Drei von fünf Eltern wünschen sich, ihr Kind nach dem ersten Geburtstag in eine Tagesbetreuung zu geben. Seit einigen Jahren haben sie darauf sogar einen Rechtsanspruch. Dieser Tage läuft das Vergabeverfahren in den Gemeinden Grasbrunn und Vaterstetten – und es droht Ungemach. Zwar gäbe es ausreichend Plätze, heißt es einhellig aus beiden Rathäusern. Aber es fehlt an Personal. In Vaterstetten ist die Situation besonders dramatisch. Heißt: Es wird wohl einige Eltern geben, die – zumindest zunächst – keinen Platz für ihren Nachwuchs bekommen und sich gedulden müssen.
In der Gemeinde Vaterstetten gibt es im Krippenbereich 381 Plätze, davon sind aktuell aus personellen Gründen 74 nicht belegt, in den Kindergärten gibt es 995 Plätze (66 aus personellen Gründen nicht belegt). Hort und Mittagsbetreuung haben ausreichend Personal. Die Gemeinde Grasbunn kann insgesamt 633 Betreuungsplätze anbieten. Kleinere Engpässe sind auch hier bei Krippe und Kindergarten zu erwarten.
Sowohl in der Gemeinde Vaterstetten, als auch in Grasbrunn gibt es Elternportale, auf denen man bis zum 31. März seinen Bedarf und angeben konnte. Anschließend beginnt dann der Vergabeprozess. Eltern haben zwar die Möglichkeit, ihre Wunscheinrichtungen anzugeben, darauf gibt es jedoch keinen gesetzlichen Anspruch. Bekommt man hier keinen Platz, gibt es eine Warteliste. Da nicht alle neuen Kinder zum gleichen Zeitpunkt in das Kindergartenjahr starten, rücken manche nach. In den letzten Jahren haben in der Gemeinde Grasbrunn alle Kinder einen Betreuungsplatz bekommen. In Vaterstetten konnten einige nicht versorgt werden. „Hier haben die Eltern dann aber anderweitige Lösungen gefunden bzw. das Kind zu einem späteren Zeitpunkt als ursprünglich gewünscht, in einer Einrichtung untergebracht“, heißt es dazu aus dem Rathaus.
Anders als die Gemeinde Grasbrunn hat Vaterstetten die Trägerschaft für Kinderbetreuung an Dritte übertragen (siehe auch unten). „Leider gibt es einige Einrichtungen, bei denen derzeit Plätze nicht vergeben werden können, da der Träger den vorgegebenen Personalschlüssel nicht gewährleisten kann“, heißt es aus dem Rathaus. Im Klartext: Man ist für die Personalnot nicht verantwortlich. Wörtlich: „Die Gemeinde Vaterstetten hat keine eigenen Betreuungseinrichtungen; somit ist sie bei der Gewinnung von Personal erst einmal außen vor. Man unterstütze die Träger aber beispielsweise durch die Kostenübernahme von Werbeanzeigen.“
Das Prozedere der Platzvergabe erstreckt sich über mehrere Wochen bis voraussichtlich Anfang Juni. Auch, weil Eltern in der Regel 14 Tage Zeit haben, ein Angebot anzunehmen oder auszuschlagen. „Erst Ende Mai/Anfang Juni wird also final ersichtlich sein, wie viele Kinder einen Betreuungsplatz bekommen bzw. annehmen und wie viele nicht“, teilt uns das Rathaus Vaterstetten mit.
Fragen und Antworten:
Was ist ein „Kita-Träger“ und wer ist Träger in den Gemeinden Grasbrunn und Vaterstetten?
Die Kindertagesbetreuung ist eine kommunale Aufgabe. Die Kommunen müssen für ein bedarfsgerechtes Kinderbetreuungsangebot sorgen. „Bedarfsgerecht“ heißt vor allem, dass die erforderlichen Plätze verfügbar sind – für alle Altersgruppen. Darüber hinaus geht es um eine möglichst wohnortnahe Erreichbarkeit, um unterschiedliche pädagogische Ansätze und passende Öffnungszeiten. Der Träger unterhält die Kindertageseinrichtung und stellt das Personal sowie die Sachmittel für den Betrieb zur Verfügung. Hierfür erhält der Träger Zuschüsse der öffentlichen Hand.
In der Gemeinde Grasbrunn ist die Kommune Träger der Kindertageseinrichtungen – mit einer Ausnahme, dem Kath. Kindergarten St. Christophorus in Neukeferloh.
Die Gemeinde Vaterstetten hat die Trägerschaft für Kindertagesstätten an Dritte übertragen, stellt den Trägern aber die Räumlichkeiten und die entsprechende Infrastruktur zur Verfügung. Freigemeinnützige Träger sind z. B. die Mitglieder der Caritas sowie die einzelnen katholischen Kirchenstiftungen. Sonstige Träger sind v. a. betriebliche, gewerbliche und private Träger, also auch Privatpersonen und Elterninitiativen.
Was bedeutet der Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz?
Seit August 2013 haben Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr (ab 1. Geburtstag) bis zum Schuleintritt einen Rechtsanspruch auf frühkindliche Förderung in einer Kindertageseinrichtung oder in Kindertagespflege. Der Anspruch ist auf die Vermittlung eines Platzes gerichtet. Die Gemeinden entscheiden über den örtlichen Bedarf an Plätzen in Kindertageseinrichtungen und in der Kindertagespflege. Die Gesamtverantwortung für die Versorgung mit Plätzen liegt aber beim Landkreis. Wenn kein Krippen- oder Kita-Platz frei ist und auch kein Platz bei einer Tagesmutter zur Verfügung gestellt werden kann, erhalten Eltern in der Regel einen Ablehnungsbescheid von ihrer Gemeinde. Dagegen müssen sie, wenn sie ihren Rechtsanspruch durchsetzen wollen, Widerspruch einlegen oder direkt Klage erheben. Aber: Klagen sind nicht immer die beste Lösung, weil sie trotz Rechtsanspruch keine neuen Kita-Plätze schaffen. Zudem können sie langwierig und teuer sein. Im besten Fall können Eltern per einstweiliger Anordnung im Eilverfahren einen Kita-Platz erstreiten. Oder im Wege einer Schadensersatzklage den Ersatz von Kosten für eine private Kinderbetreuung.
Welche Betreuung ist zumutbar?
Im Gesetz ist nicht geregelt, welche Entfernung oder Zeitspanne zwischen Wohnung und Kita zumutbar ist. Doch es gibt Gerichtsurteile, die als Orientierung dienen: Laut einem Urteil des Verwaltungsgerichts München ist nicht die Kilometerzahl, sondern die Zeit entscheidend. Dauert die Fahrt von der elterlichen Wohnung und der Arbeitsstelle zur Kita mit öffentlichen Verkehrsmitteln jeweils etwa 30 Minuten, ist das Eltern noch zumutbar (Az.: M 18 K 13.2256).