Weniger ist mehr!

von Catrin Guntersdorfer

Am Wochenende tritt in ganz Deutschland das Einwegplastikverbot in Kraft – Die Gemeinde Haar hat sich im Vorfeld gut darauf vorbereitet und die Gastronomen vor Ort, die “to go” anbieten, mit einer Finanzspritze unterstützt. So soll ihnen der Umstieg von Einweg auf Mehrweg leichter gemacht werden. Denn betroffen von der Gesetzesänderung sind von Restaurants, über Hotellerie und Kantine bis hin zum Bäcker der “to go”-anbietet, alle Branchen.

Die Kunden nehmen das neue Angebot gut an. (Foto: B304.de/ catrin Guntersdorfer)

“Wir müssen Verantwortung übernehmen”

Umgestiegen sind daher auch Rolando und Natascha Nardi, die Inhaber des Eiscafés Firenze am Bahnhofsplatz in Haar. “Vor 20 Jahren wäre es noch unvorstellbar gewesen, dass ein Italiener einen Kaffee in einem Pappbecher getrunken hätte”, erklärt Rolando Nardi. “Die Pandemie hat das Müllproblem noch verstärkt. Wir müssen jetzt die Verantwortung übernehmen und vernünftig mit der Umwelt umgehen.” Er sieht es als seine Aufgabe, die Kunden zu sensibilisieren. “Ein Umweltprojekt mit so einer Umstellung kann nicht einseitig laufen. Wir können es anbieten, aber unsere Kunden müssen auch mitspielen.” Und das tun sie bis jetzt auch. In den vergangenen drei Wochen hat das Eiscafé beim Mitnahmeservice vom Kaffeebecher, über Eisbecher, bis hin zu den kleinen Löffelchen alles in wiederverwendbarer Form angeboten und nur positive Resonanz erhalten.

Die Mehrwegprodukte, die bei Rolando Nardi ab jetzt zum Einsatz kommen. (Foto: B304.de/Catrin Guntersdorfer)
Sollen künftig der Vergangenheit angehören: überquellende Mülleimer mit Einweggeschirr. (Foto: B304.de/Catrin Guntersdorfer)

Alle wiederverwendbaren Teile sind bei Nardi mit einem roten„Mehrwegsystem“-Aufkleber gekennzeichnet und mit 20 Cent Pfand belegt. Sie können im Café zurückgegeben werden. Wer mit dem Becher wieder in die Eisdiele kommt, erhält beim nächsten Einkauf sogar noch zehn Prozent Rabatt. Für zehn Kaffee To-Go gibt es einen Thermobecher und ebenfalls zehn Prozent Belohnung. Das Mehrweggeschirr, das das Eiscafés Firenze jetzt verwendet, ist zu 100 Prozent aus Recyclingmaterial und kommt von einem Händler aus Italien. In der Eisdiele wird es gespült und anschließend sterilisiert, bevor es wieder in den Verkauf kommt. “Die Mülleimer hier am Bahnhofsplatz waren früher immer randvoll und viel Plastikmüll lag herum. Auch unsere Eisbecher. Das ist jetzt auf alle Fälle schon besser geworden”, versichert Nardi, der lachend gesteht: “Für mich ist das ein gutes System! Trotzdem trinken wir unseren Espresso natürlich immer noch am liebsten in Porzellan-Tassen!”

Die Gemeinde bezuschusst

Dafür zeigt Bürgermeister Andreas Bukowski (CSU) Verständnis, zumal er ein langfristiges Ziel für Haar vor Augen hat. Er möchte die Gemeinde zur „Circular Community“ machen. „Wir versuchen die Faktoren ins Auge zu fassen, wo wir im ökologisch nachhaltigen Sinne kreislauffähig werden können. Da gibt es mehrere Bereiche, in denen wir den Hebel ansetzen werden”, so Bukowski. Mehrweg ist für den Politiker einer der wichtigen Bestandteile, ein weiterer, in dem ökologisch nachhaltiges Handeln erforderlich sei, ist für ihn der Bausektor. „Das hört sich vielleicht nach einer Utopie an und recht visionär, aber ich weiß, es ist möglich.“ Auch Haars dritter Bürgermeisterin Katharina Dworzak (SPD) ist klar, dass es nicht einfach wird, den Kreislaufgedanken umzusetzen. Ihre Fraktion hatte daher zu Beginn des Jahres den Antrag für eine Förderrichtlinie im Gemeinderat eingebracht, wonach Haar nun die Einführung von Mehrweg mit je 500 Euro unterstützt. “Es wäre sinnvoll, wenn sich in Haar letztendlich alle auf maximal zwei Mehrweg-Systeme einigen könnten. Das wäre für die Betriebe und die Kunden einfacher und würde auch besser akzeptiert werden“, so Dworzak. Ihre Partei hatte den Antrag für eine Förderrichtlinie im Februar des Jahres in den Gemeinderat eingebracht, demzufolge die Einführung auf Mehrweg jetzt mit 500 Euro durch die Kommune unterstützt wird. Rund 100 Betriebe in der Gemeinde sind von der Gesetzesänderung betroffen.

(v.r.)Daniela Ziegler (Kreisgeschäftsführerin DEHOGA), Rolando Nardi (Inhaber Eiscafés Firenze), Bürgermeister Andreas Bukowski, Dritte Bürgermeisterin Katharina Dworzak, Ansgar Sommer (Gewerbeverein), Alicia Frey (Wirtschaftsförderung), Christian Schottenhammel (Kreisvorsitzender Bayerischer Hotel- und Gaststättenverband) (Foto: B304.de/Catrin Guntersdorfer)

Wer sich nun wundert, dass auch nach dem 3. Juli 2021 noch die ein oder andere Einwegplastikverpackung verteilt wird: das liegt daran, dass es zwar nicht mehr erlaubt ist Einwegplastikbehälter zu verkaufen oder zu produzieren, allerdings dürfen Restbestände noch verbraucht werden.