SPD sagt “Ja zur städtebaulichen Vielfalt”

von Markus Bistrick

Das Hochhaus-Thema hat auch über den Wahltag hinaus nicht an Brisanz verloren, denn die Initiative „Mia san Haar“ hat ihr Ziel erreicht und konnte am 30. April über 1700 Unterschriften von Haarer Bürgerinnen und Bürgen übergeben. Damit hat sie die formalen Voraussetzungen für ein Bürgerbegehren erfüllt. Der Gemeinderat hatte nun über die Zulässigkeit des Begehrens zu entscheiden und mit den Stimmen der SPD, der Grünen und den freien Wählern das Ratsbegehren “Ja zur städtebaulichen Vielfalt” auf den Weg gebracht.

„Dann ist gleich Schluss mit Lustig“, bemerkte Bürgermeisterin Gabriele Müller, bevor die erste ordentliche Sitzung des neu gewählten Gemeinderats so richtig in Fahrt kam. Und sie behielt Recht: Das Hochhausthema ließ viele Emotionen des Wahlkampfs wieder aufleben, was zu einer ausführlichen, teilweise auch von harschen Worten geprägten Diskussion führte. Die CSU zeigte sich nach ihrem Wahlergebnis gestärkt und mit neuem Selbstvertrauen im Haarer Gemeinderat.

So könnte die Bebauung des rund 2.750 Quadratmeter großen Areal an der B304 in Haar aussehen. Der Streit entzündet sich an dem markanten Hochhaus mit 34 Metern Höhe, das sich nach oben verbreitert.
So könnte die Bebauung des rund 2.750 Quadratmeter großen Areal an der B304 in Haar aussehen. Der Streit entzündet sich an dem markanten Hochhaus mit 34 Metern Höhe, das sich nach oben verbreitert.

Die Fraktion um den Dritten Bürgermeister Thomas Reichel (CSU) würde die Frage des Bürgerbegehrens: „Sind Sie dafür, dass die Gemeinde Haar beim Bau von Hochhäusern (auch bereits im Verfahren befindlicher) die maximale Höhe auf 19 Meter begrenzt“ jederzeit mit „Ja“ beantworten. Die CSU-Räte hatten den Initiatoren des Begehrens von vorneherein uneingeschränkte Unterstützung zugesichert. Doch da hatten SPD, Grüne und Freie Wähler auch noch ein paar Wörtchen mitzureden. Denn ein Bürgerentscheid hat die selbe Wirkung wie ein Gemeinderatsbeschluss. Nur ein erneuter Bürgerentscheid könnte ihn ändern. Würde der Gemeinderat das Ziel des Begehrens direkt beschließen, könnte man sich den Bürgerentscheid und die damit verbundenen Kosten von rund 50.000 Euro sparen. Da SPD, Grüne und Freien Wähler die vom Bürgerbegehren geforderten Maßnahmen jedoch ablehnen, dürfen die Haarer Bürgerinnen und Bürger am Sonntag, 27. Juli, nun selbst entscheiden und können sie ihre Stimme für oder gegen das Bürgerbegehren abgeben.

Doch damit nicht genug: SPD, Grüne und Freie Wähler setzen dem Bürgerbegehren ein Ratsbegehren entgegen, das den Titel „Ja zur städtebaulichen Vielfalt in Haar“ trägt. Ratsbegehren und Bürgerentscheid sind gleichgestellt. Die Gemeinderäte begründeten ihr Begehren am Dienstag damit, dass die Initiatoren des Bürgerbegehrens mit ihrer Forderung, die Höhe von Neubauten flächendeckend auf 19 Meter zu begrenzen, in die Planungshoheit und eigentumsrechtliche Belange der Gemeinde eingreifen. “Wir stehen für mehr Bürgerbeteiligung, wollen aber die städtebauliche Entwicklung im Ballungsraum auch in Zukunft sinnvoll gestalten können. Keiner mag Hochhäuser in Salmdorf oder Ottendichl bauen, aber entlang der B304 in Richtung Stadtgrenze könnten sie sinnvolle Entlastung auf dem angespannten Wohnungsmarkt bedeuten”, begründet Haars Erste Bürgermeisterin Gabriele Müller das Ratsbegehren.

Grünen-Sprecher Mike Seckinger begründete seine Unterstützung für das Ratsbegehren damit, dass er der Bürgerschaft eine qualifizierte inhaltliche Diskussion ermöglichen wolle. Auch Antonius van Lier von den Freien Wählern drückte seine Zustimmung für das Begehren aus. CSU-Rätin Gerlinde Stießberger warf den entsprechenden Gemeinderäten vor, dass man mit dem Hochhausprojekte nur im Sinne der Investoren entscheiden würde. SPD-Rat Alfons Meindl schoss dagegen, dass man sich im Umfeld einer Großstadt lediglich die Flexibilität bei der Planung bewahren wolle.

Wie zu erwarten war, erzielten die Gemeinderatsmitglieder keinen Konsens zu dem Thema. SPD, Grüne und Freie Wähler setzten das Ratsbegehren gegen die Stimmen der CSU durch. Somit dürfen die Haarerinnen und Haarer am 27. Juli zwei Fragen beantworten.

An diesem Grundstück enzündet sich der "Hochhausstreit". Schon seit Jahren steht das Gewerbegebäude aus rotem Naturstein leer. Der Eigentümer will hier Wohnraum u.a. in einem umstrittenen Hochhaus entstehen lassen. (Foto: B304)
An diesem Grundstück enzündet sich der “Hochhausstreit”. Schon seit Jahren steht das Gewerbegebäude aus rotem Naturstein leer. Der Eigentümer will hier Wohnraum u.a. in einem umstrittenen Hochhaus entstehen lassen. (Foto: B304)