Blumen, Sekt und ein erneutes Eheversprechen

von edithreithmann

Ein wenig aufgeregt ist man schon, wenn man vor den Standesbeamten tritt. Um erneut so einen besonderen Moment zu erleben, hat Haars Bürgermeisterin Ehepaare, bei denen der Tag der Hochzeit schon viele Jahrzehnte zurückliegt, ins Rathaus eingeladen. Fast 800 Ehejahre sind so in Form von 15 Paaren zusammengekommen – und es wurde ein wirklich berührender und sehr humorvoller Vormittag mit vielen Geschichten und Erinnerungen. Anbei ein Bericht und das Gruppenfoto auf dem legendären „Haarer Rosenbalkon“.

50 Jahre – bei einigen sogar 60 Jahre – sind vergangen, seit sie sich das Ja-Wort gaben. Jetzt saßen die Paare erneut im Standesamt – und ein klein wenig Nervosität war auch nach dieser langen Zeit wieder zu spüren. Die Damen hatten gleich zu Beginn von der Bürgermeisterin einen Blumenstrauß überreicht bekommen, schließlich muss ja alles stilecht sein. Für ein paar Paare war das tatsächlich eine kleine Zeitreise, denn sie hatten sich im Haarer Rathaus trauen lassen: Vor einem halben Jahrhundert wurde in der ersten Etage im Sitzungszimmer „Ja“ gesagt.

Die 15 Ehepaare feiern gemeinsam mit der Haarer Bürgermeisterin ihr Hochzeitsjubiläum (Foto: Gemeinde Haar)
Die 15 Ehepaare feiern gemeinsam mit der Haarer Bürgermeisterin ihr Hochzeitsjubiläum (Foto: Gemeinde Haar)

Empfang statt Hausbesuche

Die Idee zum Empfang hatte Gabriele Müller, die die Haarer Ehepaare zu ihren besonderen Hochzeitsjubiläen bislang immer zuhause besuchte. Und irgendwann hatte sie das Gefühl, dass ihr Erscheinen in den Familien für unnötigen Wirbel sorgte. „Die Feiern wurden für meinen Besuch schon mal aus ihrem familiären Rahmen gehoben – doch da gehören sie doch eigentlich hin“, sagte sie. Und so kam ihr die Idee, einmal im Jahr alle Haarer Paare mit hohem Ehejubiläum zu sich ins Rathaus einzuladen – mit Blumen, Sekt, Häppchen und einem neu aufgenommenen Hochzeitsfoto als Geschenk. Und mit netten Gesprächen. Von denen gab es reichlich auf dem ersten Empfang.

Ein besonderer Reichtum

Viele der Paare sahen sich im Trauzimmer um und begannen in Erinnerungen zu schwelgen, während draußen der Regen prasselte. „Genauso ein Wetter hatten wir damals auch – erinnerst Du Dich noch?“, fragte einer der Bräutigame seine Ehefrau, die lachend nickte. Damals hätte man ihnen gesagt, dass das viel Geld in der Ehe bedeute. Darauf warte er heute noch, sagte der Mann im feinen Anzug lachend. Aber Reichtum hätte er dennoch erlangt, betonte er und warf seiner Frau einen  liebevollen Blick zu. Solche Szenen gab es viele an diesem Vormittag.

Das Geheimnis einer guten Ehe

Vorbilder, das sind diese Paare tatsächlich. Denn heutzutage haben die allermeisten Ehen längst nicht mehr diese Beständigkeit. Die Bürgermeisterin berichtete in ihrer Ansprache, dass sie nicht selten von den Paaren, die sie traut, gefragt wird, ob sie denn bei ihren Besuchen bei den goldenen oder gar diamantenen Hochzeitspaaren schon mal Geheimnisse für die lange Ehezeit in Erfahrung bringen konnte. Und so warf sie eben diese Frage in die Runde. Die Antwort kam ohne Zögern. „Die Liebe ist es, die einen zusammenhält“, sagte eine Dame. Und wenn die im Alltag auch mal unterginge dürfe man nicht gleich aufgeben. Gelassenheit und Geduld seien durchaus empfehlenswert – aber die kämen mit dem Alter häufig ein wenig von selbst. Die „Zahnpastatuben-Diskussionen“ ließen im Laufe der Zeit deutlich nach, erklärten die anwesenden Paare lachend. Ein Geschenk sei es schließlich, im Alter noch zu zweit sein zu dürfen.

Ein Hoch auf die „Seufzerallee“

Nach dem offiziellen Teil wurden dann noch Fotos geschossen und natürlich ausgiebig bei einem Gläschen Sekt geplaudert. Viele kannten sich ohnehin, sind Nachbarn oder gemeinsam in Vereinen aktiv. Und es gab sogar das eine oder andere Wiedersehen. Hätte man eine nicht repräsentative Umfrage gestartet, dann hätte man wohl Folgendes herausbekommen: Viele haben damals eine eher kleine Hochzeit gefeiert – und das nach nur wenigen Tagen Volljährigkeit, die mit 21 Jahren erreicht war. Der Grund? Man hätte ja vor der Ehe nie zusammen wohnen können, teilweise war schon ein Treffen schwierig. Glücklicherweise gab es in Haar ja die legendäre „Seufzerallee“, wie augenzwinkernd von den Althaarern erzählt wurde. Die Hochzeitskleider waren damals zum Teil noch selbstgenäht und wirklich wunderschön. Und: Bei den meisten hat es an ihrem Hochzeitstag geregnet. Ob man auch an diesem Umstand die Haltbarkeit einer Ehe messen kann? Wie auch immer: Beim Auseinandergehen war der Wunsch groß, sich genau in dieser Konstellation in 10 Jahren wiederzutreffen – dann zur Diamantenen- und Gnadenhochzeit.

(Text: Claudia Erl)