Die Großmanns und ihre Karotten

von Markus Bistrick

„Babynahrung ist eine diffizile Angelegenheit.“ Stefan Großmann muss es wissen. Seit 25 Jahren baut der Hergoldinger Karotten für die Marke „Bebivita“ an, dessen Gläschen unter anderem in der Drogeriemarktkette DM erhältlich sind, inzwischen auf knapp 15 Hektar. Im kontrollierten Anbau, kein Bio, auch wenn die Karotten von Stefan Großmann und seinem Sohn Markus faktisch die gleichen Qualitätsparameter erfüllen müssen. Konkret geht es vor allem um Grenzwerte bei Nitrat, Pflanzenschutzmittelrückständen und Schwermetallen, die quasi gegen Null gehen müssen. Letztere sind von Natur aus im Ackerboden, dürfen aber die strengen Grenzwerte der Babynahrungsindustrie nicht überschreiten.

Entsprechend streng sind die Kontrollen. Vor dem Anbau werden Bodenproben entnommen und untersucht, unter dem Jahr gibt es dann Feldkontrollen, eine lückenlose Dokumentation über sämtliche Maßnahmen ist zwingend erforderlich und jede einzelne LKW-Ladung, die bei dem namhaften Babynahrungshersteller vorfährt, wird vor dem Abladen über eine Stunde lang im Labor untersucht.

Wenn die Vorgaben nicht erfüllt werden, auch das sei bei den Großmanns schon einmal vorgekommen, muss diese Lieferung anderweitig verwertet werden, meist als Beta-Carotin-Kur für Milchkühe. Des einen Freud, des anderen Leid. Denn der wirtschaftliche Schaden wiegt die Frühlingsgefühle im Kuhstall nicht auf.

Markus und Stefan Großmann aus Hergolding. (Foto: Ilona Stelzl / B304.de)

Karottenanbau für „Bebivita“ ist bei den Großmanns mit viel Handarbeit verbunden, da Pflanzenschutzmittel zur Unkrautregulierung nur sehr begrenzt eingesetzt werden dürfen. Ein weiteres heikles Thema ist die Lagerung. Babys fragen nicht nach der Jahreszeit. Beta-Carotin wird 365 Tage benötigt, und bevorzugt frisch. Im April wird hierzulande ausgesät und Ende September bis Ende Oktober (je später, desto besser) geerntet. Anschließend geht es in die neue, hochmoderne Kühlhalle der Großmanns, mit einer Lagerkapazität von rund 900 Tonnen. Exakt bei 0,7 Grad warten die Karotten von November bis März in gigantischen Holzkisten auf Abholung. Das ist enorm aufwändig, aber das beste was einer Karotte widerfahren kann, um knackig zu bleiben.

Bei „Bebivita“ werden – um Schälverluste gering zu halten – ungewöhnlich große Gemüsepflanzen, Industrieware nennt sich das, in Chargen verarbeitet. Will sagen: Wenn Bedarf ist, müssen die Großmanns liefern. Und „Industrieware“ deshalb, weil im Handel eher zierliche, formschön gewachsene Pflanzen gefragt sind. Das ist Psychologie, keine Geschmacksfrage. Davon konnte ich mich dank Stefan und Markus Großmann persönlich überzeugen. An der Karottensuppe essen wir immer noch. Mit großer Freude.