Wie sagt man im Volksmund? Man ist alt wie eine Kuh, doch man lernt immer noch dazu. Entsprechend hatte ich vor kurzem tatsächlich eine halbwegs erhellende Eingebung: Es ist nicht der Hund, der die Peinlichkeiten macht, es ist der Halter, der sie mit sich machen lässt. Ich nahm mir also vor, mich künftig nicht mehr auf hündische Fisimatenten einzulassen. Allerdings ist das ein bisschen so, als würde man sich vornehmen, künftig schlagfertiger zu sein. Und sobald es dann soweit kommt, fällt einem doch erst drei Tage später die passende „spontane“ Antwort auf eine blöde Frage ein. Sagen Sie bloß, Sie kennen das nicht?
nlängst stolperte ich beim Gassigang über einen Handzettel, der an verschiedenen Straßenlaternen hing. Irgendwie ganz süß las sich der. „Liebe Leute“, so lautete der Einstieg, und dann ging es darin um eine neue Tierbetreuungstagesstätte. Hunde, Katzen, Meerschweinchen – alle Tiere seien willkommen, stand da. Man würde sich liebevoll um sie kümmern im so genannten „Tierhaus“ und mit ihnen trainieren. Eine lustige Skizze mit handgezeichneten Katzen und Hunden war auch darauf. Den genauen Wortlaut weiß ich mittlerweile nicht mehr, denn kurz nach diesem Spaziergang hatte ich den Zettel weggeworfen.
Aber was ich mir gemerkt hatte: die Tagessstätte war gleich um die Ecke. Ich dachte mir also, was kann ich verlieren, ich schaue einfach mal vorbei. Und nehme Elvis gleich mit, dann sehen sie gleich, was sie erwartet, oder auch eben besser nicht. Ein bisschen wie zu Halloween – erst aus dem Klofenster spähen, bevor man die Tür öffnet.
Da stand ich nun. Mit Elvis eng an der Leine, damit er bloß keine Dummheiten macht. Vor der Haustür stand ein überlebensgroßes Schaukelpferd, das schon einmal einen freundlichen, tierlieben Eindruck machte. Leider musste ich, um tatsächlich zu klingeln, durch das Gartentürchen durch, was ich per se eher ungern mache, weil ich nicht unangemeldet bei Fremden im Vorgarten stehen will. Ich hatte tatsächlich auch vor, nur ratzfatz zu klingeln und dann wieder „zurück auf Los“ zu gehen, hinter das Tor, um dort brav und höflich-unaufgeregt zu warten. Aber die Türe ging prompt nach meinem Klingeln auf, und eine nette junge Frau stand vor mir, sah mich irritiert an, an ihr Bein geklammert ein kleines Mädchen von ca. 7 oder 8 Jahren. „Ich komme wegen der Hundepension“, erklärte ich. „Entschuldigung, dass ich so reinplatze.“ Elvis war ziemlich aufgeregt, zwei neue Menschen die er unbedingt wedelnd begrüßen wollte, aber natürlich ließ ich das nicht zu. Das quittierte er mit lautem, frustriertem Bellen (das muss ich ihm unbedingt abgewöhnen). Dieses Bellen führte dazu, dass das kleine Mädchen schon einmal postwendend im Hintergrund verschwand. Vermutlich ahnen Sie, was kommt – nur ich Horst hatte das so nicht kommen sehen.
„Ehrlich gesagt“, sagte die nette Frau, „dachte ich nicht, dass auf den Zettel überhaupt jemand vorbeikommt. Ich habe auch schon selbst einige runtergerissen.“ Ich guckte, glaube ich, ziemlich beschränkt und hatte ein großes Fragezeichen im Gesicht. Sie erklärte weiter: „Meine Tochter wünscht sich so sehr ein Haustier, und so dachte ich zumindest, dass ich sie ein paar Tage ruhigstellen kann.“ Mir schoss die rote Farbe ins Gesicht. Wie naiv kann man sein, dass man den Handzettel einer 8-Jährigen für bare Münze nimmt? Ich dachte, er wäre einfach nur besonders liebevoll gemalt und hatte das Ganze nicht weiter hinterfragt bzw. womöglich daran unbedingt glauben wollen. Die Mutter fuhr fort: „Wir haben hier natürlich keine Hundetagesstätte, das war die Idee meiner Tochter.“ Ich entschuldigte mich mit hochrotem Kopf, zog Elvis widerwillig aus dem fremden Vorgarten und ging meines Weges. Falls die gute Frau das hier liest, hier noch einmal meine aufrichtige Entschuldigung für die Störung. (Nach der Begegnung mit dem bellend-wedelnden Elvis war das Mädchen vermutlich zumindest hundetechnisch vorerst von ihrem Wunsch geheilt.) Hunde machen anscheinend dumm. Nein, ich korrigiere das: Man ist selbst von Grund auf dumm, der Hund bringt es nur ungefiltert und jederzeit für alle sichtbar ans Tageslicht. In diesem Sinne: Ein bisschen komisch sein ist nicht schlimm.