreis hat hervorragende Arbeit geleistet. Jetzt sollen die Zahlen wieder steigen, aber wir sind besser darauf eingerichtet. Unsere Maßnahmen wie Sprachkurse greifen, die Integration funktioniert weitestgehend. Langfristig ist die Unterbringung in der Traglufthalle keine Lösung. Im Moment sind noch 50 Asylbewerber dort untergebracht.

 

Wie sieht es mit den Kita-Plätzen aus?

Da haben wir über viele Jahre viel Geld reingesteckt. Das hat uns einen Vorsprung verschafft, der jetzt leider aufgebraucht ist. Ab nächstes Jahr werden wieder neue Lokationen geschaffen, beispielsweise in Egelfing. Vorübergehend wird ein Provisorium einer Kita errichtet werden, da suchen wir gerade ein Grundstück. Parallel wird die Kita im Jugendstilpark geplant. Kindergartenplätze haben wir genug, aber im Krippen- und Hortbereich ändert sich gerade viel und wir müssen aufrüsten.

 

Und welches sind die unglücklichen Aktionen in diesem Jahr?

Natürlich der Haarer Bahnhof. Das ist meine größte Enttäuschung. Wir hatten bereits die Bagger an der Ortsgrenze für die Baumaßnahmen am Südzugang und mussten alle zurückschicken. Denn die Bahn forderte neue, uns bislang unbekannte Maßnahmen. Das Grundproblem ist wohl, dass die Bahn deutschlandweit alle Bahnhöfe behindertengerecht ausbauen möchte. Da wir bereits Aufzüge haben, auch wenn sie nicht immer funktionieren, sind wir nicht an oberster Priorität. Meine Hoffnung geht jetzt auf die Nordseite. Da haben wir im Frühjahr vor, mit den Arbeiten zu beginnen. An Ostern haben wir ja die genehmigte Gleissperrung.

 

Und der Besuch von Bundesverkehrsminister Dobrindt, hat der etwas bewirkt?

Dazu kann ich nur sagen: Unser Zustand ist wie er ist. Einziger Vorteil, wir haben jetzt Kontakt zu anderen Instanzen.

 

Leider hatte ja der Besuch ein nicht so schönes Nachspiel? (Anmerkung der Redaktion: Es liegt eine Anzeige gegen Bürgermeisterin Gabriele Müller seitens des stellvertretenden Landrats Ernst Weidenbusch vor)

Ich weise die Vorwürfe von mir und die Angelegenheit liegt bei meinem Anwalt.

 

Ein schönes Thema ist Zamma, das Kulturfestival im kommenden Jahr!

Ja, da wartet ein buntes und interessantes Programm auf die Haarer Bürger. Da steckt viel Arbeit und Engagement drin. Wir haben über 50 Projekte und Aktionen. Über 100 Institutionen werden sich daran beteiligen. Es haben sich Gruppierungen verknüpft, die noch nie zusammengearbeitet haben. Spektakulär wird wohl eine Laser- und Beamershow, die die Geschichte der Gemeinde inszeniert. Kein Haarer sollte in dieser Woche (1. – 8. Juli) in Urlaub gehen.

 

Wir würden Ihnen gerne noch ein paar persönliche Fragen stellen.

Würden Sie mit Ihrem jetzigen Wissen als Bürgermeisterin wieder antreten?

Ja, uneingeschränkt Ja. Es macht mir wirklich einen großen Spaß. Ich komme auch am Wochenende gerne rein ins Rathaus und nachts grüble ich manchmal über Themen und Entscheidungen. Am Interessantesten finde ich die Vielseitigkeit dieser Aufgabe, also die Bandbreite der Themen, mit denen ich zu tun habe.

 

Haben Sie denn eine „Krafttankstelle“?

Ja, da habe ich mehrere. Das zweite Jahr habe ich ein Bienenvolk in meinem Garten. Und es fasziniert mich sehr, wie dieser Staatenorganismus funktioniert, wo jede Biene weiß, was sie zu tun hat und alles für das Gemeinwohl geschieht. Meine Familie, mein Mann, unser Hund und auch meine Reitbeteiligung schenken mir Kraft.

 

Wo sind Sie an Weihnachten und Silvester?

Weihnachten gehört meiner Familie. Da vertritt mich Katharina Dworzak (die 2. Bürgermeisterin) und an Silvester bin ich traditionell beim Feuerwerk in Eglfing.

 

Frau Müller, wir danken Ihnen für das Gespräch.