“Mehr E-Ladesäulen”

von Markus Bistrick

Als Top-Manager und Musikproduzent führte Thomas M. Stein Künstler wie Justin Timberlake oder Falco zu internationalem Erfolg. Unter anderem als ehemaliger Juror der RTL-Show DSDS („Deutschland sucht den Superstar“) ist der 75-Jährige, der seit 1994 in der Gemeinde Vaterstetten und am Pillersee in Tirol wohnt, einem Millionenpublikum bekannt. Weniger aus Überzeugung, denn aus Neugierde, wurde Stein Anfang 2021 zum Fahrer vollelektrischer Autos. Über seine Erfahrungen hat er mit Markus Bistrick von B304.de gesprochen und dabei auch die schlechte Versorgung mit öffentlichen Ladesäulen in Vaterstetten kritisiert.

B304.de: Herr Stein, Sie fahren zwei vollelektrische Autos, einen Skoda Enyaq und neuerdings einen VW ID-Buzz, früher war’s ein Mercedes Cabrio. Woher der Sinneswandel?

Thomas M. Stein: Ich war immer ein Diesel-Maniac und hatte überhaupt keine Beziehung zu E-Autos. Aber ich fand das Medium Elektromobilität spannend. Dazu kommt, dass ich ja quasi über Subventionen „erpresst“ wurde. Denn neben dem guten Kaufpreis gab’s noch die Förderung vom Staat. Aber ich war mir zunächst tatsächlich gar nicht so richtig sicher, ob ich mit E-Mobilität was anfangen kann und bin selbst von mir überrascht, weil ich schnell festgestellt habe, dass mir das richtig Spaß macht.

Warum?

Erstens: Meine Frau hat immer gesagt: „Du fährst zu schnell.“ Ich gebe zu, ich bin ein relativ zügiger Fahrer gewesen, aber wenn ich mit einem E-Auto so richtig Gas gebe, komme ich nur von einer Curry-Bude zur nächsten, also fahre ich 130. Das ist eine relativ angenehme Reisegeschwindigkeit, wie ich festgestellt habe. Außerdem: Ich hatte einen Vortrag in Hückelhoven, das ist bei Aachen. Und ich gebe zu, ich hatte vor der Fahrt dorthin wirklich große Bedenken. Aber es war die angenehmste Fahrt, die ich mir vorstellen konnte.

Wegen der vielen Pausen, die Sie zum Laden machen mussten?

Nein, aber du musst dich auf so eine Fahrt innerlich einstellen, anders planen als mit einem Verbrenner. Der Skoda schafft rund 400 Kilometer und so habe ich nach Hückelhoven zwei Pausen eingelegt, was ich vertretbar finde. Zumal ich einen unserer beiden Hunde dabei hatte, da muss ich ohnehin anhalten und Gassi gehen. In der Zeit war das Auto geladen. Meistens fahr ich übrigens von der Autobahn runter, weil der Strom da bisschen günstiger ist. Das ist beim Benzin ja genauso. Aber jetzt kommt der eigentliche Punkt: Wie häufig fahre ich denn so lange Strecken überhaupt. Ich fahre ja nicht jeden Tag nach Hückelhoven. Das meiste sind doch eher Kurzstrecken. Aber ich bin immer noch weit davon entfernt, missionarisch durch die Gegend zu laufen und Menschen überzeugen zu wollen. E-Mobilität ist eine Einstellungssache.

Haben Sie eine Lademöglichkeit daheim?

Natürlich habe ich mir in Tirol und hier in Vaterstetten eine Wallbox eingebaut. Wenn ich morgens zum Auto komme, ist es immer voll aufgeladen und ich muss mir keine Gedanken über eine Tankstelle machen. Toll.

Sie haben eine Wohnung im Vaterstettener Neubaugebiet. Wie komplziert war es, in der Tiefgarage eines Mehrparteienhaus eine Wallbox zu installieren?

Wenn du eine Hausverwaltung einschaltest, ist das ungefähr so wie wenn man nach Hamburg über Waikiki Beach fährt. Uferlos. Es war mühsam und hat gedauert. Aus einem gewissen Unwillen heraus wird hierzulande immer alles verkompliziert. Dabei braucht es laut Gesetzgeber für eine 11 kW-Anlage gar keine Genehmigung. Heute sind die Vorbereitungsarbeiten für eine Wallbox bei einem Neubau Pflicht, das war bei meiner Wohnung leider noch nicht so.

Welche Kosten haben Sie sich mit der Umstellung auf E-Mobilität eingespart?

Im ersten Jahr rund 7.000 Euro Energiekosten bei einer Fahrleistung von rund 40.000 Kilometern. Das hatte ich unterschätzt.

Wie sehen Sie die Situation mit den öffentlichen Lademöglichkeiten?

Ich fühle mich in der Gemeinde sehr gut aufgehoben. Trotzdem kann man das ein oder andere kritisch sehen. Und in Vaterstetten/Baldham hast du von der Gemeinde keine Unterstützung, weil bis auf sehr wenige Ausnahmen keine Ladesäulen gebaut werden. Und die wenigen sind nur 11 kW Ladesäulen, die sehr lange brauchen. Als ich im Rathaus einem Zuständigen mal gesagt habe, dass sie was für Elektromobilität tun müssen, hat der mir geantwortet, dass sich das für die Gemeinde nicht rechnet. Sorry, aber welche Arroganz. Der Gesetzgeber will die Energiewende, dann muss ich den Bürgern doch vor Ort auch eine entsprechende Infrastruktur anbieten. Deutschlandweit ist das schon ganz vernünftig.

Haben Sie dank Ihrer E-Autos jetzt ein reines Gewissen?

Da raucht, da dampft nichts. Schön. Aber da sind noch viele ungelöste Probleme. Das ganz schwierige Thema der Rohstoffgewinnung für die Akkus, die CO2-intensive Herstellung der Autos, die Frage, wie der Strom produziert wird etc. Nur: Wenn die „Grünen“ das nicht sehen wollen, dann wollen sie es halt nicht sehen. Und wenn man mir Geld in Form einer Förderung gibt, damit ich es auch nicht sehe, dann nehme ich das doch mit.

Herr Stein, besten Dank.