„Grüß Gott, Herr Nachbar, was macht der Garten?“ – „Ach ja, der Garten … Fragen Sie lieber nach den Schnecken!“ „Ja ja, die Schnecken, die sind ein Problem … Immer, wenn ich sie fangen will – husch husch, fort sind sie!“ Gewiss ist dieser Witz ein alter Hut. Aber es ist etwas Wahres dran. Zwar sind Schnecken nicht so flink, dass man sie nicht fangen könnte. Doch kaum hat man den ganzen Garten nach ihnen abgesucht und jede Schnecke abgesammelt, rückt schon die nächste Invasion von Nacktschnecken an.
Die Spanische Wegschnecke ist gar nicht aus Spanien
An dieser Stelle sollten ein paar Irrtümer aufgeklärt werden: Seit Jahren wird die Legende von den Gemüsekisten aus Spanien erzählt, in der versehentlich ein paar Nacktschnecken von der Iberischen Halbinsel nach Deutschland gekommen seien und sich hierzulande rasend schnell vermehrt haben sollen. Diese Story ist falsch, hat Prof. Dr. Markus Pfenninger von der Goethe-Universität Frankfurt am Main herausgefunden. Denn diese Schneckenart, die hierzulande oft als „Spanische Wegschnecke“ bezeichnet wird, kommt auf der ganzen Iberischen Halbinsel nicht vor. Es handelt sich bei dieser Schnecke um eine heimische Art, die sich im Laufe der letzten fünf Jahrzehnte von Westeuropa allmählich immer weiter nach Osten ausgedehnt hat. Die Ursache ist in den veränderten Umweltbedingungen zu suchen.
Tigerschnegel statt Weinbergschnecke
Der zweite Irrtum: Der Weinbergschnecke sagt man nach, sie vertilge die Eigelege der Nacktschnecken. – Das tut sie leider nicht! Stattdessen gibt es einen anderen natürlichen Gegenspieler der Nacktschnecken, den Tigerschnegel. Er sieht einer Nacktschnecke ähnlich, ist jedoch grau gefärbt mit schwarzen oder braunen Punkten oder Streifen. Er frisst in der Tat kleine Nacktschnecken. Schonen Sie ihn und freuen Sie sich, wenn Sie ihn in Ihrem Garten antreffen. Ein paar vor sich hinmodernde Holzstücke in einer abgelegenen Gartenecke sind der ideale Unterschlupf für ihn.
Der Igel verschmäht Schnecken – meistens
Irrtum Nummer drei: So liebenswert der Igel ist, Schnecken frisst er nur im Notfall, wenn er seine eigentliche Nahrung, nämlich allerlei Käfer und Würmer nicht findet. Der Verzehr von zu vielen Schnecken kann ihn sogar krank machen.
Ich musste das erst lernen: Eines Abends, es war noch hell, fand ich einen Igel im Garten, der sich zusammenrollte, sobald er mich bemerkte. Allzu gern hätte ich ihn beim Schneckenschmaus fotografiert. Also hob ich ihn auf, legte ihn an eine zum Fotografieren günstige Stelle, sammelte ein paar fette Nacktschnecken und legte sie ihm vor die Nase. – Der Igel rührte sich nicht. Ich ging ein paar Schritte zurück und beobachtete ihn aus der Entfernung. Plötzlich stand er auf den Beinen und rannte davon. Ich folgte ihm und konnte ihn noch ein, zwei Mal mit der Kamera erwischen. Die Schnecken hatte er nicht angerührt. Bald darauf erfuhr ich, dass sich der Igel in der Regel nicht von Schnecken, sondern von Insekten ernährt.
Laufkäfer schützen
Laufkäfer sind nicht nur Nahrung für Igel, sie ernähren sich auch von Nacktschnecken und ihren Eigelegen. Um sie zu schützen, sollte man den Laubsauger aus dem Garten verbannen, denn sie finden Unterschlupf und Nahrung genau unter dem Laub. Schichten Sie das beim Gehölzschnitt anfallende Reisig zu einem Haufen in einer abgelegenen Gartenecke auf. Da kommen beide zusammen: Laufkäfer und mit ein wenig Glück auch ein Igel.
Schneckenkorn ist tabu!
Als Biogärtner verwende ich kein Gift im Garten. Deshalb scheidet Schneckenkorn auf der Basis von Methaldehyd von vornherein aus. Es schadet nicht nur den Nacktschnecken, sondern auch dem Tigerschnegel und nicht zuletzt der Weinbergschnecke – die ist aber eine geschützte Art!
Das angeblich Nützlinge schonende Schneckenkorn auf der Basis von Eisenphosphat trifft leider auch die Weinbergschnecke – das haben Experten der Herstellerfirma dieses Schneckenkorns auf meine Frage zugegeben. Da die Weinbergschnecke jedoch eine geschützte Art ist, die nicht getötet werden darf, müsste meines Erachtens jedes Schneckenkorn verboten werden!
Frieden im Garten!
Manche Gartenfreunde gehen brutal gegen Nacktschnecken vor: Sie zerschneiden sie mit der Schere. Doch die so umgebrachten Schnecken locken andere an: auf eine tote Nacktschnecke kommen garantiert zehn andere zum „Beerdigungsschmaus“!
So verständlich die Wut auf diese gefräßigen Schleimer ist, sollte jeder Gartenfreund darüber nachdenken, was diese brutale Maßnahme mit einem selbst macht. Ich meine, der Garten ist ein friedlicher Ort und er sollte es bleiben.
Barrieren gegen Schnecken
Halbwegs wirksam sind Barrieren um die Beete oder einzelne Pflanzen, die einen besonderen Schutz benötigen: Sägemehl, Kalk oder Gesteinsmehl um einzelne Pflanzen gestreut, helfen nur so lange es trocken bleibt. Schneckenzäune sind gut, wenn sie keine Schlupflöcher aufweisen und weder die Blätter noch die Stängel von Pflanzen ungewollte Brücken über den Zaun hinweg bilden. Dennoch gelingt es immer wieder einzelnen Exemplaren den Schneckenzaun zu überwinden. Auch mit dem Kompost trägt man unbeabsichtigt so manche Schnecke ein. Dennoch helfen Schneckenzäune die Invasionen von Schnecken aufzuhalten.
Vor ein paar Jahren bin ich auf ein Mittel gestoßen, das man wie einen Lack auf eine Unterlage aufträgt (z. B. die Bretter eines Hochbeets). Dieser Auftrag ist so glatt, dass die empor kriechenden Schnecken daran abrutschen. Ich habe extra Holzzargen zum Schutz einzelner Pflanzen angefertigt und mit diesem Mittel bestrichen. So ist es mir gelungen die Engelwurz (Angelica archangelica) sowie die „Lippische Palme“, einen zwei Meter hoch wachsenden Braunkohl aus Norddeutschland zu schützen. Der Nachteil dieses Mittels: Es muss immer wieder einmal neu aufgetragen werden, und es ist ziemlich teuer.
Sie kommen nicht zurück!
Letztendlich sammle ich die ganze Gartensaison hindurch Schnecken ab. Als Hilfsmittel dazu habe ich Bretter als Trittpfade zwischen den Beeten ausgelegt. Darunter verkriechen sich die Schnecken, die ich dann leicht aufspüre, wenn ich die Bretter umdrehe.
„Und was machen Sie dann mit den Schnecken?“, werde ich gefragt.
„Die sammle ich in einem Eimer und trage sie aus dem Garten. Am Rand einer nahe gelegenen Pferdekoppel setze ich sie aus.“
Wenn ich das erzähle, werde ich regelmäßig ausgelacht: „Die kommen doch alle wieder zurück!“, hält man mir entgegen.
„Nein das tun sie nicht!“, antworte ich und verweise auf eine wissenschaftliche Studie aus England, die ergeben hat, dass Wegschnecken, die man weiter als 20 Meter vom Fundort entfernt ausgesetzt hatte, nicht wieder dorthin zurück fanden.
Aber Schnecken habe ich immer im Garten – trotz allem …
Text und Fotos: Wolfram Franke
Buchtipp: Der schneckenfeste Garten
Am besten ist es, wenn im Garten Pflanzen wachsen, die von vornherein von den Schnecken verschmäht werden. Eine Liste von rund 100 solcher Pflanzenarten finden Sie in dem Taschenbuch „Der schneckenfeste Garten“ von Wolfram Franke, erschienen im blv Verlag, 12,99 €, ISBN 978-3-8354-1479-2