“Wirtschaftliche Obergrenze”

von Markus Bistrick

Es geht um die Bildung unserer Kinder, um Fördermittel und um Eigeninteressen, aber eben auch um richtig viel Geld – konkret um rund 40 Millionen Euro. Gestern Abend hat sich der Vaterstettener Gemeinderat daher erneut mit dem Neubau der Grund- und Mittelschule beschäftigt und tatsächlich den Weg frei gemacht – für die weiteren Planungen der Schule. Die Entscheidung über Turnhalle und Schwimmhalle wurde auf September vertagt, weil der TSV Vaterstetten mit den Einsparmaßnahmen so nicht einverstanden ist und noch Gesprächsbedarf besteht.

Noch im Oktober vergangenen Jahres lag der Kostenrahmen für das neue Schulzentrum mit 22 Klassen, sowie Turnhalle und Schwimmbad in Vaterstetten bei rund 34 Millionen Euro. Nach konkreter Berechnung wurden die Baukosten zwischenzeitlich jedoch auf rund 44 Millionen Euro korrigiert. Abzüglich der Zuschüsse, Fördergelder und der zugesagten Beteiligung durch den Landkreis Ebersberg bleiben immer noch rund 30 Millionen Euro, die die Gemeinde schultern müsste. Also hat man die Schallgrenze für das Projekt auf 39,20 Millionen Euro begrenzen wollen. Damit ist die Schmerzgrenze der Gemeinde bereits weit überschritten. “Wir müssen schon deshalb stark auf die Kostenentwicklung schauen, weil wir in der nahen Zukunft noch eine weitere Schule haben, um die wir uns intensiv kümmern müssen: die Wendelsteinschule”, so Josef Mittermeier, der Fraktionsvorsitzende der SPD. “Die 39,2 Millionen Euro sind die wirtschaftliche Obergrenze”, machte auch CSU Fraktionschef Michael Niebler deutlich.

“Beim Schulbau dürfen wir keine Zeit verlieren”

Also wurde in den vergangenen Wochen der Rotstift angesetzt und die erarbeiteten Einsparpotentiale jüngst dem Gemeinderat zum Beschluss vorgelegt. Im Wesentlichen soll die Fläche der Schule reduziert werden – insbesondere im Bereich der Mensa und der Pausenfläche, sowie die Hausmeisterwerkstatt und zwei Differenzierungsräume in der Mittelschule wegfallen. Auch an der Technik und Lüftung soll gespart werden. Damit kann die derzeitige Schulleitung an der Gluckstraße leben, auch vor dem Hintergrund, dass die Zeit drängt und die aktuellen Bedingungen nahezu unerträglich sind. Unterrichtet wird teilweise in Containern und das Essen in der Mensa muss für die etwa 200 Kinder in 15 Minuten Schichten ausgegeben werden. “Eine weitere Verzögerung des Projekts wäre fatal”, heißt es in einem Schreiben der Schulleitung. “Beim Schulbau dürfen wir keine Zeit verlieren, da müssen wir schnell handeln”, sagte Bürgermeister Georg Reitsberger, und weiter: “Die neue Schule ist so wie jetzt geplant immer noch zeitgemäß.” Bauamtsleiterin Brigitte Littke machte ebenfalls die Dringlichkeit des Beschlusses deutlich: “Wenn wir den Planungsauftrag heute nicht beschließen, besteht das Risiko, dass der Zeitplan von der Gemeindeverwaltung nicht mehr eingehalten werden kann und möglicherweise aufgrund des verzögerten Förderantrags mit weiteren Kostensteigerungen zu rechnen haben.” Mit vier Gegenstimmen (von den Grünen) wurde dann auch vom Gemeinderat grünes Licht für die weitere Schulplanung gegeben. Nach aktuellem Stand der Dinge dürfte die Schule damit pünktlich zum Schuljahr 2019/2020 ihren Betrieb aufnehmen.

Klare Kostendeckelung auf 39,20 Millionen Euro beschlossen

“Uns ist es wichtig, dass wir heute einen klaren Kostendeckel setzen”, sagte Michael Niebler, der als Vorsitzender für die CSU-Fraktion sprach. Schließlich gäbe es neben dem Schulprojekt weitere berechtigte Wünsche und konkrete Pläne, die haushaltsrelevant seien – u.a. ein neuer Kindergarten, aber beispielsweise auch eine Drehleiter für die Feuerwehr. “Wir sind jetzt schon 3,6 Millionen Euro über dem was wir ursprünglich geplant haben, dass man jetzt noch was drauf legt, ist für uns nicht darstellbar. Wir haben auch eine Gesamtverantwortung für den Haushalt”, so Niebler. Wolfgang Schermann von den Freien Wählern entgegnete: “Wir Freien Wähler sind immer für Einsparungen zu haben, aber wenn die Mindestanforderungen des TSV und des Schwimmvereins nicht erfüllt werden, sollten wir das Budget aufstocken.” Gespart werden soll nämlich auch an Turnhalle und Schwimmbad, was nicht zuletzt beim TSV Vaterstetten auf wenig Gegenliebe stößt. Denn nach den jüngsten Vorschlägen zur Einsparung, sind beide Sportstätten nicht mehr wettkampftauglich.

Brandbrief an die Gemeinde

Doch neben Einsparungen bei den Zuschauerplätzen und bei den Bahnen des Schwimmbeckens, soll auch ein zweites Becken für Seniorensport und Nichtschwimmer dem Rotstift geopfert werden. Das will der Schwimmverein so nicht hinnehmen. In einem Brandbrief hat sich die Vereinsspitze daher an Bürgermeister und Gemeinderat gewendet, um darum zu bieten, die Entscheidung zu vertagen und die kommenden sechs Wochen noch einmal für klärende Gespräche mit Bürgermeister und Gemeindeverwaltung zu nutzen. Dem Wunsch folgte der Gemeinderat – nach kurzer, nicht-öffentlicher Beratung – mit einer Gegenstimme von Herbert Uhl (Freie Wähler). Damit haben auch die Grünen einen Teilerfolg zu verbuchen. Die Grünen hatten in einem Antrag gefordert, alle Teilbereiche des Projekts noch einmal gründlich nach Einsparpotential zu durchforsten. “Das Argument mit dem Zeitdruck ärgert mich”, so Axel Weingärtner. Zumindest für Turnhalle und Schwimmbad gibt es jetzt noch einmal sechs Wochen Bedenkzeit. Mal sehen, was die Protagonisten daraus machen.

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