„Absolut loyal“

von Markus Bistrick

B304.de hat über Verfehlungen im Zusammenhang mit einem „Jugendsprache“-Projekt an der Grundschule Neukeferloh berichtet und damit für Diskussionen gesorgt. Einer Diskussion, der wir uns gerne stellen – auch, wenn sich die Kritik vereinzelt an uns richtet. In dem Zusammenhang überrascht ein verklärendes Schreiben des „Elternbeirats“, bzw. der verbliebenen Vertreter. Denn unter anderem der Beiratsvorsitzende ist bereits am Freitag von seinem Amt zurückgetreten.

Zum Hintergrund: Als Vater habe ich die umstrittenen „Arbeitsblätter“ zufällig auf unserem Küchentisch gesehen. Wir haben uns dann lange in der Redaktion beraten und auch mit vielen Beteiligten und Nicht-Beteiligten intensiv darüber diskutiert, ob dieses Thema von öffentlichem Interesse ist, oder nicht. Letztlich haben wir uns mehrheitlich dafür entschieden, den Fehler einer Schulsozialarbeiterin nicht unter den Teppich zu kehren. Auch, weil eine Schule mit über 400 Kindern als öffentlicher Raum zweifelsohne von öffentlichem Interesse ist. Aus der Berichterstattung hat sich eine öffentliche Diskussion entwickelt (Diskussionen und Empörung über den Vorfall gab es bereits davor!), in deren Verlauf fast täglich von irgendjemandem Stellungnahmen verschickt werden und die mit dem jüngsten Schreiben des Elternbeirats einen bizarren Höhepunkt erreicht.

Zu den Fakten / Richtigstellung:

  1. Wir haben über einen Fehler der Schulsozialarbeiterin berichtet und dabei – gemäß den journalistischen Grundregeln – alle Betroffenen zu Wort kommen lassen. Wir haben damit ausdrücklich nicht grundsätzlich die Arbeit der Schule, der Schulleitung oder einzelner Lehrer kritisiert oder bewertet. Das liegt auch nicht in unserer Kompetenz.
  2. Nicht der Elternbeirat der Schule ist an uns herangetreten, sondern wir haben den Elternbeirat im Rahmen unserer Recherche um eine Stellungnahme gebeten und dafür einige Telefonate geführt.
  3. Bei diesen Telefonaten mit unterschiedlichen Vertretern des Elternbeirats (nicht mit allen) wurde stets der Vorgang in dem „Jugendsprache“-Projekt und – ungefragt – auch die Informationspolitik der Schule mit deutlichen Worten kritisiert. Patrick U., der inzwischen aufgrund der internen Querelen als Elternbeiratsvorsitzender zurückgetreten ist, hatte sich zudem im “Münchner Merkur” mit folgenden Worten zitieren lassen: „Das Vertrauen in die Schulleitung sei völlig weg: Ich habe immer geglaubt, wenn mein Kind in die Schule geht, dann nimmt es etwas Gutes mit.“ Davon will der restliche „Elternbeirat“, oder wenigstens die Teile davon, die jetzt Schreiben im Namen des Gremiums – und interessanterweise auch im Namen aller Eltern – verfassen dürfen, offenbar nichts mehr wissen. Jedenfalls heißt es in der jüngsten Mitteilung zur großen Verwunderung: „Die Eltern stehen der Grundschule Neukeferloh absolut loyal zur Seite. Diese Loyalität teilt auch der Elternbeirat und möchte hiermit betonen, dass er mit voller Überzeugung zu seiner Rektorin und der Schule steht. Wir sind froh, dass wir sie haben.“ Bleibt die Frage, wer hier eigentlich „der Elternbeirat“ ist und wer für das gesamte Gremium und sogar für „die Eltern“ sprechen darf? Wer etwas differenzierte Meinungen von Eltern nachlesen will, kann dies unter anderem auf: www.facebook.com/Bdreihundertvier
  4. Dass in der Berichterstattung der Name der Schulsozialarbeiterin genannt wird, hat zwei Gründe: Erstens wird der komplette Name in allen offiziellen Stellungnahmen der Schulleitung, des Kreisjugendrings und auch des Rathauses erwähnt (und ist somit bereits öffentlich) – ausdrücklich auch in der Antwort auf unserer Presseanfrage an die Schule. Und zweitens lässt sich der Name in jeder Suchmaschine auf Anhieb finden. Wir haben uns dennoch dazu entschieden, den Namen aus unserer Berichterstattung – rückwirkend und künftig – herauszunehmen.
  5. Abschließend auch noch ein Wort zur Rolle der Medien, die immer gerne dann zum Sündenbock gemacht werden, wenn sich Betroffene einmal nicht in Artikeln sonnen können, sondern rechtmäßig und sachlich in die Kritik geraten. Artikel 5 des Grundgesetzes garantiert die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung – dieses Grundrecht ist wohl unbestritten eine der wichtigsten Errungenschaften der Bundesrepublik. Medien sollen informieren, kontrollieren und kritisieren. Ihre “öffentliche Aufgabe” erfüllen die Medien dadurch, dass sie an der freien, individuellen und öffentlichen Meinungsbildung mitwirken. Die Meinung bilden sich dann unsere Leser, nicht wir als Medium!

In diesem Sinne werden wir auch weiterhin sachlich und kritisch über Ereignisse berichten, die für die Menschen in den Gemeinden Haar, Grasbrunn und Vaterstetten von öffentlichem Interesse sind. Über unsere Kommentarfunktion am Ende jedes Artikels hat zudem auch jeder Leser weiterhin die Gelegenheit seine Meinung zu äußern. Ein Gebot der Fairness wäre es übrigens, dies unter dem eigenen Namen und nicht anonym zu tun. Sofern die Kommentare nicht beleidigend oder justiziabel sind, gehen sie auch zeitnah bei B304.de für alle sichtbar online.

 

Mit herzlichen Grüßen

Markus Bistrick

(Chefredakteur)