Ferien-Helden im Dienst

von Roland Karasek

Geschichten vorgelesen zu bekommen – was gibt es Schöneres?! Und das gilt für jede Altersstufe. So saß ein Grüppchen betagter Damen erwartungsvoll in einer gemütlichen Ecke des Haarer Maria-Stadler-Hauses – denn es hatten sich einige Vorleser angesagt. Die jedoch sind im Schnitt 70 bis 80 Jahre jünger. Unter dem Motto „Ferien-Helden“ hatte die Haarer Volkshochschule einen Aufruf unter den Ferienkindern der Nachbarschaftshilfe gestartet: Schüler ab der 4.Klasse, die sich sozial engagieren wollen und Spaß am Vorlesen haben, sollten sich melden. In Kooperation mit dem Maria-Stadler-Haus und der Gemeindebücherei wurden für die Bewohner des Hauses Vorleser für Märchen gesucht. Und 13 Schülerinnen und Schüler haben sich gemeldet.

Generationsübergreifende Aktion mit absolutem Wiederholungswert
Bepackt mit einigen Märchen- und Vorlesebücher betraten sie das Seniorenheim, teilten sich in Grüppchen auf und stürmten alle drei Etagen. Von Berührungsängsten keine Spur! „Wir haben uns sehr über die Anfrage der VHS gefreut“, betont Heimleiter Klaus Stierstorfer. Mit solchen Aktionen könne man in Zeiten, in der es kaum mehr Großfamilien gibt, einen Austausch von Alt und Jung herbeiführen. Gerade im Maria-Stadler-Haus würde diese Begegnung besonders gut passen, denn es ist ein ausgesprochen offenes Haus, in dem neben den Angehörigen auch jede Menge Ehrenamtliche ein und ausgehen. „Wir würden sogar anregen, dass es solche Aktionen in allen Ferien gibt“, sagt der Heimleiter. Man könne ja auch gemeinsam spielen, backen oder basteln. „Ich hoffe, es ist nur der Anfang einer wunderbaren, langen Geschichte“, freut sich Klaus Stierstorfer.

Ferienkinder der VHS haben den Hausbewohnern im Maria-Stadler-Haus Geschichten vorgelesen
Ferienkinder der VHS haben den Hausbewohnern im Maria-Stadler-Haus Geschichten vorgelesen

Vom Vorlesen zum Plaudern
In der Sofa-Ecke wurden währenddessen bereits ganz andere Geschichten erzählt: Vom „Bücher-Schnapp“, der nachts Bücher klaut oder vom „Frosch im Glück“, der gerne mehr können würde, als nur hüpfen. Das Glück stand nicht nur den kleinen Vorlesern ins Gesicht geschrieben, sondern auch die Zuhörerinnen – die älteste war übrigens 98 Jahre alt – sahen ganz versonnen in die Gesichter der kleinen Märchentanten. Als dann Sara Giebel-Dörnemann von der VHS zusammen mit Anja Becker vom Maria-Stadler-Haus in die Runde fragten, wie die einzelnen Kinder und auch die alten Damen mit Vornamen heißen, passierte das Wunderbare: Die Namen der Bewohnerinnen, egal ob Maria, Luzia oder Magdalena, sind genau die Namen, die derzeit wieder modern sind! Und natürlich kennen sowohl die 9- als auch die 90-Jährigen die alten Grimm-Märchen. So philosophierte man über Rotkäppchen, Schneewittchen und Co, und über die Tatsache, dass die Altenheimbewohnerinnen im Alter der Grundschulkinder noch keinen Fernseher kannten.
Noch zweimal besuchen die Ferien-Helden die Bewohner des Maria-Stadler-Hauses. Und abschließend bekommen sie dann ein Zeugnis vom Seniorenheim – in dem steht, dass sie sich in den Ferien um andere gekümmert haben. Und Spaß hat es auch noch gemacht.

(Text: Claudia Erl)