Er hat für Mireille Matthieu geschrieben, die Kastelruther Spatzen und nebenbei hat er auch Nicole entdeckt. Am vergangenen Sonntag ist der erfolgreiche Komponist Robert Jung, der seit 1970 in Baldham wohnte, im Alter von 79 Jahren gestorben. Der dreifache Vater hinterlässt seine geliebte Frau Rosie, mit der er Ende vergangenen Jahres “Goldene Hochzeit” gefeiert hatte, sowie seine zwei Töchter, seinen Sohn und seine vier Enkelkinder.
“Die Liebe ist kein Spiel für die Ewigkeit, drum schenk ihr jeden Tag von Deiner Zeit”, heißt es auf der Trauerkarte. Eine Zeile aus einem seiner bekanntesten Lieder: „La Pastorella“, gesungen von Vico Torriani, ist mit 30 Millionen verkauften Platten und hunderten Cover-Visionen unter den 20 erfolgreichsten Liedern des 20. Jahrhunderts. “Unser lieber Robert Jung ist heute in den Himmel gefahren … ich finde keine Worte, denn er war ein wunderbarer Freund und Mensch in meinem Leben und unserem Beruf” postete der bekannte Komponist Ralph Siegel am Sonntag (22.03.) auf Facebook. Am 11. September wäre Robert Jung 80 Jahre alt geworden.
Für Mireille Mathieu hat Robert Jung, ausgezeichnet mit dem Bundesverdienstkreuz, Hits geschrieben, für Peter Alexander, die Kastelruther Spatzen und Nana Mouskouri. Und Nicole ist seine Entdeckung. 1982 saß die 17-Jährige dann mit ihrer Gitarre auf einer Bühne in Harrogate, wünschte sich – kurz nach Ausbruch des Falklandkriegs – „ein bisschen Frieden“ und gewann als erste deutsche Interpretin den Grand Prix d’Eurovision. Der Text stammte zwar nicht von Robert Jung, aber Produzent war er. Insgesamt gehen mehr als 3.000 Titel für 500 Interpreten auf sein Konto, darunter Ohrwürmer wie „Aus Böhmen kommt die Musik“ und „Rot sind die Rosen“.
Ein Schlagerstar ist ein nettes, gut frisiertes Geschöpf, das von kleinen Sehnsüchten und großen Gefühlen singt. Das die Fantasien braver Ehefrauen und ebensolcher Ehemänner anregt und ein bisschen Glamour in ihren Alltag bringt. Von all dem aber bitte nicht zu viel! Denn der Schlager sollte nur von einer besseren Welt erzählen, aber keine Anleitung zum Aufbruch dorthin sein. So, oder so ähnlich wird gerne seminaristisch über den Schlager geredet, feuilletonistisch geschrieben und dialektisch gestritten. Doch wenn volkstümliche Musik lediglich von Zurückgebliebenen, Geschmacksverkümmerten und Unverbesserlichen, die sowieso nichts Besseres verdient haben, gekauft und gehört würden, stände es schlecht um unsere Gesellschaft. Robert Jung war, wie er selbst sagte, ein Schlagerfuzzi und stand dazu.
Anlässlich seines 75. Geburtstags vor fünf Jahren hat uns seine Tochter Melanie exklusiv private Einblicke gewährt. „Mein Vater strahlt jeden Tag mit der Sonne um die Wette, er sagt was er denkt und vor allem: er hat sich die Gabe erhalten, die Welt noch mit Kinderaugen zu sehen“, erzählte uns Tochter Melanie im Jahr 2010. Und weiter: „Mein Vater ist ein leidenschaftlicher Familienmensch, der immer für uns da war und ist – und das im besten Sinne des Wortes: Er hat ja daheim gearbeitet. Und auch wenn unsere Mutter uns immer eingebläut hat, wir sollen uns einen Partner suchen, der morgens aus dem Haus geht, aber dafür abends pünktlich wieder erscheint, wir haben es sehr genossen.“ Die Familie ist eben das stärkste soziale Mikrosystem innerhalb der Gesellschaft und ein äußerst sympathisches Bollwerk gegen die Außenwelt. Für Robert Jung waren sein Zuhause, seine drei Kinder und seine Frau Rosie, die er vor über fünf Jahrzehnten beim Tanzen in einer Grafinger Turnhalle kennen lernte, Quelle für Kraft und Kreativität. Der beste Beweis: Seit 1970, drei Jahre nach dem er Ralph Siegel kennen lernte, landete Robert Jung jedes Jahr einen Hit.
„Ich habe damals im Radio in Salzburg und in Innsbruck moderiert und wollte mit Ralph Siegel senior ein Interview machen – der war aber nicht da. So bin ich mit Ralph Siegel ins Gespräch gekommen und wir waren uns sofort sympathisch“, sagte Robert Jung damals im Gespräch mit uns. „Und dann haben wir geschrieben für alle möglichen Leute.“ Seinen ersten großen Erfolg, „Einmal verliebt, immer verliebt“, feierte der gelernte Großhandelskaufmann, der im Alter von 11 Jahren mit seiner Familie aus dem Sudetenland nach Wasserburg flüchtete und zunächst als Vertreter für Molkereiprodukte sein Geld verdiente, 1970 – zusammen mit Ralph Siegel und Peggy March. Von da an ging es Schlag auf Schlag.
Bis heute vergeht kein Tag, an dem ein Lied von Robert Jung im Radio fehlt. Und das wird auch über sehen Tod hinweg so bleiben. An diesem Donnerstag (26. März) wird der Textdichter, Komponist und Sänger – nach einem Gottesdienst in Möschenfeld – in Vaterstetten beigesetzt.