„Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus“. So auch die Oberbayerischen Meisterschaften im Voltigieren beim Voltigierverein Ingelsberg (VVI) vom 01.07. bis 03.07. B304 berichtete über die Ergebnisse. Eine Woche später berichtet eine Mutter von ihren Erfahrungen beim Turniereinsatz und gibt einige Erklärungen zum „Pferdeakrobatik-Sport“ :
Meine zwei Töchter (9 und 10 Jahre alt) sind pferdebegeistert und voltigieren beide. Angefangen haben sie in einer der F – Gruppen, was so viel heißt wie „Fortgeschritten“. Zu dieser Gruppe durften sie, weil sie bereits Reiterfahrung hatten und vom Ballett kamen.
Was bedeutet eigentlich T1?
Meine ältere Tochter ist nun in die T10 „aufgestiegen“. Das ist die allererste Turniergruppe von Ingelsberg, die Einsteigerturniergruppe. Sie ist extrem stolz in dieser Gruppe sein zu dürfen und hoch ambitioniert, gerade dann, wenn solche Turniere vor der Türe stehen.
Ingelsberg hat 10 dieser Gruppen, gegliedert nach Können bzw. Leistungsklassen. Sie nennen sich T1 – T2 – T3 und so weiter, diverse A – Gruppen (Anfänger), F-Gruppen (Fortgeschrittene) und Therapiegruppen. T1 ist die beste Gruppe von Ingelsberg. Die, die sich auch für die diesjährige Weltmeisterschaft qualifiziert hat.
Der VVI ist Weltklasse im Sport und in der Ausbildung
Am Turnierwochenende habe ich ein Vereins Shirt gesehen, auf dem Stand: „Voltigierverein Ingelsberg – neben Masse einfach Klasse“. Dieser Satz beschreibt den Verein sehr treffend. Großes Angebot, breites Leistungsspektrum, sehr ambitionierter Verein, unheimlich nette Trainer, hohes sportliches Niveau, konstantes Trainingsangebot.
Ein Turnier steht und fällt mit den freiwilligen Helfern
Da die F-Gruppe von meiner ersten Tochter und die T10 von der Zweiten nicht an dem Turnier teilnahmen, stand sofort eines fest. Sie wollen helfen! Sofort trugen sie sich bei den Hallen-Helfern ein – damit sie auch viel von den einzelnen Gruppen während des Wettkampfes sehen konnten.
Also wurden sie „Abmister“ (Tätigkeit: einsammeln der Pferdeäpfel im Voltigierzirkel), „Recher“ (Tätigkeit: den Hufschlag auf dem Zirkel glatt rechen) oder „Läufer“ (Tätigkeit: die Wertungsnotenblätter bei den Richtern einsammeln und zur Meldestelle tragen) eingeteilt. Bei gefühlten 35 Grad am Freitagnachmittag in der Reithalle habe ich mir die Frage gestellt: Was mache ich hier? Warum bin ich nicht am See?
Turnier heißt maximale Leistung und Konkurrenz
Ein Blick auf die Gesichter meiner Kinder und ein Blick auf die Vielzahl der Teilnehmer, die mit großen Erwartungen zu diesem Turnier gekommen sind, hat mir die Antwort gegeben. Man tut es natürlich für die Kinder und für den Verein, der ohne freiwillige Helfer nicht das wäre, was er ist. Aber auch mein eigenes Interesse und Neugierde auf die Leistungen meines Nachwuchses war sehr groß.
Außerdem, was gibt es Schöneres als den ganzen Tag im Stall und bei den Tieren zu verbringen bzw. mit seinem Hobby zu füllen?
Es wurde mit Feuereifer abgemistet, gerecht, eingesammelt und gerannt. Und ganz nebenbei die zukünftige Konkurrenz begutachtet. Dauernd kamen Fragen wie: Was bedeutet Leistungsklasse S oder was ist Leistungsklasse A? Welche Leistungsklasse sind wir? Und ich habe versucht zu erklären:
A, L, M, S – Die Leistungskategorien
A steht für „Anfänger“ / L für „Leicht“ / M steht für „Mittel“ und S für „Schwer“ – das ist im gesamten Reitsport, egal ob Dressur, Springen oder Vielseitigkeit so.
Am meisten haben wir uns auf die Teilnehmer von Ingelsberg, die Einzelvoltigierer und auf die T1 (Leistungsklasse S) gefreut, also auf die Besten unseres Vereins.
Eine Kür ist mit perfekt abgestimmter Musik
Bei den Küren unserer Teams lief uns die Gänsehaut über den Rücken. Besonders als man einmal nur noch den prasselnden Regen gehört hat und es ansonsten absolut still in der gut besuchten Halle war. Man konnte die Spannung förmlich spüren. Und die Teams gaben ihr Letztes.
Respekt vor der körperlichen Leistung
Die Körperbeherrschung, der Teamgeist, der Umgang mit dem Pferd, wie das alles zu einer Einheit verschmilzt, macht diesen Sport so faszinierend und einzigartig. Die Kinder bekommen mit dem
voltigieren ein unabhängiges Sitzgefühl auf dem Pferd. Manch großer Reiter im internationalen Reitsport hat in jungen Jahren mit Voltigieren angefangen (beispielsweise Jessica von Bredow-Werndl, eine der besten Dressurreiterinnen Deutschlands aus Aubenhausen bei Rosenheim).
Selbst Fußball begeisterte Jungs im Alter meiner Töchter saßen mit offenen Mündern neben uns und fanden es „total cool“ und „voll krass“ was die alles so können und wie sie auf einem Pferd turnen. Denn es ist schon ein Unterschied, ob man auf einem starren Gerät turnt oder ein in Bewegung befindliches Tier unter sich hat.
Als auch noch das Pferd meiner Töchter, auf dem sie einmal wöchentlich trainieren, „Arino“ Oberbayerischer Meister in der L-Klasse wurde und der VVI ganz viele weitere Titel gewonnen hat, war das Wochenende perfekt.
Nicht jedes Pferd ist für das Voltigieren geeignet
Ja, auch die Pferde werden beim Voltigieren bewertet. Sie sind ein wesentlicher Bestandteil des ganzen Teams. Der Pferdeführer, der die Longe (eine lange Leine) in der Mitte in der Hand hält und das Tier führt und dirigiert, spielt eine maßgebliche Rolle. Da bewährt sich ein vertrauensvoller Umgang von Longenführer und Pferd. Das Voltigierpferd soll charakterlich sehr brav und zuverlässig sein, gut ausbalanciert, einen starken Rücken und gleichmäßige, weiche Bewegungen haben, außerdem sollte es hübsch sein.
Als wir Sonntag Abend nach der Siegerehrung endlich, nach drei Tagen durchgehend Voltigieren, nach Hause fuhren, lag ein aufregendes und spannendes Wochenende hinter uns und eine Woche vor uns, die erneut mit Voltigiertraining für meine zwei Mädels begann.