Unser JayJay: Olympia-Traum geplatzt!

von Markus Bistrick

Gervacio Madja, genannt JayJay, spielt beim TSV Grasbrunn Fußball und war Anfang vergangenen Jahres der Medienstar schlechthin. Denn als erster Wintersportler seines Heimatlandes war der 27-jährige Togolese bei der Langlauf-WM im italienischen Val di Fiemme gestartet. Mit mäßigem Erfolg, aber viel beachtet. Sein eigentliches Ziel war aber immer vor allem Sotschi. Doch wegen einer Verletzung kann er selbst nicht antreten. Dennoch haben der Ski-Exot und sein Manager aus Harthausen maßgeblich den Weg für die Winterspiel-Premiere der Westafrikaner bereitet.

JayJay vom TSV Grasbrunn in Aktion. Leider nicht in Sotschi - denn bei den Olympischen Spielen fällt der Togolese verletzungsbedingt aus. (Foto: Dominik Münich / B304.de)
JayJay vom TSV Grasbrunn in Aktion. Leider nicht in Sotschi – denn bei den Olympischen Spielen fällt der Togolese verletzungsbedingt aus. (Foto: Dominik Münich / B304.de)

Heute wird das Olympische Feuer in Sotschi entzündet, morgen beginnt dann für die Athleten die Medaillenjagd und für Gervacio “JayJay” Madja das Gefühlsdilemma. Denn seinen Traum vom eigenen Start als erster Togolese bei Olympia kann sich der Kicker vom TSV Grasbrunn verletzungsbedingt nicht erfüllen. Dennoch hat der Ski-Exot maßgeblich den Weg für die Winterspiel-Premiere der Westafrikaner bereitet. „Mir persönlich tut es weh, es ist viel Wehmut dabei, ich wäre gerne bei Olympia gelaufen”, erzählt Madja, der nach seiner Teilnahme im Langlauf bei der nordischen Ski-WM vor einem Jahr von einer Verletzung gebremst wurde. „Aber natürlich macht es mich stolz, dass man für die Nation Einiges erreicht hat.“

JayJay ist der erste Langläufer für Togo

„On se débrouille” („Man kommt durch“), heißt es in Togo, dem viertkleinsten Lang Afrikas. Die handtuchschmale Republik am Golf von Guinea ist ein armes Land. Drei Viertel der knapp sechs Millionen Einwohner leben als Substistenzbauern von den mageren Erträgen ihrer Felder, die Arbeitslosenquote wird auf 60 Prozent geschätzt. Außer Phosphat und Zement hat die ehemalige deutsche Kolonie keine nennenswerten Exportgüter. An alledem freilich hätte auch unser Jayjay nichts ändern können. Aber wer das Sommermärchen 2006 erlebt hat, der weiß, wie kollektive Begeisterung den Alltag beeinflussen kann.

Als wir von B304.de JayJay zum ersten Mal treffen, ist es dunkel in Holzkirchen. TV-Kameras, Radioreporter, Fotografen, Begleitpersonal, Fans. Mittendrin: Gervacio Madja. Er startet an diesem Januarabend 2013 beim Mooshamer Nachtstaffellauf und schlägt sich durchaus wacker – zumindest für einen, der damals erst seit wenigen Wochen auf Langlaufskiern steht. JayJay ist damals nicht nur der erste Langläufer für Togo, sondern zugleich auch ein äußerst sympathischer Imageträger. Das macht ihn zu einer Person der Zeitgeschichte.

„Jay 2014 Sotschi für TOGO. Olé, olé!“

Gervacio Madja und seinem Manager, Toni Hiltmair aus Harthausen, ging es um Land und Leute. Man wollte auf Togo, einst Heimat des 27-jährigen Software-Entwicklers, aufmerksam machen und mit gezielten Projekten vor Ort helfen. Familie Hiltmair verbindet seit Jahren eine enge Freundschaft mit Pater Noél, dem früheren Pfarrer in Harthausen. 2006 verlässt der Togolese den Pfarrverband und leitet jetzt in Lomé, der Hauptstadt des Landes, eine Schule, die immer wieder von Sponsoren des TSV Grasbrunn unterstützt wird. Was das Ganze mit JayJay und vor allem mit Langlauf zu tun hat?

v.l.n.r.: "Unser JayJay mit seiner Trainerin Barbara Hesch aus Dietramszell und "Team Togo" Chef Steve Grundmann sowie Manager Toni Hiltmair aus Harthausen. (Foto: Dominik Münich / B304.de)
v.l.n.r.: “Unser JayJay mit seiner Trainerin Barbara Hesch aus Dietramszell und “Team Togo” Chef Steve Grundmann sowie Manager Toni Hiltmair aus Harthausen. (Foto: Dominik Münich / B304.de)

In einem Zeitungsartikel liest Toni Hiltmair 2011, dass der erste togolesische Ski- und Eissportverband offiziell gegründet wurde. Von drei jungen Männern aus Wiesbaden, die es sich in den Kopf gesetzt hatten, gemeinsam mit ihren togolesischen Freunden bei eben diesen Olympischen Winterspielen im russischen Sotschi teilzunehmen. Die Idee hat den Immobilien-Manager nicht mehr losgelassen. „Jay 2014 Sotschi für TOGO. Olé, olé!“ – das war der Text einer SMS, die im Dezember 2012 nachts auf JayJays Handy aufleuchtete. Gervacio denkt, sein Team-Kollege beim TSV Grasbrunn habe zu viel Bier getrunken und schläft weiter. Alkohol war in dieser Nacht nicht im Spiel wie wir wissen. Und als dann am 20. Februar 2013 die nordische Ski-Weltmeisterschaft in Val di Fiemme startete, war JayJay tatsächlich mit dabei. Im Sprint brauchte Madja als 128. und Letzter zwar mehr als doppelt so lange wie Weltmeister Nikita Krijukow, doch der Bayer war Liebling von Fans und Medien.

JayJay will zur WM 2015 noch einmal angreifen

Unterstützt wurde Jayjay von großen Sponsoren wie Rossignol, Tele5, Luis Trenker oder Ziener, aber auch – und das war dem Team Togo stets besonders wichtig – von kleineren, regionalen Firmen oder Privatpersonen. Man sollte sich das Vergnügen schließlich leisten können. Doch ein Beckenschiefstand zwang ihn nach der WM Teilnahme zu einer Trainingspause und machte Olympia letztlich unmöglich. Zumindest für unseren JayJay. Denn unterstützt von Knowhow und Begeisterung aus Bayern wird nun die in Frankreich lebende Mathilde Petitjean im Langlauf die Farben Togos vertreten – trotz aller Hürden in diesem verrückten Vorhaben.

Doch auch unser JayJay hat seine Sportler-Karriere noch nicht aufgegeben, gemeinsam mit Petitjean will er mit Blick auf die WM 2015 in Falun noch einmal angreifen. B304.de hält Sie selbstverständlich auf dem Laufenden. Aktuelle Infos zum Team Togo bekommen Sie jederzeit auch unter: www.facebook.com/TeamTogo.ski oder unter www.federation-ski-togo.com