Baldhams erste Wirtschaft

von Markus Bistrick

Die lichten Wälder um Baldham wurden nach Eröffnung des Baldhamer Bahnhofs ein sehr beliebtes Wochenendausflugsziel für viele Münchener Familien. Mit Kind und Kegel ging es zum Beerensammeln und Schwammerlsuchen in den Wald. Jedoch waren lediglich die Wirtshäuser in Möschenfeld und Ingelsberg für die Aufnahme von Ausflüglern eingerichtet. Im Jahre 1900 unterstützte Ortsführer Josef Götz aus Baldham deshalb ein Gesuch der geschäftstüchtigen Wirtswitwe Maria Herz aus Baldham-Dorf, die für sich und ihren Sohn Andreas am Halteplatz Baldham eine Wirtschaft errichten wollte.

„Es sind schon 200-300 Ausflügler, die in Baldham miteinander aussteigen. Dieselben begehren beim Ein- und Ausstieg Bier“, gab er auf Anfrage der Gendarmerie Zorneding zu Protokoll. Dem Sergeant Josef Schumann war bei einer Inspektion aufgefallen, dass Maria Herz und ihr Sohn auf dem angrenzenden Grundstück aus einer Bretterhütte Bier verzapften, ohne dafür eine distrikt-polizeiliche Genehmigung zu besitzen. Der Gendarm merkte an, dass dieser Platz geradezu dafür geschaffen sei, „dass sich zweideutige Personen einfinden“. In einer Wirtschaft würde Gesindel ihre Niederlassung finden, es sei zu befürchten, dass Forstfrevel und Jagdvergehen überhand nehmen.

Dem gegenüber befürwortete das königliche Oberbahnamt das Vorhaben mit der Begründung, dass dem reisenden Publikum gedient wäre und der Ausflugsverkehr gewinne. Am 27. Juni 1900 wurde die Bierschankgenehmigung erteilt. Nach der Errichtung einer stattlichen Gaststätte erhielt Andreas Herz zwei Jahre später die Tafernkonzession.

Beim Herausspringen aus dem fahrenden Zug verunglückte Andreas Herz und verstarb im Jahre 1921 an den Folgen. Seine Frau Magdalena heiratete ein Jahr später den verwitweten Gastwirt Josef Loidl, der fünf Söhne und eine Tochter mit in die Ehe brachte. Mit der Familie Loidl wurde die Bahnhofsrestaurierung zum Mittelpunkt des geselligen Lebens in der Baldhamer Waldkolonie. Bis zu 2000 Gäste fanden sich manchmal ein und wurden bei Sommerfesten mit Schuhplatteln, Konzerten, Gesang, Glückshafen und humoristischen Vorträgen unterhalten.

Statt dem gefürchteten Gesindel trugen sich eine Reihe bekannter Filmschauspieler wie Joachim Fuchsberger, Willi Fritsch, Ursula Herking und Grethe Weiser ins Gästebuch ein. Längst ist es ruhiger geworden beim „Loidl“ und, wie vielerorts, ist auch hier die deftige bayerische Wirtshaustradition einem Griechischen Speiserestaurant gewichen.

Der Baldhamer Hof um 1900.