Selbst schuld

von Leon Öttl

Nach dem Verlust von rund 5,5 Millionen Euro Steuergeld durch die Pleite der Greensill-Bank im Jahr 2021, hat das Vaterstettener Rathaus nun eine schwere Niederlage vor dem Bundesgerichtshof kassiert. In letzter Instanz wurde eine Schadenersatz-Klage der Kommune gegen ihren ehemaligen Anlagevermittler abgewiesen – und, vor allem: die Kämmerei der Gemeinde haben die Karlsruher Richter mit deutlichen Worten in die Pflicht genommen. Außerdem sind weitere 130.000 Euro Steuergeld futsch, dieses Mal für Gerichts- und Anwaltskosten.

Bei der Anlage von gemeindlichen Rücklagen hatte sich die Kämmerei von einer privaten Finanzdienstleistungsfirma aus dem Münchner Süden beraten lassen. Dem Anlagevermittler warf die Gemeinde in der Folge vor, dass er das Rathaus nicht rechtzeitig vor der Schieflage bei Greensill gewarnt habe und klagte auf Schadenersatz. In den ersten beiden Instanzen bekam die Gemeinde Recht und eine Million Euro Schadenersatz zugesprochen.

Doch der Anlagevermittler ging in Revision und bekam in letzter Instanz Recht. Der Bundesgerichtshof wies die Schadenersatzklage der Gemeinde vollumfänglich ab. In der Urteilsbegründung heißt es, dass der Vermittler das Rathaus über das Rating der Bremer Bank informiert und damit seiner Pflicht genüge getan habe. Denn eine Gemeinde mit eigener Kämmerei sei ein „geschäftserfahrener Anlageinteressent“. Nur, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine negativere Einschätzung vorliegen, wäre der Vermittler zu weiteren Ermittlungen verpflichtet gewesen.

Die Einstufung der Bank, die sich Ende 2020 von A- auf BBB+ verschlechterte, sei der Gemeinde in mehreren E-Mails genannt worden. Dass die Bedeutung der verschiedenen Rating-Grade den Anlageentscheidern bewusst ist, davon könne der Finanzvermittler ausgehen, so Karlsruhe. Eine fachkundige Beurteilung durch den Vermittler selbst sei nicht geschuldet. Sprich: Ob man investiert oder nicht, das sei alleine „Sache der Klägerin“, also Vaterstettens. Konkret formuliert: Die Gemeinde ist selbst schuld.

Bleibt nur noch die Hoffnung auf Geld aus der Insolvenzmasse – oder ein Verkauf der Forderung, wie es andere Kommunen bereits getan haben. Neben den Anlageverlusten muss Vaterstetten nun aber erstmal die Gerichts- und Anwaltskosten tragen: 50.000 Euro übernimmt die Rechtsschutzversicherung, rund 130.000 Euro muss die Gemeinde selbst bezahlen.

Im Sinne der Steuerzahler und nicht zuletzt vor dem Hintergrund der äußerst angespannten Finanzlage sollte man in Vaterstetten bei Finanzaktionen künftig etwas mehr Sorgfalt walten lassen.