Brandschutz öffnet Augen für ein neues Rathaus

von Moritz Steidl

Dass der Tagesordnungspunkt Nummer eins der letzten Gemeinderatsitzung (14.7.) in Vaterstetten wohlmöglich ein neues Rathaus bescheren würde, ahnte zuvor niemand. Es sollte eigentlich über die „Vorstellung des baulichen Zustandes hinsichtlich des Brandschutzes“ im Rathaus gehen und dann über den „Vorschlag der Verwaltung zum weiteren Vorgehen“ diskutiert werden. Schließlich endete die Diskussion zwar mit Sofortmaßnahmen gegen den Brandschutz, aber auch mit einem längst fälligen Thema: Wie es mit dem Rathaus in Vaterstetten weitergeht.

Am 5. Mai 1970 wurde für das Rathaus Vaterstetten eine Baugenehmigung erteilt, ebenso zur Aufstockung am 28. Januar 1997. 1970 sollte das Gebäude, laut Genehmigung, für 30 Menschen als Arbeitsplatz dienen. Heute, 46 Jahre später, sind es fast drei Mal so viele. Da kann und sollte man sich die Frage stellen: Was passiert eigentlich, wenn es einmal brennen sollte? Und noch schlimmer: Was passiert, wenn es brennen sollte und sich Personen im Gebäude befinden? Darum ging es eigentlich in der letzten Gemeinderatssitzung vor der Sommerpause. „Sie müssen reagieren, um den Personenschutz zu gewährleisten“, stellte der geladene Sachverständige für das Thema vorbeugender Brandschutz Stephan Zobel fest. Daraus entbrannte eine Grundsatzentscheidung. Dass der Personen- und somit vorrangig Mitarbeiterschutz gewährleistet sein muss, waren sich die Gemeinderäte einig. Doch wie? Alles neusanieren, nachrüsten oder ganz umziehen? „Wir dürfen nicht zu viel Geld in ein altes Gebäude stecken“, mahnte Michael Niebler von der CSU. Bauamtsleiterin Brigitte Littke fasste den Kern der Diskussion zusammen: „Von der Lebensdauer des Rathauses hängen auch die Maßnahmen ab.“ Und weiter: „Das Rathaus ist desolat.“

Die Diskussion schaukelte sich von Minute zu Minute hoch. Um 18 Uhr startete die Sitzung und damit auch der erste Tagesordnungspunkt. Dabei wurden die Räte u.a. informiert, dass die Versicherung bei einem Brandfall nur zu 20 Prozent haften würde bei einem Versicherungswert von 6,4 Millionen und das von den zwei Rettungswegen einer mit Mängeln (Haupttreppenhaus) behaftet und der zweite (Nebentreppenhaus) zu schmal ist um zu genügen. Denn wichtig ist bei einem Brandfall gemäß Bayerischer Bauordnung die Sicherstellung der Personenrettung. Ebenfalls schwierig, bei nicht oder kaum zu öffnenden Fenstern des Rathauses die Bergung durch die Feuerwehr, ganz zu schweigen davon, dass Vaterstettens Feuerwehr eine Drehleiter gar nicht besitzt.

Doch was ist eigentlich eine potentielle Brandquelle? Der Lichthof des Rathauses und der Fakt, dass es keine Brandausbreitungsbehinderung gibt. Kurz gesagt, sollte es Anfang zu brennen, kann sich das Feuer rasend schnell verbreiten. Bricht zum Beispiel ein Feuer im Lichthof aus, könnten binnen weniger Minuten alle Gänge in den Geschossen versperrt sein und somit blieben eventuell nur noch die Fenster, an denen die Feuerwehr agieren könnte. Schuld daran ist die Architektur des Rathauses, da der Lichthof bis zum zweiten Stock offen ist.

Was machen? Einen Glaskasten im Lichthof, der laut CSU-Gemeinderat und Kreisbrandmeister Albert Wirth, die Ausbreitung dimmen könnte, mache Sinn. Denn im Endeffekt geht es nur darum, dass die Fluchtwege frei von Rauch sind. Eine andere Option ist das Entkoppeln der Geschosse oder die Anbringung eines Rauchschutzvorhanges. Priorität Nummer eins ist aber eine mobile Brandmeldeanlage. Diese meldet innerhalb von 30 bis 90 Sekunden nach Brandbeginn, via Funkverbindung, das Unheil. Somit ist zumindest der Personenschutz sichergestellt. Dies sei, laut Strobel, nur „Brandschutzkosmetik“ und keine Sanierung, sondern pure „Gefahrenabwehr“, auch wenn die Gefahr aktuell nicht akut, sondern nur abstrakt bestehe.

Die teuren Verglasungsmaßnahmen oder Umbauten des dritten Geschosses, schlicht um die Grundsanierung des Rathauses, waren damit auch fast vom Tisch. Josef Mittermeier (SPD) kritisierte, den „Entscheidungsstau“ des Gemeinderates. Nur so konnte es seit dem Jahr 2000 zu 55.000 Euro kommen, die jährlich in das Rathaus investiert wurden. Mittermeier sprach das aus, was weitere Gemeinderäte ebenfalls auch gegenüber B304.de äußerten: „Das sind zwar Investitionen, aber merken tut die keiner.“ Schließlich fügte er hinzu, dass „die SPD sofort wüsste was zu tun ist.“

Bürgermeister Reitsberger wendete die Diskussion vom neuen Rathaus ab und versuchte die Gedanken der Gemeinderäte wieder auf den eigentlichen Punkt zu lenken: Den Schutz der Mitarbeiter vor einem möglichen Brand. Ralf Schloemilch vom Bauamt brachte es auf den Punkt: „Brandschutzanlage und die Verbesserung der Rettungswege, das muss sein.“

Doch Michael Niebler (CSU) kam wieder zum alten Rathaus Thema zurück: „Zu viel Geld in ein altes Gebäude stecken, wir müssen pfleglicher und ökonomischer mit den Steuergeldern umgehen.“  Auch wenn die Brandschutzmaßnahmen in den letzten Jahren gestiegen seien, wie auch Hauptamtsleiter Georg Kast betonte. Renate Will von der FDP dazu: „Der Mitarbeiterschutz ist wichtig, aber wo wollen wir eigentlich hin?“

Vaterstettens 2. Bürgermeister Martin Wagner (CSU) wollte dem ganzen Treiben nun ein Ende setzten: „Die komplette Sanierung des Rathauses würde ein bis eineinhalb Mal so teuer sein wie ein neues zu bauen. Uns hat nach der Insolvenz von Alpine (Juli 2013; Anm. d. Red.), wo wir kurz vor der Unterschrift eines neuen Rathauses standen, einfach der Mut verlassen. Wir müssen jetzt Nägel mit Köpfen machen und keine Schuldzuweisungen ausüben.“ Auf diesen Paukenschlag reagierte Reitsberger und berief um 19.19 Uhr eine fünfminütige Pause für die Fraktionen ein.

Aus den geplanten fünf Minuten wurde schließlich eine Viertelstunde. In der Zeit wurde ein neuer Beschluss provisorisch formuliert, der dann aber nach weiteren zwanzig Minuten Diskussionen wieder verändert wurde. Laut Kast dauern die Planungen eines vernünftigen Konzepts nun mal nicht nur bis nach den Sommerferien im August an, jedoch sollte in der nächsten Gemeinderatssitzung im September ein erstes Finanzierungskonzept stehen, das keine Kosten für Sanierung vorsehen. Im Wortlaut des Beschlusses heißt das dann wie folgt: „Auf die Erstellung eines Sanierungskonzepts für das Rathaus wird verzichtet. Die Verwaltung wird beauftragt bis Jahresende ein Alternativkonzept für ein Rathaus dem Gemeinderat vorzulegen.

Wir können also gespannt sein, wie es weitergeht. Auf jeden Fall aber mit Sofortmaßnahmen für den Brandschutz, die ebenfalls beschlossen wurden und dringend notwendig sind.

Eine mobile Brandmeldeanlage kommt, ebenso eine Geschosstrennung zwischen zweiten und dritten Obergeschoss, die einen Brandüberschlag mit so genannten Rauchvorhängen verhindern soll. Ebenso sollen die Treppen eingehaust und ein zusätzlicher Ausgang dazukommen. Das Ganze soll jedoch unter wirtschaftlichen Vorzeichen geschehen, wie besonders der CSU wichtig war.

Ziel ist es den Personenschutz zu gewährleisten und den Minimalanforderungen der Versicherung gerecht zu werden. Alles Weitere rund ums Rathaus wird nun neu geplant.

Eine wahrhaft kuriose Entwicklung des Themas Brandschutz im Rathaus. Politik kann oftmals zäh sein, aber auch binnen weniger Augenblicke und Wortgefechte einige Veränderungen bewirken. Das hat die Gemeinderatssitzung in Vaterstetten bewiesen. Bleibt zu hoffen, dass nun auch Taten beim Thema Rathaus folgen werden.