Ein Neujahrsempfang hat hohe Bedeutung für die Träger, Entscheider, Vorsitzende, Gemeinderäte, Vorstände von Vereinen, einfach die Köpfe von wichtigen Institutionen einer Gemeinde. Und die haben sich am Sonntag (17.1.) in dem Pfarrsaal von St. Bonifatius in Haar getroffen und lauschten den Worten des Pfarrers und Haars Bürgermeisterin….
Im gut gefüllten Pfarrsaal St.Bonifatius begrüßte Pfarrer Markus Bittner die Gäste, die leider stehen mussten. Auf die Schnelle konnten noch einige Stühle für die Älteren und Schwangeren organisiert werden. Der Pfarrer berichtete in seiner Rede von den wichtigsten Ereignissen und dramatischen Tagen des vergangenen Jahres (Flugzeugabstürze, Terroranschläge, Konflikte im Nahen Osten). Er wünschte den Anwesenden für das neue Jahr wenig negative Erlebnisse, Frieden im privaten Bereich und das wir immer daran glauben müssen, das das Gute gewinnen wird, auch wenn es manchmal etwas länger dauert.
Gespannt warteten die Anwesenden auf die Rede von Haars Bürgermeisterin Gabriele Müller. Nach der Begrüßung der Gäste, auch ihr Amtsvorgänger, Altbürgermeister Helmut Dworzak war mit Familie da, begann sie: „Weihnachten und Silvester haben Sie hoffentlich gut hinter sich gebracht, also bei mir ist nicht so richtig Weihnachtsstimmung aufgekommen, dafür war das Wetter zu schön!“
Eine Neujahrsrede gibt immer die Gelegenheit für einen Blick nach vorne, aber auch für einen zurück, deshalb erinnerte sie zunächst global an die Krisen des vergangenen Jahres. An Griechenland oder die Diskussion, ob die Briten die EU verlassen oder nicht. Die Anschläge und Drohungen der Terrormiliz IS mit den schrecklichen Attentaten in Paris und jüngst in Istanbul. Sie warnte: „Die Bedrohung kommt näher und wir müssen uns an verstärkte Sicherheitsmaßnahmen in unserem öffentlichen Leben gewöhnen“ und betonte “wie gut sich die Münchner Polizei bei der Sperrung des Hauptbahnhofs in der Silvesternacht verhalten hat, vor allem wie ruhig und besonnen die Polizisten reagiert haben”. Nicht fehlen durfte natürlich auch das Thema: Flüchtlinge. Die Konfliktregion Naher Osten, mit den Spannungen zwischen Saudi-Arabien und Iran und natürlich dem seit 2011 dauernden Bürgerkrieg in Syrien führe weiterhin dazu, das die zivile Bevölkerung ihre Länder verlassen und den Weg nach Europa, nach Deutschland suchten, sagte Müller und spannte damit den Bogen zum Gemeindeleben.
Flüchtlingsaktion 2015 in Haar
In Deutschland würden die Flüchtlinge willkommen geheißen und der Landkreis habe bewiesen, wozu er in der Lage sei, sowohl humanitär als auch organisatorisch, so Müller. Flüchtlinge wurden in Keferloh in den ehemaligen Tennishallen und in Aschheim in leerstehende Gewerbeflächen untergebracht. “Zahlreiche freiwillige Helfer, wie die Feuerwehren, das THW und ehrenamtlich Organisierte haben Unglaubliches geleistet und leisten es immer noch.” Ein Spendenaufruf hatte in Haar innerhalb weniger Stunden eine ganze Halle mit Kleidung gefüllt und die freiwilligen Helfer waren an manchen Tagen so zahlreich, das sie gar nicht mehr eingeteilt werden konnten. Per Gemeinderatsbeschluss hat die Koordination jetzt vollständig das Rathaus übernommen und es wurde dafür personell aufgestockt. Die Rathauschefin betonte die gute Einstellung und das persönliche Engagement des Münchner Landrats Christoph Göbel, der sich der Flüchtlingsaufgabe gestellt habe und bemüht sei, gute Lösungen zu suchen und auch zu finden. „Das Thema Flüchtlinge wird uns weiter beschäftigen, aber es polarisiert, im Freundeskreis und in der Politik“.
Köln und seine Folgen
Die Vorgänge in Köln und in der Silvesternacht erschwerten die Flüchtlingsarbeit, sagte die Haarer Rathauschefin. “Kein Generalverdacht auf Flüchtlinge. Keine Gewalt gegen Frauen, das geht gar nicht und auch nicht gegen Männer und Kinder. Die Würde des Menschen ist unantastbar, das steht im Grundgesetz”, so Müller wörtlich. Mit diesen Vorfällen sei die Anforderung nach mehr Polizeischutz und mehr Überwachung lauter geworden. Der Ruf nach der Polizei werde grösser, aber leider wurde zurückgespart. “Man erinnere sich nur, dass die Polizeistation Vaterstetten geschlossen wurde und jetzt von der Polizei Poing aus die Region betreut wird. Ich erinnere an die jahrelangen Rufe unseres SPD-Landtagsabgeordneten Peter Gantzer, der sich für die Verstärkung der Polizei eingesetzt hat.”
Flüchtlingsthema in Zukunft
Flüchtlinge zu integrieren und sie in die Wirtschaft durch Arbeit einzubinden, davon werde ihrer Meinung nach langfristig die Wirtschaft profitieren. Diese Aussage sorgte für Applaus. Und noch ein Bereich werde laut Müller von den Flüchtlingen profitieren: Der soziale Wohnungsbau, “sträflich vernachlässigt in den vergangenen Jahren”. Sie mahnte aber, das es bei diesem Thema nicht zu einem Rennen “arm gegen arm” kommen darf. Flüchtlinge führten uns raus aus unserer Komfortzone. Die Realität sehe für die Gemeinde vor, laut Statistik des Landratsamts, weitere 540 Menschen aufnehmen zu müssen. Doch zunächst ziehen Ende Februar die 300 Männer aus der Turnhalle des Ernst-Mach-Gymnasiums in die Traglufthalle und in der Brunnerstraße kommen weitere 96 Flüchtlinge unter. Weitere Ideen für Unterkünfte sind der Umbau von Gewerbeobjekten und ein Containerdorf, was sicher keine optische Bereicherung für das Ortsbild sei.
Ausbau der Schulen
Als ehemalige Lehrerin hat die Rathauschefin hier ihr Lieblingsthema. Das bayerische Kultusministerium hat eine Realschule mit FOS/BOS schon 2015 genehmigt und Haar soll einen Standort suchen. Aber nur 216 Haarer Kinder besuchen derzeit eine Realschule, also müssten viele Kinder aus anderen Gemeinden nach Haar in die Realschule kommen. Außerdem müsste die Gemeinde 70 Prozent der Kosten tragen. „Da ist es mir lieber erst mal unsere Pflichtaufgabe Grundschulausbau zu erfüllen, denn zwei große Schulprojekte packen wir nicht“, meinte Müller und kam zu ihrem Lieblingsthema: der Jagdfeldschule inklusive neuer Turnhalle.
„Bezahlbares Wohnen“
Für die Bebauung des gemeindlichen Grundstücks an der Katharina-Eberhard-Straße wird derzeit ein Finanzierungsmodell entwickelt und „ich möchte diese Wohnungen am liebsten an Haarer vergeben“. Weitere gemeindeeigene Wohnungen werden an der Herzogstandstraße entstehen und der umstrittene Jugendstilpark werde ja dann auch mal loslegen, Müller schätzt so Ende 2017.
Haar setzt auf E-Mobilität
Im Gemeinderat ist ein Zuschuss für 2 Elektroautos für den Pflegedienst der Nachbarschaftshilfe genehmigt und ein E-Auto wurde bereits im Bauhof angeschafft. Der Seniorenfahrdienst startet jetzt mit einem Elektroauto, wobei im Rathaus angerufen werden kann und für kleines Geld zum Arzt oder Einkaufen gefahren wird. „Frau Müller, fahren Sie uns auch wieder zurück“, fragte eine ältere Dame auf einer Seniorenveranstaltung.
Mit einem Aufruf an die Anwesenden, weiterhin ihren Beitrag zu leisten, egal in welcher Gemeinschaft der einzelne aktiv ist und Gutes für Haar zu tun, endete die Bürgermeisterin ihren Vortrag und zitierte dieses mal nicht den Papst Franziskus sondern den Beatle John Lennon: “Let´s hope it’s a good one, without any fear! (Hoffen wir das es ein gutes wird, ganz ohne Angst)”
Ehrung von Brigitte Ziegler
Mit der Goldenen Ehrennadel würdigte der Gemeinderat die Leistung von Brigitte Ziegler, die mit viel Engagement und politischer Überzeugungsarbeit das Familienzentrum Haar (FAM) gegründet hat. Ihr großes Anliegen war immer die Fähigkeiten der Frauen zu stärken und zu fördern. Viele Funktionen in Haar sind durch Frauen besetzt, auch Dank Unterstützung und Ermutigung durch Frau Ziegler. Selbst die heutige Bürgermeisterin erinnert sich noch an ihre Besuche im FAM. In einer bewegenden Rede bedankte sie sich bei Mitstreiterinnen, dem Altbürgermeister, dem Gemeinderat, bei allen anonymen Begleitern und vor allem bei ihrer Familie. Vor kurzem hat sie beim Aufräumen einen handgeschriebenen Zettel gefunden „Ein Traum für ein Haus für Haarer Familien“. Jetzt ist es Wirklichkeit und eine geliebte und viel genutzte Einrichtung in Haar.
Für die musikalische Unterhaltung sorgte die Kirchenmusikerin Alexandra Schlotterer, vom Pfarrverband Haar, die am Klavier zwischen den Ansprachen klassische Musikstücke und zum Abschluss der Rede der Bürgermeisterin passend zum John Lennon Zitat „Yesterday“ spielte. Sehr berührend und im Raum war es absolut still.