Allmählich wird es eng für die Gemeinde Grasbrunn: Bis zum heutigen Tag gebe es kein belastbares Angebot der Kommune zur mittel- und langfristigen Unterbringung von Flüchtlingen, heißt es aus dem Landratsamt München. Erst am Dienstag (26.1.) wieder war eine Entscheidung im Grasbrunner Gemeinderat vertagt worden. Dabei ging es um eine Parkplatzfläche im Technopark, die dem Landratsamt hätte verpachtet werden sollen, um dort eine Asylbewerber-Unterkunft zu errichten. Das wäre zumindest ein erstes Zeichen gewesen.
Die strikte Trennung von Information und Kommentar, die zum Ethos eines seriösen Journalismus gehört, wird immer dann zur Herkulesaufgabe, wenn es um das Thema Asyl geht. Denn bei kaum einem anderen Thema gibt es so viele Denkverbote und Meinungen, vor allem aber Fakten, die nahezu unendlich Raum für individuelle Interpretationen bieten. Wir sind dennoch bemüht über die jüngste Gemeinderatssitzung in Grasbrunn so informativ wie objektiv möglich zu berichten. Dazu gehört auch, dass man alle Beteiligten befragt und es nicht bei den Äußerungen belässt, die im Sitzungssaal gemacht wurden.
Fakt ist, dass die Gemeinde Grasbrunn – nach aktuellem Stand – noch in diesem Jahr insgesamt 180 Flüchtlinge untergebracht haben muss. Aktuell leben davon gerade einmal 52 Flüchtlinge in der Gemeinde – 48 davon in den Containern auf dem Parkplatz der Zulassungsstelle und weitere 4 in einer Neukeferloher Wohnung. Anfängliche „Rangeleien“ gehörten weitestgehend der Vergangenheit an, referierte Renate Grunow-Cerwinski, eine der beiden Koordinatoren des Helferkreises Grasbrunn-Vaterstetten, jüngst in der Gemeinderatssitzung. Rückblickend seien in den vergangenen 14 Monaten 17 Asylbewerber anerkannt und fünf Babys geboren worden. 2 Familien konnte eine Wohnung vermittelt werden, was in unseren Breitengraden aus nachvollziehbaren Gründen äußerst schwierig sei, und immer mehr Flüchtlinge hätten einen Arbeitsplatz. „Natürlich gibt es auch welche, denen wir keine große Perspektive in unserer Gesellschaft vorhersagen“, sagte Grunow-Cerwinski wörtlich. Und, dass die ehrenamtliche Betreuung der Flüchtlinge eine ziemlich intensive Aufgabe sei und „wir alle ermüden“.
Bislang keine belastbaren Vorschläge
Ermüdungserscheinungen kann sich die für Asyl zuständige Stabsstelle im Landratsamt München nicht leisten. Wöchentlich kommen nach wie vor weitere 145 Flüchtlinge, die auf die 21 Landkreisgemeinden verteilt werden müssen. Nur einige wenige Gemeinden im Landkreis hätten bislang keine belastbaren Vorschläge gemacht, wie sie langfristig die Quote erfüllen wollen, heißt es auf B304.de-Anfrage heute bei den Verantwortlichen im Landratsamt. Dass die Turnhalle der Grundschule Neukeferloh zumindest vorläufig nun doch nicht als Notunterkunft belegt werden soll, sei vor allem dem Umstand geschuldet, dass einige größere Unterkünfte in anderen Kommunen nun möglicherweise doch schneller belegbar sind als zunächst angenommen. Das Thema könne aber durchaus wieder auf den Tisch kommen, wenn dies nicht der Fall sein sollte. Grundsätzlich sind Turnhallen auch für das Landratsamt die letzte aller Möglichkeiten, weil die Akzeptanz dafür in der Bevölkerung am geringsten sind.
“Innere Sicherheit nicht verhandelbar”
„Mit der Lösung bin ich auch nicht glücklich, aber wir müssen dem Landratsamt zeigen, dass wir willens sind“, warb Bürgermeister Klaus Korneder (SPD) in der Gemeinderatssitzung vom Dienstag um breite Zustimmung. Eine Mehrheit dafür gab es trotzdem nicht, stattdessen wurde die Verwaltung damit beauftragt bis zur nächsten Gemeinderatssitzung im Februar zunächst ein Konzept zur Unterbringung von Flüchtlingen auf der Fläche zu machen. CSU Gemeinderat Paul König wollte keinen „Schnellschuss“, sein BFG-Kollege Thomas Michalka möchte zunächst wissen, was das Landratsamt mit der Fläche macht, um zustimmen zu können und Johann Hiltmair, ebenfalls BFG, fordert spätestens nach den Anschlägen in Paris und Istanbul sowie den Vorfällen in Köln und München ein grundsätzliches Umdenken: „Innere Sicherheit ist mit mir nicht verhandelbar.“ Statt mehreren kleineren Zentren appelliert Hiltmair für eine zentrale Lösung – auch im Sinne der Sicherheit. Dafür bekam er Applaus aus dem Publikum.
Ein Ass im Ärmel
Damit ist Hiltmair grundsätzlich auf der Linie des Landratsamts, wenn auch aus anderen Beweggründen: Wir stehen unter massivem Druck und haben nicht die Zeit und das Personal um Kleinstlösungen zu prüfen, auch deshalb stoßen die Parkplatzpläne im Landratsamt auf wenig Begeisterung. „Dort bekommen wir bestenfalls 20 Flüchtlinge unter, das ist weniger als ein Tröpfchen auf den heißen Stein“, sagt man uns auf Anfrage. Gesucht werden langfristige (bis zu 10 Jahre), größere Lösungen. Das ist auch die Hauptstraße 1 in Harthausen oder der möglicherweise zu belegende Keller des Bürgerhauses Neukeferloh nicht. Harthausen soll dennoch schon in Kürze mit 15 Flüchtlingen belegt werden. Doch selbst dann hätte die Gemeinde Grasbrunn die Quote noch nicht einmal zur Hälfte erfüllt. Aber wer weiß, vielleicht hat die Gemeinde ja noch ein Ass im Ärmel. Denn die Asyldebatte wurde im nicht-öffentlichen Teil der Gemeinderatssitzung fortgesetzt. Dabei ging es einmal mehr konkret um eine freie, große Fläche im Gemeindegebiet, die zumindest für einen Zeitraum von zwei bis drei Jahren zur Unterbringung von Flüchtlingen genutzt werden könnte, so es denn dazu kommt. Viel Zeit bleibt allerdings nicht mehr.