„Es zählt der freie Wille“

von Markus Bistrick

„In Parsdorf lebt schon länger eine obdachlose Frau in den Büschen im „Park“ / am Eisstockplatz, sie wäscht sich ihre Haare im Brunnen von Parsdorf, im „Park“ ist auch ein Kinderspielplatz nah zu den Büschen/ Bänken, wo diese Frau schläft“, schreibt uns eine offenkundig empörte B304.de-Leserin. Berichtet wird uns auch von Obdachlosen am S-Bahnhof Vaterstetten oder im kleinen Wald an der Anemonenstraße und mitunter am S-Bahnhof Baldham.

Theoretisch muss hierzulande niemand obdachlos oder wohnungslos sein, wenn er das nicht möchte. Denn: In Deutschland sind die Kommunen rechtlich dazu verpflichtet, obdachlose Menschen, die nicht freiwillig auf der Straße leben, kurzfristig in Notunterkünften oder sozialen Einrichtungen unterzubringen – in Vaterstetten u.a. an der Möschenfelder Straße 20. „Obdachlose werden auf die Möglichkeit der sozialen Beratung im Rathaus und die Unterbringung in einer Einrichtung informiert“, so Bürgermeister Leonhard Spitzauer (CSU) gegenüber B304.de. Das sei auch bei der Frau in Parsdorf geschehen. Aber: „Wir können keinen Menschen zwingen, in einer Unterkunft zu übernachten. Solange keine direkte Eigengefährdung vorliegt, ist das Selbstbestimmungsrecht zentral“, sagt der Rathaus-Chef. Jeder sei grundsätzlich frei in seinen Entscheidungen. Denn der öffentliche Raum in Deutschland gehört allen. Zumindest so lange die öffentliche Ordnung und Sicherheit nicht gestört wird. Und das ist Interpretationssache. Je nach Sachlage kann eine Kommune eine privilegierte Nutzung bestimmter Flächen für Kinder und deren Eltern – etwa auf Spielplätzen – beschließen. Letztlich ist das aber auch eine moralische Frage. Spitzauer jedenfalls denkt derzeit nicht darüber nach, die sogenannte ‚freiwillige Obdachlosigkeit‘ auf den Straßen und Grünanlagen der Gemeinde einzuschränken, „da wir keinerlei Hinweise darüber haben, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet ist.“ Übrigens: Auch Betteln ist seit 1974 in Deutschland grundsätzlich erlaubt und steuerfrei, solange es nicht gewerblich ist oder einem Unternehmen dient. Wird allerdings zu aufdringlich oder aggressiv nach Geld gefragt, kann das als Ordnungswidrigkeit eingestuft und auch so geahndet werden.