Im September 2013 kam O. neu als Zweitklässlerin in die Grundschule am Jagdfeldring. Doch in den ersten Wochen brach das Mädchen immer wieder in Tränen aus. Der Grund: Sie sprach kein Wort Deutsch. Sie lebte damals erst knapp drei Wochen in Haar. Heute kann sie wieder lachen. Denn Dank intensiven Deutschunterrichts kann sich das Mädchen nun mit ihren Klassenkammeraden verständigen. Finanziert hat diesen Intensivunterricht die Bürgerstiftung Haar, die jetzt noch einmal Geld für diesen Zweck gibt.
Ein polnisch-deutsches Wörterbuch war anfangs das wichtigste Bindeglied zwischender jungen Polin und ihren lehrern und Mitschülern in Haar. „Alle waren sehr bemüht und kümmerten sich um ihre neue Mitschülerin – aber wir stießen während des Schulalltags immer wieder an unsere Grenzen“, erinnert sich Annette Hennrich, Lehrerin an der Jagdfeldschule. Ähnlich erging es auch D. und S.: Die beiden Erstklässlerinnen sind mit ihren Familien als Asylbewerber nach Haar gekommen und saßen ebenfalls ohne Deutschkenntnisse zwischen den anderen Schülern. Doch glücklicherweise gibt ein besonderes Projekt an der Jagdfeldschule: Die Schule erhält Unterstützung von der VHS, die mit Deutsch-als-Fremdsprache-Lehrern die Kinder ohne Sprachkenntnisse immer wieder aus der Klasse herausnimmt und gezielt ihre Sprachkenntnisse fördert. Finanziell unterstützt wird dieses Projekt von der Bürgerstiftung Haar. „Das ist eine gute, eine unterstützenswerte Sache“, sagt der Vorstandsvorsitzende der Bürgerstiftung Jürgen Partenheimer, die nach 2.000 Euro Startgeld nun weitere 300 Euro freigegeben hat, um das Projekt weiterlaufen lassen zu können.
Es war die Initiative der Schulleiterin Juliane Dworzak, die im Oktober 2013 –mit der Unterbringung einiger Asylbewerber-Familien in Haar – auf massive Probleme der schulpflichtigen Kinder dieser Neu-Bürger aufmerksam machte: Sie kamen ohne jegliche sprachliche Grundlage in eine deutsche Grundschule, saßen in der Schulbank – mit einem Kulturschock, im Gepäck häufig eine traumatisierende Flucht, einem Alltag in beengter Wohnsituation ohne Intimsphäre und ohne ein Wort zu verstehen. Die Sprache zu erlernen sie wohl der wichtigste Anfang, um diese Situation zu ändern, meinte Juliane Dworzak. Während es bei den Kindergartenkindern die Möglichkeit der Vorkurse gibt, in denen Kindern mit sprachlichen Problemen in Kooperation von Schule und Kindergarten gefördert werden, sind in der Schulzeit die Möglichkeiten begrenzt. Es gäbe zwar Übergangsklassen für die Grundschule im Landkreis, in denen Kinder unterrichtet werden, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, betont Dworzak, doch die seien heillos überfüllt.
Wundervolle Erfolge
Alle drei Mädchen erhalten viermal pro Woche zwei zusätzliche Einzel- Förderstunden bei den Deutsch-Dozentinnen Beatrice Betzler-Reiwald und Christiane Schlecht von der VHS Haar. Dabei üben die Mädchen Deutsch zu sprechen, lernen Grammatik sowie Wortschatz und arbeiten zudem den Unterrichtsstoff auf. Mit Erfolg: Sehr schnell waren enorme Fortschritte in der deutschen Sprache zu bemerken, die Kommunikation mit den anderen Kindern in den Klassen wurde immer besser. Besonders wertvoll ist auch die Unterstützung bei den Hausaufgaben, die ebenfalls in diesen Differenzierungsstunden stattfindet: Da die Eltern der Kinder bei den Hausaufgaben nicht helfen können, ist die Hilfe bei den häuslichen Arbeiten besonders wichtig, damit die Schülerinnen den Anschluss an den Unterrichtsstoff nicht verlieren. Und all das gibt den Kindern neues Selbstbewusstsein. „O. spricht immer fröhlicher und lebhafter mit anderen Kindern. Mittlerweile hat sie sich auch in die Klassengemeinschaft gut eingelebt und fühlt sich an ihrer neuen Schule sichtlich wohl“, freut sich Annette Hennrichs. Der Plan geht also auf. Übrigens auch für die anderen Kinder an der Schule, die in einer ähnlichen Situation sind wie die drei … (CE)