Ulrike Wolz sagt ab

von Catrin Guntersdorfer

Die Lesungen von Ulrike Wolz, die für 22.April in Vaterstetten und für den 23.April in Neukeferloh vorgesehen waren, müssen leider wegen der aktuellen Situation abgesagt werden. “Wir können es uns alle nicht vorstellen, dass wir nach den Osterferien schon so weit sind, dass wir uns auf engem Raum versammeln können. Meine Kinder würden mich schimpfen, wenn ich mich und andere Risikogruppenmenschen einer Gefahr aussetzen würde!”, so Ulrike Wolz. “Es kommen bessere Zeiten und manche Gelegenheiten uns wieder literarisch zu treffen!”

Jedoch schickt Ulrike Wolz eine Liste mit 11 funkelnagelneuen Romanen, die auch auf ihrer Website zu finden sind und die sie  für diese “ stade Zeit im Frühling“  empfehlen möchte.

Eine Bitte: ordern Sie diese Bücher bitte im örtlichen Buchhandel, die fast alle einen Webshop und/oder Lieferservice haben ( so wie der Buchladen von Manuela Harm in Vaterstetten, oder AP Buch in Baldham), damit wir nach der Krise überhaupt noch Buchgeschäfte vor Ort haben werden. Die Handelsriesen sind nicht von Schließungen bedroht!

Liz Moore: Long bright river / Beck € 24

Die Schwestern Mickey und Kacy sprechen seit fünf Jahren nicht mehr miteinander, wenn auch Mickey als Streifenpolizistin in Philadelphia insgeheim über ihre drogenabhängige Schwester Kacey wacht, die für ihren Konsum anschaffen geht. Als eine Reihe von Morden an jungen Prostituierten die Stadt erschüttert, macht Mickey sich auf die Suche nach ihrer Schwester. Parallel dazu wird die Familiengeschichte der beiden Schwestern in Rückblicken erzählt und verwoben mit der Jagd nach einem Frauenmörder, der beide in große Gefahr bringt. Ein sehr spannender und psychologisch gut durchdachter Familienroman..

Marie Hermanson: Der Sommer, in dem Einstein verschwand / Insel € 24

Bei der großen Jubiläumsausstellung 1923 in Göteborg ist die Journalistin Ella auserkoren, über die Messe zu schreiben. Als sie von einem politischen Komplott erfährt, bittet sie einen jungen Polizisten zu Hilfe. Gleichzeitig macht sich Albert Einstein, pleite und verbittert, von Berlin aus auf, um seine Nobelpreisrede in Göteborg zu halten. Doch das wollen antisemitische Kreise unbedingt vermeiden. Die Jagd beginnt. Zeitgeschichtlich sehr interessanter, flott geschriebener, spannender Roman.

Monica Helfer: Die Bagage / Hanser € 19

Josef und Maria leben mit ihren drei Kindern am Rand eines Bergdorfes und gehören nicht zur Gemeinschaft, sie sind die „Bagage“. Als der erste Weltkrieg ausbricht, muss Josef ins Feld und Maria hat es schwer, sich wegen ihrer unglaublichen Schönheit der Männer zu erwehren. Sie wird schwanger und nach Kriegsende straft der Vater das Mädchen mit absoluter Nichtachtung. Die Autorin schreibt diese Geschichte ihrer Großmutter in wunderbarer Sprache und raffinierten Erzählsträngen. Ein Vergleich mit Robert Seethalers Ein ganzes Leben drängt sich auf. In diesem Frühjahr ein Muss!

Julia Holbe: Unsere glücklichen Tage / Penguin € 20

Vier junge Frauen verbringen ihre Ferien am Atlantik und genießen ihre Freundschaft. Diese wird brüchig, als ein charismatischer, geheimnisvoller Mann auftaucht, der alle vier in den Bann zieht. Das Leben geht dann seinen mehr oder weniger traurigen Gang und als sich die vier nach 20 Jahren wiedersehen, beschließen sie, wieder zusammen an die Atlantikküste zu fahren. Und da taucht ohne Vorwarnung derselbe faszinierende Mann auf und alte Erinnerungen und Verletzungen brechen auf. Wird er sich jetzt an eine binden wollen? Ein Sommerroman voller Rotwein, Croissants, Austern und Baguette. Voller Wind und Meer und Verliebtheit.

Elizabeth Gilbert: City of Girls / Fischer TB (erscheint Ende Mai) € 16,99

20er Jahre NY: Ein junges unbotmäßiges Mädchen wird in die Großstadt zu ihrer verrückten Tante verfrachtet, die dort ein heruntergekommenes Theater leitet. Sie stürzt sich in das Nachtleben, die Liebe und den Alkohol. Und wird als Kostümschneiderin unentbehrlich. Doch sie macht einen unverzeihlichen Fehler und wird wieder zurück in die Provinz geschickt. Doch nicht für lange: eine Karriere als Schneiderin wartet in N.Y. auf sie. Ein echter ausschweifender 500-Seiten-Schmöker ohne Tiefgang, aber mit Sex und vielen überraschenden Wendungen.

Laetitia Colombani: Das Haus der Frauen / Fischer € 20

In Paris steht ein riesiges Haus, das obdachlosen Frauen und ihren Kindern Zuflucht bietet. Auch der erfolgreichen Anwältin Solène, die nach einem Zusammenbruch ihr Leben in Frage stellt. Im »Haus der Frauen« schreibt sie nun im Auftrag der Bewohnerinnen Briefe – an die Ausländerbehörde, den zurückgelassenen Sohn in Guinea, den Geliebten – und erfährt das Glück des Zusammenhalts und die Magie dieses Hauses. Solène beschließt, die Geschichte der heldenhaften Blanche Peyron aufzuschreiben, die 1926 als Offizier der Heilsarmee allen Widerständen zum Trotz diesen Schutzort schuf. Trotz des tollen Themas und der Botschaft, sich sozial zu engagieren, fehlt es dem Roman ein wenig an Empathie.

Angie Kim: Miracle Creek / Hanser blau € 22

In der Kleinstadt Miracle Creek in Virginia geht ein Sauerstofftank in Flammen auf. Zwei Menschen sterben – Kitt, die eine Familie mit fünf Kindern zurücklässt, und Henry, ein achtjähriger autistischer Junge. Im Prozess wegen Brandstiftung und Mord sitzt Henrys Mutter Elizabeth auf der Anklagebank. Und die Beweise sind erdrückend. Hat sie ihren eigenen Sohn ermordet? Während ihre Freunde, Verwandten und Bekannten gegen sie aussagen, wird klar: In Miracle Creek hat jeder etwas zu verbergen. Ausnahmslos alle versuchen ihre eigenen kleinen Geheimnisse vor anderen zu vertuschen, doch  meist um sie zu schützen. Ein superspannender psychologisch fein gesponnener Roman mit interessantem Personal. (Außerdem liebe ich Gerichtsromane…)

Isabelle Autissier: Klara Vergessen / Mare € 22

Zum ersten Mal kehrt Juri, der als Ornithologe in den USA lebt, in seine Heimat nach Murmansk zurück. Sein Vater Rubin liegt im Sterben und hat nur eine Bitte: Kläre das Rätsel um Deine Großmutter Klara! Sie war eine Wissenschaftlerin zur Zeit Stalins, die vor den Augen des damals vierjährigen Rubin verhaftet wurde. Klaras Verschwinden und eine Jugend voller Entbehrungen haben aus Rubin einen rücksichtslosen Kapitän und hartherzigen Vater gemacht, der seinen ungeliebten Sohn nun in einem letzten Aufeinandertreffen um Hilfe bittet. Die Spurensuche konfrontiert Juri mit seinem eigenen Leben voller Brutalität und der Erkenntnis, wie eng alle drei Schicksale miteinander verknüpft sind. Ein Abenteuerroman (auch für Männer), der in die Abgründe der russischen Geschichte führt und doch menschlich sehr berührt. Lesen!

Daniel Mendelssohn: Eine Odyssee / Siedler Hardcover oder Pantheon TB (erscheint Ende Mai)

Mal kein Roman und doch eine sehr bereichernde Lektüre: Ein Professor hat in seinem Uni-Kurs seinen alten Vater, einen pensionierten Mathematiker, zu Gast und es entsteht generationenübergreifend eine intensive Diskussion über das älteste literarische Werk der Welt, die Odyssee. Die literarische Vater-Sohn-Beziehung wird der aktuellen gegenübergestellt und durch Einblicke in die Familie Mendelsohn erleben wir das antike Drama als sehr lebendig und aktuell. Seine Themen wie Familie, Identität, Heimat bewegen uns noch immer. Ich bin total  begeistert! Mein Tipp: Falls Ihnen das erste Kapitel zu spröde daherkommt, können Sie es einfach überschlagen und zum Schluss lesen.

James Gould-Bourn: Panda-Tage / Kiepenheuer & Witsch € 20

Danny hat es schwer. Seit seine Frau vor einem Jahr bei einem Unfall ums Leben gekommen ist, hat sein kleiner Sohn Will aufgehört zu sprechen. Zudem verliert er den Job und sein Vermieter droht mit Rausschmiss. Von seinem letzten Geld kauft er ein Pandakostüm, um als Straßenkünstler Geld zu verdienen. Das klappt nicht so wie erwartet. Doch eine Tänzerin erbarmt sich seiner und gibt ihm Tanznachhilfe, so dass die Kasse leidlich klingelt. Will freundet sich mit dem tanzenden Panda an und beginnt mit ihm zu sprechen – aber nur mit ihm. Ein netter feel good – Roman voller Situationskomik, der es durch seinen Galgenhumor versteht, Kitsch und Sentimentalität zu vermeiden.

Debra Jo Immergut: Die Gefangenen / Penguin

Seine Karriere und seine Frau sind futsch, ein angeschlagener Psychiater findet nach einem Behandlungsfehler nur noch eine Stelle in einem Frauengefängnis. Hier trifft er auf seinen Schwarm aus Schülertagen, eine als Mörderin zu 52 Jahren Haft Verurteilte. In vielen Sitzungen setzen sich beide mit ihrer schicksalhaften Vergangenheit und dem Gefängnisleben auseinander und gehen an ihre tiefenpsychologischen Grenzen. Eine spannende Spirale aus Manipulation und Gefahr wird in Gang gesetzt. Das Ende ist überraschend.