„Nicht nur reden, sondern etwas tun”

von Markus Bistrick

Interview mit Hans-Joachim Purde von der Eigene Energie Genossenschaft (3 EeG)

Herr Purde, eine aktuelle Frage vorab: Das Heizungsgesetz wird wohl abgeschafft –  ist die Energiewende damit passé ?

In den Wahlprogrammen lesen wir diese Forderung nach Abschaffung tatsächlich. Es gilt aber weiterhin, dass unsere Wärmeversorgung einen wesentlichen Anteil an den CO2-Emissionen hat. Es steht auch in Wahlprogrammen, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien weiter beschleunigt werden muss. Und das gilt ganz besonders auch für die Wärmeversorgung, weil dort aufgrund des technischen Fortschritts ein großes Einsatzpotenzial für Erneuerbare Energien liegt.  Die Energiewende ist also nicht passé. Sie ist weiterhin notwendig, um die katastrophalen Auswirkungen des Klimawandels einzudämmen. Die technischen Lösungen sind verfügbar und warten nur noch auf ihren optimalen Einsatz.

Unsere Gemeinde ist schon auf einem sehr guten Wege mit der Wärmegewinnung aus Geothermie. Strom aus PV und Windenergie sind die perfekte Ergänzung und machen die Sache rund. Mit Strom geht (fast) alles, und hier hat sich die 3EeG auch aktuell und fürs Erste engagiert.

Sie haben sich seit nunmehr zwölf Jahren für die 3EeG engagiert. War das eine gute Zeit?

Als Ingenieur sucht man zielorientiert Problemlösungen. Das haben wir schon vor 18 Jahren auf dem Gebiet der Erneuerbaren Energien als Arbeitskreis Energiewende Vaterstetten praktiziert, in dem wir der Gemeinde und den Bürgern geeignete technische Lösungen für die Umstellung auf Erneuerbare Energien empfohlen haben.  Als Ingenieur ist man aber auch auf die praktische Umsetzung von Ideen fixiert. Es war ein Glücksfall, dass sich eine kleine Gruppe zusammenfand, nicht nur aus unserem Arbeitskreis sondern auch von Gleichgesinnten aus den beiden Gemeinden Vaterstetten und Zorneding, die gemeinsam Projekte zur Bekämpfung des menschengemachte Klimawandels umsetzen wollten. Das ist dann auch mit der 3E-Genossenschaft gelungen: Nicht nur reden, sondern etwas tun und Projekte verwirklichen. Der Erfolg, zusammen mit vielen Gleichgesinnten erarbeitet, bringt der ehrenamtlichen Tätigkeit dann auch die notwendige Freude. Wer diese Freude mit uns genießen will, ist herzlich eingeladen, bei uns an neuen Projekten mitzuarbeiten. Wer Gutes für das Gelingen der Energiewende tun möchte, kann als Mitglied und über gesonderte finanzielle Einlagen mithelfen, die Voraussetzungen für die Umsetzung der Projekte zu schaffen.   

Was bedeuten denn die Aktivitäten der bestehenden Genossenschaften im Landkreis (und hier in Vaterstetten) für die Bürger?

Für die Bürger im Landkreis drücken wir aus, dass wir in einer Gemeinschaft durch Umsetzung technischen Fortschritts möglichst viele regenerative Ressourcen nutzen wollen, um den CO2-Ausstoß zu verringern, im Einklang mit Natur und Umwelt. Mit dem „Wir“ können wir alle gewinnen. Es gibt dafür schon unzählige Beispiele im Landkreis von der gemeinsamen Gebäudesanierung durch Nachbarn einer Reihenhauszeile über die Einrichtung von Ladestationen in einer Tiefgarage durch die Eigentümergemeinschaft bis hin zu größeren Genossenschaften und Projektgesellschaften, die sich der Strom-erzeugung aus regenerativen Quellen gewidmet haben. Bei Letzteren ist zunehmend Windenergie im Fokus.

Regenerative Stromerzeugung hat einen immer noch steigenden Bedarf. Besonders in Süddeutschland können Stabilität und Wirtschaftlichkeit der Stromversorgung durch verstärkten Ausbau regenerativer Quellen, gepaart mit ausreichenden Speichern, verbessert werden. Wir können dazu einen spürbaren Beitrag leisten, am besten in neuen oder schon bestehenden Gemeinschaften. Wir von der 3E-Genossenschaft gehören dazu. Das Potenzial von Wind und PV ist zur Genüge vorhanden.

Von unserer Region zum „Großen und Ganzen“: Wird die Energiewende einen wirtschaftlichen Nutzen hier bei uns in Deutschland bringen?

Eine gelungene Energiewende wird überall enorme wirtschaftliche Vorteile bringen, wenn man den Aufwand für ihr Gelingen vergleicht mit den bei weitem noch nicht vollständig abgeschätzten Kosten für die Beseitigung der Schäden bei einem „Weiter so“.

Die Frage zielt aber wohl mehr auf die Übergansphase, in der wir uns gerade befinden. Dazu kurz: Ja, ich bin überzeugt, dass Europa, speziell Deutschland, sich mittels einer konsequenten Konzentration auf erneuerbare, wirtschaftlich sehr günstige Energie eine exzellente Zukunft schaffen kann. Es bedeutet aber Aufgeschlossenheit für Neues und intelligente Umsetzung. Die Konkurrenz der fossilen Energieträger ist immer noch groß, daher sind Kapital, viel Fleiß und Arbeit nötig. All das sei uns bewusst. Mein Apell dazu: Gemeinnutz vor Eigennutz – das gilt im Großen für die Politik genauso wie auch im Kleinen. Vor der Haustür geht es gemeinsam schon ganz gut, wie unsere Beispiele zeigen. Hier kann man ausnahmsweise mal sagen „Weiter so“. Warum erzeugen wir den Strom für unsere E-Autos nicht über dem gemeinsamen Garagenhof? Es ginge, wenn man sich einig wäre!

Danke für das Gespräch.