Ein lauer Samstagabend im September, rund 4.000 Menschen feiern in einer Kiesgrube in München Moosach, die Handys hochgereckt, Gejohle, Drohnen surren durch die Luft, Blitzlichtgewitter. Auf der Bühne steht: Naomi Campbell, live, nicht auf dem Laufsteg, sondern zum ersten Mal als DJane. Dass das Top-Model überhaupt in München ist, grenzt an dem Abend für viele an ein Wunder. Ganz besonders für Elisabeth „Lisa“ Schmidt aus Neukeferloh, die, zusammen mit ihrem Freund Youness Haberland, den Stein ins Rollen gebracht hat.
Es gibt Momente, da merkt man: Man steht am Anfang von etwas Großem. Man hat eine Idee, eine verrückte Vorstellung – und plötzlich wird daraus Realität, schneller, aufregender, als man es je für möglich gehalten hätte. So ähnlich war es auch bei Elisabeth Schmidt, Kunstlehramtsstudentin aus Neukeferloh. Eigentlich wollten die 24-Jährige und ihr Freund Youness (25) einfach nur „coole After Work Partys machen“. Wie es dann dazu kam, dass schließlich keine geringere als Naomi Campbell wegen den Beiden nach München kam, erzählt sie B304.de im Interview.
Zuerst waren es kleine Partys mit Freunden, dann kam eins zum anderen: „Ein leerer Raum, ein bisschen Technik, Flyer am Handy entworfen, Social Media wurde improvisiert“, erzählt Lisa. „Ich habe mir vieles Schritt für Schritt selbst angeeignet, es war alles neu für mich.“ Im März 2024 gründete sie dann mit Youness, BWL-Student aus Waldtrudering, die Marke „YE Munich“, eine Kombination aus ihren beiden Initialen. Für das Logo wurde aus dem „Y“ passenderweise ein Champagnerkelch. Die beiden haben sich übrigens, wie könnte es anders sein, in einem Club kennengelernt. „Youness ist ein hochkreativer Kopf, er liebt das Risiko und neigt zum Größenwahn“, schwärmt Lisa in den höchsten Tönen.

„Am Anfang war es nur ein Gedanke, ein Experiment, eigentlich eine Schnapsidee“, gibt Lisa lachend zu. „Wir wollten etwas machen, das man nicht vergisst. Und haben gewitzelt: „Stellt euch mal vor, wir buchen Naomi Campbell!“ Dann haben wir einfach gesagt: „Warum versuchen wir das nicht einfach?“, erinnert sie sich.
YE Munich ist inzwischen eine feste Größe in der Partyszene – von München über Kitzbühel bis nach Ibiza. Mittlerweile gibt es neben Lisa und Youness auch ein eigenes Büro mit einem 8-köpfigen Team aus Studenten für DJ Booking, Finanzen, Marketing, die ihre Fühler nach Trends auf der ganzen Welt ausstrecken. Von der „After Wiesn“ bis zum „YE Winter oder Summer Opening“ bzw. „Closing“ veranstalten die jungen Macher regelmäßig Events mit internationalen DJs, die tausende Besucher anziehen.
Lisa wohnt noch bei ihrer Familie in Neukeferloh, zusammen mit ihren jüngeren Geschwistern, Zwillingen – ihre ältere Schwester hat bereits eigene Familie und ist längst ausgezogen. Ihre Mutter, eine Arzthelferin und ihr Vater, Softwareentwickler am Münchner Flughafen, unterstützen die Projekte und sind natürlich stolz auf Elisabeth und Youness, „solange sie nur die Uni nicht vergessen“. „Am Freitagabend vor dem Naomi-Event ist mir aufgefallen, dass wir gar nicht genug Schnapsgläser hatten. Ich habe meine Mutter angerufen – und sie ist einfach losgefahren und hat 3.000 Stück bei der Metro besorgt.“
Das Booking von Naomi Campbell war für Lisa und Youness bislang das größte Abenteuer. Entsprechend angespannt waren die Wochen vor dem Event: Verträge, letzte Absprachen, Techniktests. „Wir haben jeden Schritt minutiös geplant. Ich habe auch noch Naomis Lieblings-Snacks gekauft, Checklisten geschrieben, jeder wusste, was wann zu tun ist. Trotzdem gab es Momente, in denen ich dachte: ‚Oh Gott, wie soll das klappen?‘“ Wochenlang zogen sich die Vertragsverhandlungen mit dem Rechtsanwalt von Naomi Campbell hin, der auch Donald Trumps Tochter vertritt.
Campbell, die in den 1980er-Jahren unter anderem zusammen mit Claudia Schiffer zu den weltweiten Top 5 Supermodels zählte, gilt als unberechenbar und soll laut Medienberichten schon Assistenten mit der Haarbürste attackiert haben. Von Jähzorn und Wutausbrüchen haben Lisa und Youness allerdings nichts mitbekommen. Doch dann, als endlich alles fix schien, drohte Dauerregen das Open Air ins Chaos zu stürzen. Sie mussten sich in wenigen Stunden entscheiden, ob sie der Vorhersage vertrauen und einen neuen Termin suchen – oder alles auf eine Karte setzen.

„Wir haben lange diskutiert, ob wir es riskieren.“ Das gesamte Team sei damals gerade auf Ibiza um einen Tisch gesessen, die Laptops offen, mit allen Worst-Case-Szenarien auf dem Bildschirm. „Die Hälfte des Teams wollte das Event unbedingt durchziehen, die andere Hälfte wollte verschieben – am Ende haben Youness und ich aber entschieden, dass wir das zunächst für den 26. Juli geplante Open Air Event verschieben – und das war die beste Entscheidung überhaupt. Sonst gäbe es YE heute womöglich gar nicht mehr“, sagt Lisa. Denn an dem Samstag Ende Juli hat es in München nicht nur wie aus Eimern geschüttet, auch Naomi wäre nicht gekommen, da sie zwei Tage vorher krank geworden ist.
Samstag, 6. September, der Ersatztermin: Sonne, trockener Boden, ausgelassene Stimmung. Tausende Menschen feiern, Handys hoch, Jubel überall. Und auf der Bühne: tatsächlich Naomi Campbell. Vorgefahren in einem dunklen Mercedes Van, ohne Begrüßung der Gastgeber direkt ans DJ Pult. „Es war surreal. Ich dachte nur: Echt jetzt? Sie ist hier.“ Lisa kann zum ersten Mal seit Wochen wieder so richtig durchatmen und ihren eigenen Event für einen Moment in vollen Zügen genießen. Die Crowd tanzt, saugt die Beats auf. Man spürt sofort, dass jeder dabei sein will, dass jeder diesen einzigartigen Moment erleben will“, sagt sie. „Das ist der Augenblick, in dem man weiß: Das haben wir, das YE Munich-Team, möglich gemacht. Dafür hat sich der ganze Stress gelohnt.“ Und so wie wir Elisabeth Schmidt kennenlernen durften – fröhlich, selbstbewusst, voller Tatendrang, sind wir uns ziemlich sicher, dass wir künftig noch viel von ihr, Freund Youness und YE Munich hören werden. Wir freuen uns drauf.
