Sie sollte eigentlich nur übergangsweise gelten, um der Gastro-Branche in der Pandemie unter die Arme zu greifen: die Reduzierung der Umsatzsteuer auf Speisen von 19 auf 7 Prozent. Nach aktuellem Stand läuft die befristete Sonderregelung allerdings zum Jahresende aus – Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) will für eine Entscheidung die Steuerschätzung im November abwarten, wie heute bekannt wurde.
Der Branchenverband DEHOGA warnt: „Eine Steuererhöhung zum 1. Januar 2024 wäre eine Katastrophe für die Betriebe und würde zu einem Preisschock für die Gäste führen.“ Denn explodierende Kosten für Lebensmittel, Energie und Personal belasten die ohnehin gebeutelten Gastro-Betriebe. Noch dazu hat die Inflation die Nachfrage deutlich gebremst. Was unsere Gastronomen vor Ort sagen? B304.de hat nachgefragt.
Xenia und Christian Erb
Hotel Erb mit Almgrill, Parsdorf
„Wir haben bis jetzt versucht, die Folgen der Pandemie sowie die steigende Inflation und die Energiekosten, so gut wie möglich abzufedern. Es ist uns gelungen, die meisten Mitarbeiter zu halten. Die Mehrwertsteuererhöhung würde auch für uns bedeuten, die Preise zu Lasten der Gäste erhöhen zu müssen und keine Gehaltsanpassungen an unsere Mitarbeiter weitergeben zu können. In Zeiten des Fachkräftemangels: ein weiterer Schlag für die Gastronomie.“
Christoph Hofherr
Zum Altschütz, Vaterstetten
„Die meisten Gastronomen machen diesen Beruf auch aus Freude am Umgang mit ihren Gästen. Aber kann man mit einem Gast noch Spaß haben, wenn er mit dem Blick in die Speisekarten keinen Hunger mehr hat? Eine Erhöhung der Speisen um 12 % trifft uns natürlich sehr hart. Jetzt nochmal eine so große Preiserhöhung! So vergeht den Gästen der Spaß am Essengehen. Und wenn der Gast keinen Spaß hat, habe ich als Gastronom auch nicht mehr diese Freude an diesem so schönen Beruf mit Gästen. Essen gehen sollte doch für jeden noch bezahlbar bleiben!“
Anna Link
Zur Landlust, Vaterstetten
„Umsatz ist nicht gleich Gewinn! Die betriebliche Kostenstruktur in der Gastronomie hat sich in nur einem Jahr um über 30 Prozent erhöht. Die sozialpolitische absolut richtige Mindestlohnerhöhung im Oktober 2022 mit dem sogenannten Fahrstuhleffekt sorgt für massiv steigende Personalkosten. Kosten, die nicht 1:1 an die Gäste weitergegeben werden können. Eine weitere Preissteigerung wird viele Betriebe zum Aufgeben zwingen. Viele Betriebe müssen zusätzlich zu hohen Personalkosten Corona-bedingte Kredite tilgen. Jeder noch so leidenschaftliche Gastronom wird irgendwann an einen Punkt kommen, an dem sich der ganze Einsatz, das Engagement, die Leidenschaft, das Herzblut, die Extra-Stunden in keinster Weise mehr lohnen.“
Andrea Montemaggi
Il Carretto, Vaterstetten
„Die Gastronomie ist die letzten Jahre stark gebeutelt worden. Das fing mit Corona und den Schließungen in der Gastronomie an. Jetzt kämpft die Gastronomie mit drei großen Themen:
Wareneinkauf: Was jeder täglich beim Einkauf im Supermarkt spürt, gilt auch für die Gastronomie. Die Lebensmittel sind massiv teurer geworden. Lohnkosten: Aufgrund der Inflation und des Personalmangels in der Gastronomie ist der Lohndruck enorm. Hinzu kommen die stark gestiegenen Energiepreise, die sich insbesondere in der Küche sehr spürbar niederschlagen. Diese gestiegenen Kosten können wir nicht komplett an unsere Gäste weitergeben. Aber jetzt ist keine Luft mehr da. Sollte die Umsatzsteuer für Speisen wieder auf 19 % erhöht werden, müssten wir dies komplett an unsere Gäste weitergeben. Mit der Folge, dass die Zahl der Gäste, die ja auch jeweils die Inflation spüren, zurück gehen wird. Eine Katastrophe für die Gastronomie. Ein ganz falsches Signal für diese, auch sozialpolitisch wichtige Branche. Ich plädiere vielmehr dafür, auch für Getränke die Umsatzsteuer von 19 % auf 7 % zu reduzieren.“
Sebastian Wolf
Der Wolfsbarsch, Vaterstetten
„Die Erhöhung der Mehrwertsteuer für Speisen würde für uns ein gravierendes Problem darstellen. Durch den Wegfall von 12 % Marge wären wir gezwungen, die Preise zum Jahreswechsel anzuheben. Dies würde für viele Gäste bedeuten, dass sie nicht mehr so häufig vorbeikommen können und insgesamt deutlich weniger essen gehen. Insgesamt würde die Erhöhung die Wirtschaftsleistung der gesamten Gastronomiebranche deutlich schwächen.“
Corinna Gilio und Daniel Edenhauser
Limone, Pöring
„Endlich haben wir eine steuerliche Gleichstellung zwischen traditioneller Gastronomie und anderen Lebensmittel produzierenden Unternehmen geschaffen. Wo Speisen verzehrt werden, ist ein denkbar absurdes Kriterium für einen erhöhten Steuersatz, wenn wir bedenken, wieviel Mühe, Leidenschaft aber auch Kosten uns die Bewirtung und Gastfreundschaft für unsere Gäste im Restaurant bereitet. Dafür will die Regierung 12 % mehr auf Speisen, angesichts leerer Kassen. Wieviel ist uns das Kulturgut und der Erhalt der traditionellen Gastronomie wert?“
Barbara und Oliver Wendel aus Neukeferloh
Augustiner am Platzl, München
„CDU/CSU, die FDP und auch Bundeskanzler Scholz haben sich klar dazu bekannt, den reduzierten Mehrwertsteuersatz für Speisen entfristen zu wollen. Ich wäre sehr enttäuscht, wenn das nicht so kommt. Die Entfristung über den 31. Dezember 2023 hinaus ist unumgänglich, um die Wirtschaftlichkeit der gastronomischen Betriebe, deren Arbeitsplätze und der gastronomischen Vielfalt zu erhalten. Mit der Entfristung der 7 % Mehrwertsteuer auf Speisen für die Gastronomie werden inmitten der aktuellen vielen Krisen dringend benötigte Perspektiven geschaffen. Gleichzeitig wird damit die überfällige, steuerliche Gleichbehandlung von Essen hergestellt.“
Simon Matzner
Alte Post, Parsdorf
„Hohe Kostensteigerungen bei Energie, Lebensmittel und Personal können sowieso nicht 1:1 an die Gäste weitergegeben werden, was schon zu erheblichen Umsatzeinbußen führt. Sollte nun zusätzlich die Mehrwertsteuer für Lebensmittel wieder auf 19 % erhöht werden, dann ist – zusammen mit der angespannten Personalsituation – der Fortbestand vieler Gastronomiebetriebe gefährdet.“
Max Mack
Purfinger Haberer, Purfing
„Bis auf zwei Ausnahmen haben alle EU-Länder den begünstigten Steuersatz. Ich bin für die EU-weite Gleichstellung in der Gastronomie und für den 7 %-Mehrwertsteuersatz, der während Corona gewährt wurde und seit vielen Jahre eine Forderung der Gastronomie ist. Wir als Gastronomiebetriebe, grundsätzlich eine personalintensive Branche, sollen uns jetzt die Freiheit nehmen lassen, Mitarbeiter – an denen es an allen Ecken mangelt – über ein höheres Gehalt gewinnen und halten zu können. Wenn der Mehrwertsteuersatz wieder erhöht wird, haben wir ab Januar, zusätzlich zu gravierenden Energie- und Betriebskosten, 12 Prozent weniger in der Tasche. Die Gastronomie hat alles an Federn gelassen und viele Rücklagen sind aufgebraucht. Diejenigen, die keine Reserven mehr haben, werden schließen müssen, wenn erneut schlechtere Zeiten oder einfach auch nur außerplanmäßige Investitionen anstehen.“