Erinnern Sie sich an die Glühweinstandl, die vergangenen Dezember urplötzlich auf dem Baldhamer Marktplatz als behelfsmäßige Corona-Teststation eingerichtet wurden? Die hat Tobias König, seit 22 Jahren Inhaber der Anker Apotheke in Haar und seit 2009 auch von der Baldhamer Elch Apotheke, quasi über Nacht mit seinem Team dort errichtet. Irgendjemand musste ja schließlich dem bürokratischen Irrsinn der Corona-Pandemie etwas Sinnvolles entgegensetzen. Die Innenräume der Apotheken wären sonst vom Ansturm der Testwilligen überrannt worden und das Risiko der Ansteckungsgefahr für Kunden und Mitarbeiter entsprechend diffus.
Die vergangenen 17 Monate waren für König und sein 60-köpfiges Team, dass sich auf derzeit drei Apotheken in Haar und Vaterstetten verteilt, mehr ein kontinuierliches „Ab“ als ein „Auf“. Los ging es mit den Masken, die über Apotheken verteilt werden sollten, dann folgte die kurzfristige Eigenproduktion von Desinfektionsmitteln, weil große Hersteller so schnell nicht liefern konnten. Im Dezember dann das Debakel mit den „Weihnachtsmasken“, mit denen Gesundheitsminister Jens Spahn das Fest der Liebe retten wollte. Direkt darauf brach das Chaos um die Bezugsscheine für FFP2-Masken aus. Aktuell versucht man, das Dickicht der Reisebescheinigungen und Digitalisierung der Impfpässe zu durchkämmen. Mit vereinten Kräften, wie König uns gegenüber bestätigt: „Meine Kollegen retten alles. Die Behörden brauchen Wochen für etwas, das wir quasi von einem Tag auf den anderen umsetzen.“ König weiter: „Die Apotheke ist der letzte Tante-Emma-Laden, den wir noch haben. Es ist ein altmodisches Konzept, aber erfolgreich. Man geht hinein, wird persönlich beraten und kann sein Medikament meist sofort mitnehmen. Und ein paar nette Worte finden sich auch immer.“
König bedient manchesmal noch selbst hinter der Theke. Doch letztlich legt er das Gelingen der Geschäfte vertrauensvoll in die Hände seiner Mitarbeiter vor Ort. Der studierte Pharmazeutiker sieht sich heute mehr als „Manager“ denn als Heilberufler und verbessert beispielsweise leidenschaftlich gern das elektronische Warenwirtschaftssystem, welches dafür sorgt, dass jedes Medikament zur rechten Zeit am rechten Platz ist. Außerdem berät er Kollegen, die neue Apotheken übernehmen, wie sie Change Prozesse am besten steuern. „Man kann mit ganz einfachen Mitteln selbst die kompetentesten Kollegen noch zum Staunen bringen“, freut sich der 57-Jährige. „Wissen weitergeben macht mir Spaß“. Diese Art des Helfens habe er übrigens nicht an der Uni gelernt, sondern bei den Pfadfindern. Dort engagierte er sich, später als Jugendbetreuer, über zehn Jahre lang.
„Ich bin rund um die Uhr im Dienst. Das ist ein toller, sehr sozialer Beruf, in dem man viel mit Menschen zu tun hat und für den man auch etwas in der Birne haben muss“, resümiert König. Schon seine Eltern waren beide Apotheker, in Aschheim. „Ich wollte allerdings, allein von namens her, nicht den Kronprinzen spielen und bequem deren Lebenswerk übernehmen“, erklärt er. Er überbrückte dagegen die Wartezeit auf seinen Studienplatz mit einer Ausbildung zum Pharmazeutisch-technischen Assistenten (PTA). Und mit einem Praktikum in der Anker Apotheke, die er heute leitet. Womöglich war das Bestimmung.
König selbst wirkt jedenfalls angekommen – und trotz aller Widrigkeiten des Tagesgeschäfts mehr als aufgeräumt. Besonders wichtig ist König bei all seinem Tun: die Unterstützung der Gewerbebetriebe vor Ort, und natürlich damit auch die der Apotheken. „Unser Ziel ist eine gute lokale Gesundheitsversorgung, die nicht ins anonyme Internet abwandern soll.“ Als eingetragener Kaufmann haftet er mit seinem eigenen Vermögen, und er sieht sich verantwortlich für das Wohl von 60 Familien. „Was wäre gewesen, wenn wir als Apotheken in der akuten Corona-Zeit nicht das Ruder in die Hand genommen hätten? Eine Versorgung von einer zentralen Stelle hätte uns alle ziemlich blank dastehen lassen. Vielleicht ist Corona zumindest dafür gut, dass die Menschen es wieder mehr zu schätzen wissen, was sie an einem persönlichen Ansprechpartner haben, der jeden Tag wieder für sie da ist und für seinen Service einsteht, in einem echten Geschäft an einer echten Verkaufstheke, mit einem echten Lächeln im Gesicht.“ Wir hoffen inständig, dass er damit Recht behält und bedanken uns für das Engagement.