Mein Hundeleben: Elvis zieht aus

von Eva Bistrick

Ich frage mich seit Tagen, wie ich einen halbwegs leichtfüßigen Hundetext schreiben soll, während gleichzeitig die Welt in Schutt und Asche liegt, die Hälfte der engeren Verwandtschaft auf Grund von Impfdurchbrüchen in Isolation vor sich hinvegetiert und es irgendwie keine Aussicht auf Einsicht vieler Menschen gibt. Doch es hilft alles nichts: Wir können nicht ständig nur betroffen gucken, weil es schlechte Nachrichten gibt. Die es ja immer irgendwo gibt. Mit etwas Humor ist vieles (nicht alles!) leichter zu schultern, also versuchen wir es mal …

Wer selbst keinen Hund hat, aber sich nach tierischer Begleitung sehnt, der findet bei mir Abhilfe. Denn ich „verleihe“ den pelzigen Racker auf Anfrage gern an hundeerfahrene Zweibeiner. So wie neulich.

Mein geschätzter Patenonkel, ausgewiesener Afrika-Aficionado und Labrador-Fan, bekniet mich seit Monaten, ob Elvis bei ihm übernachten dürfe. Er wünscht sich so, O-Ton: „morgens von einem Hundebussi geweckt zu werden“. (Jeder hat seine eigene Vorstellung von Romantik.) Anfangs spielte ich seine verklärten Bitten herunter, wohlwissend, dass sich so ein Interesse schnell auch wieder legen kann. Doch dem war nicht so. Er ließ nicht locker, selbst nicht nach Wochen voller Belehrungen meinerseits, worauf er im Falle des Falles achten müsse und wie anstrengend das wäre und, nicht zuletzt, wie unberechenbar der Schalk in Elvis‘ Nacken sei. Ich konnte ihn nicht beeindrucken.

Alle Appelle von „Räum bloß die Fernbedienung weg“, „lass keine teuren Kissen herumliegen“, bis zu „keine Pralinen auf dem niedrigen Couchtisch“ – lächelte er einfach weg. Bis dato glaubte er tatsächlich, meine cleane Wohnung samt karger Dekoration sei gewollter Purismus. Nein!!! Das ist
blanke Panik, dass der Hund liebgewonnenes Dekor kaputt machen könne. Gerade ich, als selbsternannte Königin von Tand & Klüngel, die sogar Treibgut noch etwas Dekoratives abgewinnen kann, würde sonst opulenter einrichten.

Doch wer nicht hören will, muss fühlen: Elvis zog ein. Zumindest für ein Wochenende. Und so kam es wie es kommen musste. (Eltern, die schon einmal ihr Kind wegen grobem Ungehorsam nachts vom Kindergeburtstag oder aus dem Schullandheim abholen mussten, wissen, wovon ich spreche). Ich bekam gegen 2 Uhr morgens eine Whatsapp, dass Elvis sofort (!) abzuholen sei.

Mein Onkel öffnete mir kreidebleich die Tür. Elvis wedelte mich an, hechelnd, und guckte treuherzig aus seinen dreieckigen Augen. (Nie ein gutes Zeichen!) Als ich das Haus betrat, offenbarte sich mir
ein Anblick schieren Grauens. Jemand hatte wohl vergessen, seine Bürotür zu schließen. So wie wir es uns im Nachgang erklären können, hat Elvis das Arbeitszimmer mal so richtig aufgeräumt. Besonders angetan hatte es ihm wohl eine schwarze Druckerpatrone, deren Inhalt er über das gesamte Treppenhaus auf dem Teppich verteilt hat. Auf dem hellgrauen Teppich, und dann zwangsläufig auch an den Wänden und überall dort, wo er sich anschließend aufgehalten hat.

Die Spitze des Eisberg war jedoch ein von Hand bemaltes Straußenei. Auf jeder Treppenstufe lag ein Teil davon. Mein Onkel sah mich mit feuchten Augen an. „Das Straußenei war ein persönliches Geschenk des namibischen Botschafters!“

Ein derartiges Totalversagen von Elvis´ Erziehung hatte selbst ich nicht kommen sehen. „Hol dir einen Hund“, haben die Leute gesagt. „Das wird lustig“, haben sie gesagt.

Ich persönlich halte es lieber nach Hildegard Knef, die sich ein schönes Motto zu eigen genommen hat: „Ich habe ein einfaches Rezept, fit zu bleiben – ich laufe jeden Tag Amok.“