Nachruf auf Gertraud Wildmoser

von b304

Lehrerin, Ortschronistin und “Frau des Worts” stirbt im Alter von 90 Jahren
Dass sich viele Menschen zusammenfinden um von ihr Abschied zu nehmen, das wäre Gertraud Wildmoser mit großer Wahrscheinlichkeit gar nicht recht gewesen. Und doch: Neben Familie, Freunden und anderen Weggefährten waren auch Vertreter aus dem gemeindlichen Leben in die Kirche St. Konrad gekommen, um der Haarer Bürgerin Lebewohl zu sagen, die sich in so vielen Bereichen für das Gemeinwohl engagiert hatte. Gertraud Wildmoser war Trägerin der goldenen Ehrennadel der Gemeinde. Am 1. April ist sie gestorben, im Alter von 90 Jahren.
Mit Bescheidenheit und Zurückhaltung durchs Leben
Mit ihrer Bescheidenheit und Zurückhaltung stand und steht sie wohl für eine ganze Generation, die als Kinder und Jugendliche den Zweiten Weltkrieg erlebte. 1933 geboren, war sie geprägt von dem, was der Krieg und später die Aufbaujahre mit sich gebracht hatten. Sie mochte es nicht, wenn Aufhebens um ihre Person gemacht wurde. Wenn jemand bemerkte, wie engagiert sie in vielen Bereichen handelte. Wenn jemand lobte, gar herausstrich, was sie leistete.
Vielleserin hilft gerne in der Bücherei
Dabei gibt es so Vieles, was die gebürtige Haarerin, für ihren Heimatort und seine Menschen getan hat: Da war ihre ehrenamtliche Tätigkeit in der Ausleihe der Gemeinde-Bücherei. Eine Aufgabe, die sie als „Vielleserin“ gerne wahrnahm. Bereits als Kind habe sie das Lesen geliebt und sehnsüchtig auf den Bücherbus gewartet, erzählte sie einmal bei einem Abendessen für die Bücherei-Mitarbeiter. Und da war ihr Berufsleben, vor allem ihre Arbeit als Konrektorin und Lehrerin an der Konrad-Grundschule. Generationen von Kindern haben bei ihr und mit ihr gelernt. Sie galt als warmherzige, engagierte Lehrerin. Besonders in Erinnerung bleibt aus dieser Zeit ihre Freude am Schreiben von Theaterstücken. Aufführungen für 300 Kinder konnte sie in einen sprachlich ausgefeilten Rahmen gießen und dabei selbst die kleinste Rolle aufwerten. Gertraud Wildmoser sei eine „Frau des Wortes“ gewesen, so sagt es Gerlinde Stießberger, eine Kollegin damals an der Schule.
Die Mutter sei jeden Tag, Jahr für Jahr, gerne in die Schule gegangen. Krankheitsbedingte Fehlzeiten habe sie sich kaum zugestanden. Nur bei den Entbindungen, da habe sie Ausnahmen gemacht, so erinnert sich Sohn Stefan Wildmoser.
Chronistin mit Sprachgefühl
Eine ganz große Leidenschaft hatte sie zudem für die Geschichte der Gemeinde Haar. Gemeinsam mit ihrem Ehemann Alfred (der ihr bereits im Jahr 2013 vorangegangen ist) und mit Fred Forster recherchierte, sortierte und sammelte sie Daten und Fakten, Erzähltes und Fotos. Eine Arbeit, die Jahre dauerte, irgendwann auch Einzug hielt in das Wohnzimmer der Familie. Mit Karten und Schriftstücken, die zur Begutachtung ausgebreitet wurden. Über denen das Autoren-Trio Stunde um Stunde verbrachte.
In der Arbeit an der Chronik konnte sie einbringen, was ihr am Herzen lag, was sie auszeichnete: das große Interesse an Geschichte, an Orts-, aber auch Landesgeschichte. Das Faible für Kunsthistorik. Die Leidenschaft für Sprache und gelungene Formulierungen.
Entstanden ist ein 480 Seiten umfassendes Werk. Es wird auch heute noch gerne herangezogen, wenn es gilt, ein Detail aus der Ortsgeschichte nachzublättern.
Trägerin der goldenen Ehrennadel
Erste Vorarbeiten zur Chronik hatte Alfred Wildmoser bereits Anfang der 1970er-Jahre geleistet. Denn als er mit großem, ehrenamtlichem Engagement begann, die Nikolauskirche zu restaurieren, entdeckte er bei Recherchen in Büchern auch Neues und Interessantes zur Ortsgeschichte. Zu einem späteren Zeitpunkt schrieb das Paar außerdem gemeinsam einen Überblick über die Historie von Gronsdorf.
Für ihr Engagement und die Erforschung der gemeindlichen Heimatgeschichte hatten Gertraud und Alfred Wildmoser bereits 1988 die goldene Ehrennadel der Gemeinde erhalten. Gertraud Wildmoser war nicht nur eine Bürgerin, die zufällig in Haar lebte. Sie war eine Frau, die sich interessierte für das, was im Ort vor sich ging. Die sich einsetzte auf vielfältige Weise. Nun fehlt sie. Und mit ihr eine Zeitzeugin samt ihrem Wissen über die Gemeinde.