Das Parsdorfer Hart soll „zum Schutze der Purfinger“ kein Standort für Windräder werden. Das hat der Vaterstettener Gemeinderat jüngst nach hitziger Debatte mit hauchdünner Mehrheit beschlossen. Auch wenn das Gremium nur Empfehlungen aussprechen kann, das letzte Wort hat der Regionale Planungsverband, kritisierten die Grünen die Entscheidung als „aktive Verhinderungspolitik“ und „fortschrittsfeindlich“. In Grasbrunn dagegen reibt man sich gerade aus anderen Gründen verwundert die Augen. Hier hatte man fast ein Jahr lang vier Konzentrationsgebiete für Windkraftanlagen erarbeitet, die jetzt vom Regionalen Planungsverband offenbar gar nicht berücksichtigt werden. Doch worum geht es eigentlich?
Die Bundesregierung hat sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, durch den Ausstieg aus der Kernenergie und der „Kohleverstromung“, den Anteil an Energiegewinnung aus regenerativen Quellen erheblich zu steigern (Verdoppelung bis 2030) und mittelfristig komplett auf konventionelle Energieerzeugung zu verzichten. Das Hauptaugenmerk soll dabei laut Berliner Ampel auf der Stromerzeugung mittels Windkraft liegen. Zur Beschleunigung des Ausbaus der Windkraft wurde das sogenannte „Wind an Land-Gesetz“ verabschiedet. Dieses Gesetz enthält u. a. verbindliche Flächenzielvorgaben für die Bundesländer. Heißt konkret: Der Freistaat Bayern muss bis 2027 1,1 Prozent und bis 2032 1,8 Prozent der Landesfläche für die Nutzung durch Windkraft zur Verfügung stellen. Die Suche nach geeigneten Flächen wurde auf 18 Regionalplanungsverbände (RPV) delegiert. Im konkreten Fall, also für die Gemeinden Grasbrunn und Vaterstetten, ist das der Regionale Planungsverband München.
Im Juli 2023 hatte man daraufhin in der Gemeinde Grasbrunn 122 Hektar Fläche für Windkraft ausgewiesen, die aber jetzt – völlig überraschend – im Entwurf des Regionalen Planungsverbands nicht als Vorrangflächen auftauchen. Grasbrunns Verwaltung und Gemeinderat fordern mehr Transparenz und die Berücksichtigung ihrer Flächen, um einen Beitrag zur Energiewende und zum Klimaschutz leisten zu können.
In der Gemeinde Vaterstetten gibt es nur wenige Gebiete, die als Suchfläche gelten, eines davon liegt zwischen Weißenfeld und Vaterstetten, ein anderes ist deutlich größer: der Parsdorfer Hart. Um den ging es in der jüngsten Diskussion im Gemeinderat: Denn es ist möglich, „Ausschlussgebiete“, in denen keine Windkraft entstehen darf, auszuweisen. Etwa wenn die Fläche an große Windenergiegebiete anschließt oder besonders belastet ist. Diese Begründung nutzte die Verwaltung. Sie schlug vor, dem Planungsverband, der das letzte Wort bei der Festlegung der Flächen hat, nahezulegen, ob man „zum Schutze der Bürger“ den Parsdorfer Hart als Ausschlussgebiet festlegt.
Nur ein Vorschlag oder das Aus für Windkraft im Parsdorfer Hart? So sehen es zumindest SPD und Grüne. David Göhler (Grüne) kritisierte Bürgermeister Leonhard Spitzauer (CSU) ungewöhnlich scharf: Der Rathaus-Chef betreibe „aktive Behinderungspolitik“. Die Stellungnahme sei ein „Schuss ins eigene Knie“.
Sepp Mittermeier von der SPD betonte, dass man sich mit Tatsachen auseinandersetzen müsse. Die Windräder im Ebersberger Forst, die, nach der Errichtung, sechs Kilometer von der Bebauung entfernt seien, werde „kein Mensch sehen“. Deshalb könne man nicht von einer Beeinträchtigung sprechen. Bei der Windkraft gehe es auch um Einnahmen, der Betrieb würde unter anderem Gewerbesteuer generieren. Kritisiert wurde auch die mangelnde Einbindung von Interessensgruppen wie der 3E-Genossenschaft. Vize-Bürgermeisterin Maria Wirnitzer (SPD) sieht die Entwicklung der Vergangenheit als „Verhinderungspolitik seit Jahren“.
Ihm gehe es um die Bürger in Purfing, erklärte Spitzauer. Und Benedikt Weber (CSU) forderte eine Bürgerversammlung. „Auf die Gesamtbevölkerung muss Rücksicht genommen werden“, nicht nur auf die Purfinger, so Stefan Ruoff (Grüne), der ebenfalls für einen Dialog warb. Zumindest hierüber herrschte Einigkeit. Bei einer Bürgerversammlung im Herbst sollen nun alle Akteure, etwa der AK Energiewende, die 3E-Genossenschaft und auch die Schutzgemeinschaft Ebersberger Forst zu Wort kommen. Stattfinden soll sie vor Ort in Purfing.
Äußerst knapp war letztlich das Abstimmungsergebnis: 14 zu 13 Mitglieder stimmten für die Empfehlung an den Planungsverband, Windkraft im Parsdorfer Hart auszuschließen. Dafür waren Bürgermeister Spitzauer sowie CSU, FDP und Brigitte Wenninger (fraktionslos). Geschlossen dagegen stimmten Grüne, SPD sowie Freie Wähler. Vom Tisch ist das Thema aber noch nicht: Im Rahmen einer offiziellen Anhörung muss sich die Gemeinde demnächst erneut äußern.