Schätze im Boden

von Leon Öttl

Beim Geothermieprojekt ist der erste sichtbare Schritt getan – erste Erdhügel sind am Bohrfeld nahe der Autobahn zwischen Vaterstetten und Weißenfeld zu sehen. Ein Teil des Feldes befindet sich auf einem Bodendenkmal – einer Siedlung der „vor- und frühgeschichtlichen Zeitstellung“, samt Grabhügeln. Doch was genau verbirgt sich unter der Erde? Wir haben uns erkundigt. 

Für die ersten Arbeiten entschied man sich, um Verzögerungen zu verhindern. Denn  „bevor wir in die Tiefe bohren können, müssen wir erst einmal den Oberboden nach Zeugen unserer Vergangenheit absuchen“, sagt Vaterstettens Bürgermeister Leonhard Spitzauer (CSU). Einschränkend kommt die Vogelschutzzeit hinzu, zwischen März und September sind keinerlei Arbeiten möglich. 

Doch was verbirgt sich unter der Erde? Konkrete Funde gab es in der Vergangenheit nicht. Dass sich Grabhügel im Boden befinden, legen Luftbildaufnahmen nahe. Anfang der 1990er stellte man anhand unterschiedlicher Farbgebung im Feld fest, dass sich an der Autobahn Grabhügel befinden. Und wo Gräber waren, lebten oft auch Menschen. In Vaterstetten sind auf den Luftbildern „Pfostenstellungen und Gruben“ erkennbar, so Lea Kramer, Pressesprecherin des Landesamtes für Denkmalpflege. 

Zwar reicht der ausgewiesene Denkmalbereich nur teilweise in das Bohrfeld hinein, doch die Ausdehnung sei nicht abschätzbar, weshalb nun die kompletten Arbeiten archäologisch begleitet werden. Eine Vorsichtsmaßnahme. Damals, beim Bau der Raststätte, hätte man nicht so besonnen gehandelt und das Bodendenkmal „unbeobachtet überbaut“ – auf der Fläche befindet sich heute der Parkplatz der Rastanlage.

Aus welcher Epoche die Grabhügel stammen, ist nicht bekannt, sagt Ulrich Schlitzer von Planateam Archäologie, der die Arbeiten betreut. Möglich wäre, dass die Gräber aus der Bronzezeit stammen. In Poing fand man beispielsweise ein Grab aus der Spätbronzezeit (etwa 1300 vor Christus). Da man bisher nur anhand der Luftbilder auf die Gräber schließt, ist nicht klar, wann an der Autobahn gesiedelt und begraben wurde. „Es könnte vieles rauskommen“, so Schlitzer. Grabhügel habe es in verschiedenen Epochen gegeben. 

In der Archäologie unterscheidet man zwischen einem Befund und Fund. Befunde, das sind beispielsweise Verfärbungen im Schotter, die zum Beispiel auf Brunnen hindeuten. Wahrscheinlich wäre beim Befund eines Grabhügels ein dunkler Ring im Schotter – ein Kreisgraben. Diese Gräben stellten eine Barriere zwischen Leben und Tod dar. Konkrete Funde sind Material, etwa Schmuckstücke, Keramik oder Werkzeuge. So kann eine einzelne Fundstelle dazu beitragen die Besiedlung Bayerns besser zu verstehen.

Eine „Dicke Denkmallage“ wäre für das Geothermieprojekt das „Worst-Case-Szenario“, denn dann müssten Grabungen durchgeführt werden, die wertvolle Zeit kosten. Der neuralgischste Bereich, der sich in der Denkmalfläche befindet, wurde bereits abgesucht – und es gibt „überhaupt keinen Hinweis“ auf Zeugen der Vergangenheit im Boden, so der Archäologe. Für die Geothermiegesellschaft die „allerbeste Nachricht“, denn eine Verzögerung könnte den ohnehin ambitionierten Zeitplan, bereits 2025 in die Erde zu bohren, gefährden. Auch, wenn ein Fund aus archäologischer Sicht spannend wäre. „Man findet gerne was“, so Schlitzer. Ab Oktober, wenn die Arbeiten fortgesetzt werden, wäre ein Fund noch möglich.