Leonhard Spitzauer, Bilanz, Bürgermeister, Gemeinde Vaterstetten

“Da ist Power drin”

von Markus Bistrick

Seit 1. Mai ist Leonhard Spitzauer Bürgermeister der Gemeinde Vaterstetten. Der ehemalige Geschäftsführer einer Immobilienverwaltungsgesellschaft übernahm das Amt kurz nach dem „Corona-Lockdown“ und damit in einer Situation, wie sie keiner seiner Vorgänger erlebt hat. Im B304.de-Interview spricht der 35-Jährige über seine ersten Monate als Rathaus-Chef, über eigenen Hochzeitspläne und über das leidige Thema Gemeindefinanzen.

 

Herr Spitzauer, ist ein halbes Jahr nach dem Amtsantritt von der Freude über den Wahlsieg noch etwas übriggeblieben?

Auf jeden Fall. Und ich muss auch ganz ehrlich sagen, dass es alles besser ist, als ich mir das vorgestellt habe. Ich hatte vor dem Rathaus durchaus Respekt, aber die Mitarbeiter haben mich super aufgenommen und arbeiten wirklich toll mit. Man merkt, da ist Power drin.

 

Liegt das an einem neuen Stil der Mitarbeiterführung?

Das kann ich letztlich nicht beurteilen. Aber durch meine Erfahrungen als Kommandant bei der Feuerwehr weiß ich natürlich schon, dass manchmal klare Ansagen notwendig sind und politisch weiß ich auch, dass es einen klaren Kurs braucht. Ich höre mir alles an und dann wird eine Entscheidung getroffen. Ich habe das Gefühl, dass die Mitarbeiter durchaus froh darüber sind, dass das jetzt so ist. Auch wenn das Ergebnis vielleicht manchmal ein anderes ist, als sich das der ein oder andere Mitarbeiter zunächst gewünscht hätte.

 

Leonhard Spitzauer, Bürgermeister, Gemeinde Vaterstetten
“Natürlich wäre es einfach, wenn wir jetzt sagen würden: Wir stoppen alles und ich lege mich in meinem Stuhl zurück.” Vaterstettens Bürgermeister Leonhard Spitzauer (CSU).

Wie fällt Ihre persönliche Bilanz nach einem halben Jahr aus?

Es war mir durchaus bewusst, dass ich am Anfang viel Energie in die Führungsstruktur im Rathaus stecken muss. Ich denke, dass sich das ausgezahlt hat und ich respektiert werde. Wir haben einen guten Arbeitsmodus gefunden. Was die Dinge anbelangt, die in meinem Wahlprogramm standen, haben wir auch erste Erfolge erzielt. Zum Beispiel das Thema Müll und insbesondere die Situation an den Wertstoffinseln. Ich denke, dass das noch viel Arbeit ist, aber sich durchaus schon eine Besserung abzeichnet. Ganz konkret haben wir jetzt eine 450-Euro-Kraft, die sich die Müllstandorte genau anschaut und die Situation vor Ort dokumentiert, damit wir dann in der Verwaltung entsprechend handeln können.

Natürlich habe ich aber auch viele große Projekte geerbt – wie der Hort und die Turnhalle an der Wendelsteinschule, die Sanierung der Grundschule an der Brunnenstraße oder auch die Pläne für das Gelände der ehemaligen Grund- und Mittelschule an der Gluckstraße. All das verlangt Zeit und enormes Engagement.

 

Ein weiteres Thema ist der Zustand des Rathauses. Ihr Vorgänger, Georg Reitsberger, war ein Gegner des Abrisses. Jetzt sitzen Sie selbst jeden Tag im ersten Stock. Wie steht es wirklich um das Gebäude?

Natürlich kann man hier arbeiten, aber man darf nicht aus den Augen verlieren, dass das eine alte Burg ist und man jetzt eine Grundsatz-Entscheidung treffen muss: Plant man hier neu oder nicht. Denn letztlich muss man in das Rathaus permanent viel Geld stecken und damit Flickschusterei betreiben. Mir scheint es sinnvoller, ernsthaft über einen Neubau – mit entsprechendem Ortszentrum – nachzudenken. Mein Wunsch wäre es, dass man in den nächsten sechs Jahren einen Plan ausarbeitet, wie man das Großprojekt stufenweise umsetzen könnte, um das dann in den Jahren darauf umzusetzen. Aber das hängt natürlich auch davon ab wie sich die finanzielle Situation weiterentwickelt.

 

Die finanzielle Situation der Gemeinde Vaterstetten war bereits vor Corona prekär und dürfte sich durch die Pandemie mit Sicherheit nicht verbessern. Trotzdem hat man als Außenstehender nicht den Eindruck, dass das bereits im Rathaus angekommen ist.

Die öffentliche Hand hat auch eine Verantwortung. Natürlich wäre es einfach, wenn wir jetzt sagen würden: Wir stoppen alles und ich lege mich in meinem Stuhl zurück. So kann es aber doch nicht sein. Wir müssen schon gewisse Dinge vorantreiben und auch für die Zeit nach Corona planen. Aber wir haben schon auch Kosten reduziert –zum Beispiel 2/3 bei den Honoraren für die Künstler der Rathaus-Konzerte. (Anmerkung der Redaktion: siehe Seite 9) Das ist ganz klar ein Kompromiss, denn mir wird immer vorgeworfen, dass als erstes bei der Kultur eingespart wird. Das ist in der Tat überall so, aber ich will definitiv nichts kaputtsparen. Für mich hat die Kultur eine große Bedeutung. Aber in Zeiten knapper Kassen muss alles auf den Prüfstand.

 

Was war ein besonders schönes Erlebnis seit Ihrem Amtsantritt?

Der erste Amtstag war natürlich etwas ganz Besonderes. Aber grundsätzlich ist das Schöne an dem Job, dass kein Tag ist wie der andere. Du hast mit vielen Menschen zu tun. Mir macht das Amt in der Summe Spaß, ich kann da gar nicht ein spezielles Ereignis nennen. Es wäre unter normalen Umständen vielleicht das Volksfest anzapfen gewesen, aber das hatten wir ja wegen Corona nicht.

 

Sie sind auch Standesbeamter. Schon tätig geworden?

Ich habe tatsächlich bislang drei Hochzeiten gehabt. Das ist etwas absolut Besonderes – vor allem, wenn man, wie ich, selbst noch nicht verheiratet ist. Ich bin sonst eher ein lockerer Typ, aber eine Trauung ist schon was ganz anderes als ein Volksfest-Einzug. Das ist übrigens auch ein größerer Verwaltungsakt, da sollte man Fehler vermeiden.

 

Aber Sie sind noch nicht so überzeugt, dass Sie Ihrer langjährigen Freundin Veronika einen Antrag gemacht haben?

Das wird sicherlich noch kommen, aber jetzt ist natürlich auch aufgrund von Corona keine optimale Zeit. Auf der anderen Seite würde man sich jetzt natürlich auch einen Haufen Geld sparen, weil man ja nicht viele Gäste einladen darf. (lacht)

 

Anders als Ihre Vorgänger fahren Sie dienstlich ein Auto mit reinem Elektroantrieb.

Ja, einen BMW i3 – das perfekte Auto für einen Bürgermeister. Aber natürlich auch, weil wir jetzt BMW-Standort sind. Und elektrisch war eh klar, weil die Verwaltung bei ihrem Fuhrpark – bis auf ein einziges Fahrzeug – auch auf Elektro-, bzw. Hybrid-Antrieb umgestellt hat. Das gilt übrigens weitestgehend auch für den Bauhof.

 

Sie haben einen Wunsch frei, was wäre das?

Also ich könnte auf Corona sehr gut verzichten. Ich würde mir zumindest wünschen, dass sich Schritt für Schritt wieder etwas mehr Normalität einstellt und vielleicht ja auch die Grundimmunisierung voranschreitet. Mein Wunsch wäre es, dass Corona nächstes Jahr kein Thema mehr ist, sich dadurch die Rezession in Grenzen hält und die Wirtschaft wieder nach oben geht. Dass die Gewerbesteuer sprudelt und wir unsere Pflicht- und unsere Wunschprojekte erfolgreich umsetzen können. Das ist jetzt bisschen mehr als nur ein Wunsch, zugegeben, aber da greift ja eines ins andere.

 

Herr Spitzauer, vielen Dank für das Gespräch.