Mit einem Handschlag zwischen Bürgermeister Klaus Korneder und Hans Greineder, Vorsitzender des Tennisclubs, endete am gestrigen Dienstag eine knapp zweistündige Debatte im Gemeinderat. Es ging um die Frage, ob die Gemeinde den Bau der rund 1,7 Millionen Euro teuren Tennishalle finanziell unterstützen soll.
Eine festgefahrene Situation
Aktuell befindet sich das Projekt quasi in einem Wartestadium – das sogenannte Bauleitplanverfahren ist bereits weit fortgeschritten, der Plan wurde Ende Juli 2024 vom Gemeinderat festgestellt. Doch bevor dem Landratsamt nun die Unterlagen vorgelegt werden sollen, müssen noch vertragliche Vereinbarungen zwischen Tennisclub und Gemeinde geschlossen werden: „damit der Vorhabenträger TCN auch rechtlich in die Lage versetzt wird, das Vorhaben auch zu verwirklichen“, heißt es auf dem Bauamt. Diese wurden von einer Anwaltskanzlei entworfen. Unterzeichnet wurde bislang ein Vorvertrag zwischen TCN und Gemeinde – darin verpflichtet sich der Club, sämtliche Kosten selbst zu tragen.
Antrag des TSC
„Der TCN beabsichtigt die Tennishalle zu 100% in Eigenleistung zu erstellen“ heißt es auch im Antrag des Clubs. Gleichzeitig schreibt der erste Vorsitzende, Hans Greineder, das Projekt erfordere „nun eine zielgerichtete Unterstützung durch die Gemeinde“. Er beklagt, dass das Verfahren seit 2023 nicht weiter betrieben worden sei.
Konkret forderte der Verein die Übernahme der Bauplanungskosten, inklusive derer für Rechtsberatung. Ebenfalls soll die Gemeinde die Erschließungskosten übernehmen. Zudem soll die Gemeinde mögliche Rückbaukosten selbst übernehmen.
Bürgermeister fehlt „die notwendige Objektivität“
Noch vor der Sitzung wandte sich Grasbrunns Bürgermeister Klaus Korneder (SPD) in einer persönlichen Stellungnahme an den ersten Vorsitzenden des Tennisclubs. Darin bedauert Korneder, nicht zur Mitgliederversammlung eingeladen worden zu sein, trotz mehrfacher Bitte. Er hätte die Diskussion gerne vorab mit den Mitgliedern des Vereins geführt. Leider sei sein Angebot nicht angenommen worden.
Stets habe Greineder in der Vergangenheit erklärt, dass es für den Bau und Betrieb der Halle keinerlei finanzielle Unterstützung durch die Gemeinde brauche. Die Übernahme der Anwalts- und Planungskosten in Höhe von rund 29.000 Euro sei vertraglich vereinbart – trotz Fälligkeit habe der Verein noch nicht gezahlt, betont Korneder.
Der Vorwurf, nicht weiter zu planen, sei unzutreffend. Mit Feststellungsbeschluss vom Juli letzten Jahres sei das Verfahren abgeschlossen, doch müssen noch Vereinbarungen getroffen werden: ein Pachtvertrag, ein städtebaulicher Vertrag sowie ein Erbpachtvertrag. Obwohl der Bürgermeister das Engagements Greineders wertschätze, bat er ihn „für unsere weitere Zusammenarbeit um die notwendige Objektivität“, so der Bürgermeister in seiner Stellungnahme.
Trotz aller Unstimmigkeiten: Korneder äußerte Zuversicht, „dass hier mit etwas Gutem Willen von beiden Seiten einer baldigen Klärung und Abschluss der Verträge nichts mehr im Wege stehen dürfte“.
Großes Besucherinteresse
Das große Interesse am Thema zeigte sich auch an der Zahl der Besucher der Gemeinderatssitzung, zu der Hans Greineder als Gast geladen war. Der Verein legte den Gemeinderäten ein 28-seitiges Handout vor.
Korneder betonte, der Antrag des Tennisclubs erwecke den Eindruck, dass die Gemeinde keinerlei Unterstützung leiste – seit 20 Jahren nutze der Verein aber „nahezu unentgeltlich“ fast 10.000 Quadratmeter Fläche. Schon beim Bau der alten – unwirtschaftlichen – Traglufthalle gab es eine „durchaus größere Unterstützung“ in Höhe von 174.000 Euro, so der Bürgermeister. Der jetzt gültige Aufstellungsbeschluss sei unter der Bedingung gefallen, dass sich die Gemeinde finanziell nicht an den Baukosten beteiligen muss.
„Sonst wäre das Ding gestorben“
Der Vereinsvorsitzende sprach davon, den Vorvertrag, in dem festgelegt wurde, dass die Gemeinde keinerlei Kosten trage, „in notgedrungener Weise“ unterschrieben worden sei, denn sonst „wäre das Ding gestorben“. Doch die damals antizipierten Planungskosten weichen von den damaligen Schätzungen ab, so Greineder. Mit zwanzig- bis dreißigtausend Euro Planungskosten habe man „wenigstens mal eine Größenordnung gehabt“. Umso überraschender kam dann eine Rechnung über Anwaltskosten in Höhe von 30.000 Euro. Diese Kosten sind dem Verein ein besonderer Dorn im Auge: „da müssen wir schauen, wie wir weiter kommen; das nimmt kein Ende“, so Greineder.
Der „Verein zahlt schon“
Der Vorsitzende beklagt die hohe Stundenzahl der Anwaltskanzlei – 51 Stunden seien bislang für die Ausarbeitung der Verträge in Rechnung gestellt worden. „Wir bezahlen den ganzen Wahnsinn“, klagt Greineder. Unter anderem Anrufe bei anderen Anwälten zur Klärung von Rückfragen seien in Rechnung gestellt worden. Das sei „ein Unding“. Auf die erhaltenen Rechnungen habe der Verein „keinerlei Einfluss“. Er sprach von „keinem guten Stil“, wenn nach dem Motto „der Verein zahlt schon“ gehandelt werde.
Kein Problem scheint der Verein hingegen mit den Planungskosten zu haben: „die Kosten wurden so prognostiziert“, heißt es im Handout.
Löschwasserversorgung großer Kostenfaktor
Wie hoch die möglichen Auswirkungen der Kostenübernahme sind haben sowohl Verein als auch die Kämmerei berechnet – mit teils großen Unterschieden. Bei der Übernahme der Erschließungs- und Kompensationskosten geht der Kämmerer von mindestens 400.000 Euro Auswirkungen auf – 250.000 Euro sollen auf die Löschwasserleitung entfallen, für die Ausgleichsflächen fallen 87.000 Euro an.
Der Verein rechnet hingegen mit geringeren Erschließungskosten: 17.700 Euro, plus Kompensationskosten von 30.750 Euro für die Versetzung eines Sichtwalls und 4300 Quadratmeter Wiese als Ausgleichsfläche. Nicht enthalten in der Kalkulation des TCN sind die Kosten für die Löschwasserversorgung: „da bin ich überfordert“, so Greineder.
Rückstellungen für den Rückbau
Ein großes Problem für den Verein sind die Rückbaukosten: Der Vertragsentwurf der Gemeinde sieht vor, dass der TCN die Rückbaukosten für das gesamte ihm überlassene Gelände übernehmen soll, nicht nur die neuen Flächen. „Das ist einfach falsch“, so Klaus Korneder, der hier einen Fehler im Nutzungsvertrag einräumte. Die vom Verein zu tragenden Rückbaukosten sollen sich nur auf die neue Halle beziehen. Auch hier gibt es abweichende Kalkulationen: die Kämmerei schätzt einen heutigen Abbruch auf 220.000 Euro. Der Verein geht von lediglich rund 45.000 Euro aus. Diese Summe beruht auf einem Angebot einer Abbruchfirma.
„Mehrwert für die Gemeinde“
Paul König (CSU), selbst Mitglied des Vereins sprach von einem riesigen Mehrwert für die Gemeinde. Eine mögliche Förderung des bayerischen Landes-Sportverbandes in Höhe von 360.000 Euro bezeichnete er als „Gamechanger“. Die Halle stehe allen Bürgern offen, nicht nur Vereinsmitgliedern. König appellierte dafür, dem Verein als „reiche Gemeinde“ entgegen zu kommen, etwa bei Rückbau. Die Forderung, eine Sicherheitsleistung bar zu hinterlegen mache die Finanzierung kaputt.
Max Walleitner (Grüne) schloss sich den Ausführungen Königs prinzipiell an. Dass die Erschließungskosten nun mehr als das Zehnfache wie geschätzt betragen, darüber sei Walleitner „mehr als erstaunt“, im Gespräch seien immer 30.000 Euro gewesen. Der Gemeinderat schlug einen Kompromiss bei den Anwaltskosten vor: Der Verein trägt einen fixen Anteil der Kosten, den darüber hinausgehenden Teil soll die Gemeinde bezahlen, da der Rahmen vorher nicht abgesteckt war. Hinsichtlich der Rückbauverpflichtung schlug der Grüne vor, die Klausel der Barsicherheit zu streichen.
„Ich hoffe, ihr macht weiter“
Hannes Bußjäger (FW) kann sich die hohen kalkulierten Anschlusskosten für die Wasserversorgung nicht erklären. Es gäbe auch Lösungen, die kostentechnisch „wesentlich darunter“ lägen. Er hofft auf eine Umsetzung des Vorhabens: „ich hoffe ihr macht weiter“.
Transparenz gefordert
„Am Ende des Tages möchte ich wissen, welche Kosten für die Gemeinde anfallen“, so Dieter Schuster (SPD). Geringe Kosten seien an sich Problem. Doch der Antrag des TCN kam „schon überraschend“. Schuster erklärte, damals zugestimmt zu haben, da keine Kosten auf die Gemeinde zukommen sollten.
Schusters Fraktionskollegin Julia Blanck betonte, „so ein Riesenprojekt sollte auf breiten Füßen stehen“. Weitere Verzögerungen täten niemandem gut. Blanck sei wichtig, eine verantwortungsbewusste Entscheidung treffen zu können.
„Frage der Prioritätensetzung“
Immer wieder gehe es um „100% Eigenfinanzierung“, doch schon bei Zwanzig- bis Dreißigtausend Euro Anwaltskosten komme ein Problem auf – „das hat mich irritiert“, beklagte Gemeinderat Thomas Michalka. Wer 100 Prozent Eigenfinanzierung sage, „der zahlt auch“. Die Gemeinde habe enorme Investitionskosten, was sie unterstützt sei eine „Frage der Prioritätensetzung“. Und wenn die Mittel knapp seien, müsse man „den Gürtel enger schnallen“, so Michalka. Beim Bau der Traglufthalle habe der Verein in seiner Kommunikation „mit keinem Wort“ die Unterstützung der Gemeinde erwähnt, wie in den Grasbrunner Nachrichten von damals nachzulesen sei. Das sei ein „sehr ungeschicktes Verhalten“, ein „kurzes Wort des Dankes“ sei angebracht.
Unterstützung beschlossen
Der Antrag, sämtliche Planungs- und Anwaltskosten zu übernehmen, wurde mit 6:12 Stimmen abgelehnt. Der Kompromiss, die Rechtsberatungskosten auf 20.000 Euro zu deckeln, fand große Zustimmung (17:1, Gegenstimme Michalka).
Keine Beteiligung wird es an den Erschließungs- und Kompensationskosten geben. Weder in unbegrenzter Höhe (3:15 Stimmen), noch auf einen Festzuschuss von bis zu 100.000 Euro, hier entschied sich eine knappe Mehrheit (10:8) gegen eine Unterstützung.
Die Rückbaukosten zu übernehmen lehnte der Gemeinderat mehrheitlich ab, jedoch kann auf eine Barsicherheit verzichtet werden – stattdessen soll der Verein Rückstellungen bilden, wie es etwa bei Windkraftprojekten üblich ist. Gegen diesen Punkt stimmte Thomas Michalka, für den das Ertragsrisiko ein „Hochrisiko“ sei. Bürgermeister Korneder antwortete, er bemühe sich, einen Kompromiss zu finden.
Zuversicht bei den Beteiligten
Man habe schon in der Vergangenheit sehr wohlwollend gegenüber dem TCN beschlossen und sei auch jetzt nicht in der Position, das Borhaben zu behindern, so Stephanie Zirngiebl vom Bauamt. Für den Fortschritt ist jetzt ein Mitglieder- oder Vorstandsbeschluss zur Finanzierung notwendig, diese Auflage wurde mit 17:1 Stimmen vom Gemeinderat beschlossen.
Eine solche außerordentliche Versammlung kündigte Hans Greineder an – zunächst sollen offene Fragen geklärt werden. Dann sei man „zuversichtlich, dass die Abstimmung so verläuft“, dass das Projekt umgesetzt werde.
Von den 1,8 Millionen Euro Baukosten sollen rund 24% aus Eigenkapital stammen, der Rest soll durch einen Zuschuss des Bayerischen Landes-Sportverbandes in Höhe von 360.000 Euro und einer Bankfinanzierung finanziert werden. Der Verein erwartet „planbare und stabile“ Einnahmen. Die Halle soll sich nach kurzer Zeit selbst tragen.
Nach den Beschlüssen zeigten sich der Bürgermeister und der Vereinsvorsitzende versöhnlich: „ich wünsche euch von Herzen alles Gute“, so der Bürgermeister zu Greineder. Mit den Beschlüssen „haben wir eine Basis“, entgegnet der Vorsitzende. Die Umsetzung des Projekt liegt nun in der Hand der Mitglieder und deren Zustimmung zur Finanzierung.
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