Kugler Feinkost kommt in großen Schritten

von Markus Bistrick

Kugler Feinkost feiert im kommenden Jahr 50-jähriges Bestehen. Für die meisten ist im Alter von 50 Jahren die Phase der Gipfelstürmerei vorüber. Viele sehnen sich bereits wieder nach den Annehmlichkeiten der Ebene. Ihr Haus ist bestellt, ihre Kinder – so sie denn welche haben – sind keine Kinder mehr, und die Frage nach dem Sinn des Lebens stellt sich dringlicher denn je. Die  Sinnfrage beantworten Gerhard und Oliver Kugler mit einer neuen Manufaktur in Parsdorf. Ein durchaus ehrgeiziges Projekt mit vielen Herausforderungen wie B304.de exklusiv in Erfahrung gebracht hat.

Oliver (li.) und Gerhard Kugler im September für B304.de auf der Baustelle in Parsdorf. (Foto: Dominik Münich)

Architekten ersinnen elaborierte Entwürfe, Fachplaner modellieren sie mit Computer-aided-Design-(CAD)-Programmen, Spezialgewerke kümmern sich um die Umsetzung, und Projektsteuerer sorgen dafür, dass ein solches Gesamtkunstwerk nicht auseinanderfliegt. Und dennoch gilt auf vielen Baustellen immer noch das Prinzip Babylon. Ob Stuttgart 21, der abgestürzte Großflughafen Berlin oder die Endlosbaustelle Hamburger Elbphilharmonie: Sie alle scheinen zu belegen, dass gerne groß, vor allem aber großer Mist gebaut wird. Familienbetriebe wie die Kugler Feinkost GmbH können sich Mist buchstäblich nicht leisten. Ihr größter Kampf richtet sich dabei gegen Zeitverschwendung. Denn am 23./24. Oktober 2014 wird die Manufaktur feiner Kost nach 46 Jahren die Gemeinde Grasbrunn für immer verlassen und quasi über Nacht, also an nur einem Wochenende, in Parsdorf produzieren.

Noch ist Vorstellungskraft gefragt. Hier wird im Oktober 2014 die neue Manufaktur eröffnet. (Foto: Dominik Münich)

„Aktuell sind wir sogar etwas unserer Zeit voraus“, sagt Gerhard Kugler erleichtert. Noch im November kommt das Dach drauf. Dafür braucht es eine gesunde Portion Vorstellungskraft, schließlich wird erst seit Ende Juli gebaggert. Doch baggern verbindet und zaubert auch den beiden Kuglers ein Lächeln ins Gesicht. Das war nicht immer so. Die vergangenen sechs Jahre mit all den bürokratischen Auseinandersetzungen haben ihre Spuren hinterlassen. Bereits im Oktober 2007 hatten sich die Kuglers auf der Suche nach einem Gewerbegrundstück an die Verwaltung der Gemeinde Grasbrunn gewandt. Vergeblich ,wie wir seit Anfang 2011 wissen. Daher Parsdorf. Was mit dem frei werdenden Grundstück in Grasbrunn passiert? Aktuell geplant sind 2 Mehrfamilienhäuser, 8 Doppel- bzw. Einfamilienhäuser sowie eine Kita. Ein kleiner Trost: Der legendäre Grasbrunner Kartoffelsalat wird seinen Namen behalten.

Wenn sich schon das Leben ändert, sollte man sich wenigstens selbst treu bleiben.

Wer Oliver und Gerhard Kugler verstehen will, der sollte ihre Geschichte kennen. Es ist die fast 50-jährige Geschichte einer bedarfsgerechten Delikatessen-Manufaktur, die auf dem Gebiet der Frische, der Qualität und der Logistik jeden Tag aufs Neue Maßstäbe setzt. Es ist aber auch die Geschichte eines unermüdlichen Willens und der kompromisslosen Überzeugung, dass Technik immer nur dann zum Zuge kommen sollte, wenn der Mensch ausnahmsweise Hilfe braucht. Als die Eltern der beiden Geschäftsführer, Erika und Karl Kugler, an einem Tag im Jahre 1964, so ganz genau weiß das niemand mehr, in ihrer heimischen Küche in München-Perlach, ihre ersten feinen Salate in kleine Schalen füllen, da empfinden die beiden erstmals in ihrer noch jungfräulichen Selbstständigkeit so etwas wie Stolz. Ohne zu wissen wohin die kulinarische Reise geht und ohne einen Cent in der Tasche, hatte das junge Paar einen ersten Feinschmecker für ihre Vision begeistert. Einen Genießer, dem bis heute viele weitere in Deutschland, Österreich und Italien folgen sollten. Erika und Karl Kugler hatten ihn, den ersten Kunden, mit ihrem Traum von hausgemachten und voller Hingabe hergestellten Salatkreationen verzaubert.

Familie Kugler im Jahre 1973: Gerhard, Erika, Oliver, Karin und Karl Kugler.

Wenn Karl Kugler heute, nach dem Generationswechsel, über seine Feinkost-Manufaktur spricht, dann redet er noch immer von seinem Baby und von einem ganz großen Traum; dem größten, der für ihn in Erfüllung gegangen sei und den er gerne in die Hände seiner beider Söhne gelegt habe. Auch weil Oliver und Gerhard Kugler sein Lebenswerk, und das seiner viel zu früh verstorbenen Frau Erika, in seinem Sinne fortführen: respektvoll, erfolgreich und innovativ. Mit Bedacht pflegt man bis heute das Handwerk, langjährige, vertrauensvolle und faire Partnerschaften sowie die Kunst der natürlichen Zubereitung. Das Ergebnis sind küchenfertige Frischsalate und Gemüse, hochwertige Feinkostsalate, Kreationen aus Frischkäse, kreative Antipasti, Spreads, Soßen, Dipps und Toppings, Dressings und leckere Dessertkreationen. Allesamt hergestellt ohne Konservierungsstoffe und ohne Erhitzung. Das ist in Zeiten der industriellen Produktion und sterilisiertem Einheitsgeschmack alles andere als eine Selbstverständlichkeit.

“Wir wollen nicht größer werden, sondern immer wieder besser”

„Wir halten Traditionen und Visionen gleichermaßen am Leben und betrachten die Natur tagtäglich als erfrischende Inspirationsquelle für immer neue Kreationen“, sagt Oliver Kugler. Doch Staunen und Neugier brauchen eben eine Perspektive. Und wenn man keine Vorstellung hat, wo es hingeht, kann man auch gleich bleiben, wo man ist. „Unsere neue Manufaktur in Parsdorf bietet uns die Möglichkeit, hinsichtlich Umweltschutz, energetischer Effizienz und logistischer Flexibilität noch mehr bewegen zu können, als bislang“, erklärt Gerhard Kugler gegenüber B304.de. „Dafür müssen wir nicht größer werden, sondern immer wieder besser“, ergänzt sein Bruder. In der Tat wächst die Produktionsfläche im Vergleich zu Grasbrunn nur minimal. Aus zwei Ebenen wird eine, Prozesse werden optimiert, Wege verkürzt und „klüger“. Das macht die Herstellung effizienter und noch ein bisschen besser.

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Die Produktion mit dem Gebäude für Verwaltung und Manufaktur-Verkauf im Plan.

Die Welt dreht sich schließlich immer schneller. Kein Wunder also, dass Produktions-Betriebe wie Kugler Feinkost hierzulande nach 15 Jahren ihren Zyklus überschritten haben. 15 Jahre, das klingt nach einem Wimpernschlag. Wenn ich Ihnen aber sage, dass wir vor 15 Jahren noch mit der D-Mark bezahlt haben, von Helmut Kohl regiert wurden und eine gewisse Monica Lewinsky beinahe Bill Clinton aus dem Amt geblasen hat, sieht die Welt anders aus. Für die jüngeren unter den Lesern: Facebook ist heute gerade einmal neun Jahre alt. Wie dem auch sei: Umfassende Modernisierungsmaßnahmen sind in einem bestehenden Betrieb wie in Grasbrunn faktisch nicht möglich. Zumindest bislang nicht. Denn in Parsdorf wird über den Produktionsräumen der Kuglers eine 4,50 Meter hohe Installationsdecke eingezogen. Da können Handwerker immer wieder neue Technik verbauen – ohne, dass dabei die Produktion gestört wird.

Feine Kost, reichlich Parkplätze und eine Cafébar zum Verweilen

Ein Blick in die Zukunft: So wird er aussehen, der neue Manufaktur-Verkauf von Kugler Feinkost in Parsdorf.

Für Sie, die Bürgerinnen und Bürger, ist natürlich insbesondere der Manufaktur-Verkauf interessant, der vom Prinzip her auch künftig so aufgebaut sein wird wie bislang und neben Kugler Produkten auch stilvolle Accessoires bietet. Allerdings ergänzt durch ein deutliches Plus an Parkplätzen, sowie eine Cafébar mit Sitzplätzen – bei schönem Wetter auch draußen. Angedacht ist ferner, den 250 Quadratmeter großen Laden für Events zu vermieten. „Grundsätzlich möchten wir das bestehende Gewerbegebiet in Parsdorf sinnvoll erweitern und werden uns deshalb natürlich auch mit den dortigen Betrieben wie etwa Feinkost Käfer intensiv austauschen und absprechen“, sagt Oliver Kugler.

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Zukunftsmusik: So wird das Gewerbegebiet Parsdorf Ende 2014 aussehen.

Aber auch wenn der neue Gewerbepark in Parsdorf, der komplett von der schwäbischen ACTIV-GROUP entwickelt wird, maßgeblich durch den Umzug von Kugler Feinkost vorangetrieben wurde, entstehen auf dem 265.000 Quadratmeter großen Areal östlich der Gruber Straße derzeit weit mehr Betriebe. Unter anderem sind dies ein großes Logistikunternehmen (Immogate), eine Münchner Großdruckerei sowie Münchens größte OBI-Filiale. Folgen werden zeitnah noch eine Tankstelle sowie Fachmärkte, ein Discounter und ein Supermarkt. Geplant ist auch ein Fast Food Restaurant. Der Rest (Grundstücke ab 1500 Quadratmeter) steht noch zum Verkauf.

Ikea war nie ein Thema für uns.

Der schwedische Möbelgigant Ikea ist entgegen anderslautenden Berichten übrigens definitiv kein Thema für Parsdorf, wie uns Frank Dörflinger, Geschäftsführer bei der ACTIV-GROUP, im persönlichen Gespräch mit B304.de versichert: „Ikea war nie ein Thema für uns, es hat auch kein einziges Gespräch in dieser Richtung gegeben. Und selbst wenn wir wollten, hätten wir gar keine Fläche mehr in dieser Größenordnung frei.“

Das privatwirtschaftliche Investitionsvolumen für den neuen Gewerbepark beträgt inklusive der Maßnahmen für die Infrastruktur rund 250 Millionen Euro. 750 Menschen, überwiegend aus der Region Vaterstetten, sollen dort einmal ihren Arbeitsplatz haben und neben der Nahversorgung auch die Finanzen der Gemeinde verbessern.