Vier Kandidaten, keine Themen

von Markus Bistrick

Mit Thomas Michalka (BFG), Michael Hagen (CSU) und Max Walleitner (Grüne) gibt es nun drei Herausforderer von Amtsinhaber Klaus Korneder (SPD). Auch wenn zumindest Michalka und Walleitner kaum Chancen auf den Thron ausgerechnet werden, könnten die beiden dafür sorgen, dass es in der Gemeinde Grasbrunn zu einer Stichwahl kommt. Und eine Stichwahl hat eigene Gesetze, heißt es. Doch all das ist Zukunftsmusik, jetzt ist erst einmal Wahlkampf. Aber mit welchen Themen? Echte Aufreger gibt es in Grasbrunn nicht. Oder doch? Ein Kommentar von Markus Bistrick.

Noch ist keiner der Kandidaten aus der Deckung gekommen. Das liegt unter anderem sicher daran, dass es in Grasbrunn – anders als in der Gemeinde Vaterstetten – eine Plakatverordnung gibt und Wahlplakate erst sechs Wochen vor der Wahl am 16. März geklebt werden dürfen, wohl aber auch daran, dass es – zumindest aus Sicht der Bürger – keine akuten Probleme gibt. Jedenfalls keine, mit denen man scharenweise Wähler für sich gewinnen könnte. Anders ist es nicht zu erklären, dass SPD, CSU und die BÜRGER FÜR GRASBRUNN (BFG) den längst besiegelten Wegzug der Feinkost-Manufaktur Kugler aus Grasbrunn mit gegenseitigen Schuldzuweisungen zum Thema ihrer jüngsten Postwurfsendungen gemacht haben. Zukunftsvisionen sehen anders aus. Nur zur Erinnerung: Bereits im Oktober diesen Jahres eröffnet Kugler Feinkost den neuen Betrieb in Parsdorf. Fakt ist: Am 14. Dezember 2010 hat sich der Gemeinderat mit einer Gegenstimme grundsätzlich für den Verbleib der Kugler Feinkost GmbH im Gemeindegebiet Grasbrunn ausgesprochen. Trotzdem wurde aber das einzig realisierbare Areal zwischen Grasbrunn und Autobahnring A99 mit 9:11 Stimmen abgelehnt. Dass diese Entscheidung den Wegzug von Kugler Feinkost aus der Gemeinde Grasbrunn besiegeln würde, war allen Gemeinderäten zum Zeitpunkt der Abstimmung unmissverständlich klar. Trotzdem haben sich die Mitglieder der CSU und der FWG sowie Ingrid Röser (damals für Grüne / parteifrei) und Anja Jira (SPD) gegen diesen Standort ausgesprochen.

 

Warum immer wieder Kugler?

Nun wäre das Areal tatsächlich nicht optimal zur Ansiedlung von produzierendem Gewerbe gewesen. Allerdings hatte das Unternehmen mehr als drei Jahre vor dieser Entscheidung bereits den damaligen Bürgermeister Otto Bußjäger und den Gemeinderat schriftlich gebeten Vorschläge für “ein geeignetes Gewerbegrundstück mit rund 20.000 Quadratmetern” zu machen.

Kein Blick ins Archiv, sondern fast druckfrisch: Der Postwurf-Sendungen von CSU, SPD und BFG haben alle ein Thema: Schuldzuweisungen rund um den Wegzug von Kugler Feinkost.
Kein Blick ins Archiv, sondern fast druckfrisch: Der Postwurf-Sendungen von CSU, SPD und BFG haben alle ein Thema: Schuldzuweisungen rund um den Wegzug von Kugler Feinkost.

Auch wenn sich der Gewerbesteuer-Verlust durch den Wegzug in die Nachbargemeinde in Grenzen halten mag, verliert Grasbrunn einen wichtigen Imageträger, großzügigen Sponsor und “nebenbei” rund 300 Arbeitsplätze. Gewerbesteuer im engeren, die Finanzen im allgemeinen Sinne wären übrigens – auch ohne immer wieder den Namen Kugler zu bemühen – durchaus ein spannendes Wahlkampfthema. Die Gewerbesteuer als wichtigste Steuereinnahme einer Gemeinde hat nämlich einen gravierenden Haken – sie ist keinesfalls sicher und unterliegt starken Schwankungen (2009: 4,85 Millionen Euro, 2011: 11,72 Millionen Euro / Zahlen der Gemeinde Grasbrunn). Die Zahlen für 2013 sind noch nicht bekannt, dürften aber ebenfalls bei rund 11 Millionen Euro liegen und damit durchaus stabil bleiben.

Allerdings hat diese Zahl bei genauerem Hinsehen einen Beigeschmack: Denn aktuell ist es nach Informationen von B304.de ein einziges Unternehmen, das durch seinen Geschäftserfolg für rund 40 bis 45 Prozent der gesamten Gewerbesteuer-Einnahmen der Grasbrunn verantwortlich ist. Der Name ist aus sicherlich nachvollziehbaren Gründen nicht bekannt. Ohne viel Fantasie kann aber davon ausgegangen werden, dass es sich dabei nicht um einen in Grasbrunn verwurzelten Handwerksbetrieb handelt, sondern um ein international operierendes Unternehmen mit Sitz im Technopark. Und eben diese sind erfahrungsgemäß so schnell weg wie sie gekommen sind. Kurzum: Es wird höchste Zeit sich Gedanken über die weitere Gewerbeentwicklung und zukunftsfähige Standorte zu machen. Zugegeben, das ist jetzt nicht wirklich sexy und für uns Bürger weniger greifbar als beispielsweise die Schuldiskussion in Vaterstetten, aber nicht minder von Bedeutung. Und darf der Wähler nicht von Politik auch Weitsicht erwarten?

 

“Herbeiführen eines Interessensausgleichs”

Ein zentrales Thema, bei dem sich durchaus die Gemüter erhitzen, sind die Radwege. Also die, die uns fehlen. Hier hat man politisch zwar die Weichen gestellt, gleichzeitig den schwarzen Peter aber den Grundstückseigentümern zugeschoben. Sie wollen nicht zu den Konditionen der Gemeinde verkaufen, heißt es. Doch mit Sozialneid macht man sich das Thema dann doch etwas zu einfach. Wikipedia definiert das Wort “Verhandlung” so: “Als Verhandlung wird die Besprechung oder Erörterung eines Sachverhalts verstanden, die der Herbeiführung eines Interessensausgleichs zwischen mindestens zwei Verhandlungspartnern dient und wobei sich die Parteien durch Interaktion untereinander einen Vorteil gegenüber der aktuellen Situation versprechen.” Die Betonung liegt auf Interessensausgleich. Es sind also dringend Gespräche auf Augenhöhe erforderlich.

Kurzum: Auch in der Gemeinde Grasbrunn gibt es durchaus eine ganze Menge zu tun, auch wenn wir uns allesamt natürlich nicht beschweren können. Doch wer auch immer in den nächsten Gemeinderat einzieht und die Truppe leiten darf, sollte meiner Meinung nach Visionen haben und den festen Willen diese auch umzusetzen. Wir sind gespannt auf die vielen Programme, Flyer und Versprechen, die uns in den kommenden Wochen ins Haus flattern und freuen uns auf eine echte Wahl. Eine Wahl zwischen unterschiedlichen Positionen und keinen Schuldzuweisungen. Spätestens am 16. März wissen wir mehr. Es bleibt also spannend.