Mehr als nur ein Begleitdienst

von Catrin Guntersdorfer

Man kennt sie im Gemeindegebiet: die vielen roten Autos der Nachbarschaftshilfe Vaterstetten (NBH). Weniger
bekannt sind die zahllosen Touren, die ehrenamtliche Mitarbeiter mit ihren privaten PKW unternehmen. Ihre Beifahrer: Senioren, die selbst nicht mehr mobil, aber gern noch unterwegs sind–zu Arztterminen, zum Therapeuten, ins Theater, Konzert
oder zum Einkaufen. Aktuell sind 45 Damen und Herren für die NBH auf Achse. Jeder kann diesen Fahrdienst nutzen.
Anruf genügt! Kürzlich an der Kasse eines Discounters: ein älterer Herr mit Hut legt behutsam seine wenigen Einkäufe auf das Transportband und geht dann in kleinen, vorsichtigen Schritten Richtung Kassiererin. Er wirkt gebrechlich.
Direkt hinter ihm steht sein Begleiter, in der Hand ein aufklappbares Stühlchen. Er achtet auf den älteren Herrn. Sobald der bezahlt hat, richtet er ihm schnell im Hintergrund die Sitzgelegenheit und kümmert sich dann um die Einkäufe. Der Begleiter ist
kein Angehöriger, vielmehr ein Mitarbeiter der Nachbarschaftshilfe Vaterstetten (NBH). Er hat zuvor den älteren Herrn mit seinem PKW abgeholt, zum Geschäft gefahren, ihn während des Einkaufs begleitet, wird ihn auch wieder nach Hause fahren und
die Waren im Haushalt verräumen. „Genau das ist unser Begleitdienst, den wir seit vielen Jahren anbieten“, erklärt NBH –
Ressortleiterin Monika Klinger. „Und das ist nur ein Beispiel von vielen Aktivitäten.“
Im gesamten Vereinsgebiet der NBH, also in Vaterstetten, Zorneding und Grasbrunn, sind die Begleitdienstler–so die interne Bezeichnung– unterwegs. „Und manchmal sogar darüber hinaus“, weiß NBH-Geschäftsführer Oliver Westphalen. „Kürzlich wollte ein Kunde zu einem Arzt in die City von München. Auch dafür haben wir die Fahrt und die Begleitung organisiert.“ Auch ein amüsanter Zirkusbesuch ist mit dem NBH-Begleitdienst möglich. Der NBH geht es in ihrem Angebot um weit mehr als den puren Transport ähnlich einem Taxi. „Wir sind an der Seite des Kunden, sei es bei Unternehmungen zu Fuß, bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel oder bei Fahrten mit dem Auto “, erklärt Klinger. „Unsere Mitarbeiter assistieren bei Aktivitäten, helfen auf Wunsch auch beim An-und Ausziehen, bevor es losgehen kann. Wir achten dabei auf absolute Vertraulichkeit.“ Das System Begleitdienste der NBH hat sich bewährt: seit vielen Jahren sind ehrenamtliche Mitarbeiter mit ihren privaten PKW als soziale Alltagshelfer unterwegs. Die Logistik steht, alle rechtlichen Belange sind geklärt. Es gibt Schulungen, Fahrtrainings, auch regelmäßige Kontrollen der Führerscheine. Die Organisation passiert in der NBH-Geschäftsstelle bei Monika Klinger und ihrem Team. „Erreicht uns ein Anruf mit der Bitte um Hilfe, suchen wir in unserem Netzwerk einen passenden Fahrer und Begleiter“, beschreibt Klinger das Prozedere. Die Leistung ist nicht gratis. „Wir berechnen einen angemessenen Preis“, so Klinger. „Das sind aktuell 15 Euro pro halbe Stunde. Kunden mit Pflegegrad können die Kosten mit der Pflegeversicherung bis zu 125 Euro pro Monat abrechnen. Ganz wichtig: unsere Mitarbeiter erhalten von uns eine Ehrenamtspauschale in Höhe von 14 Euro pro Stunde.
Die soll ihren Aufwand annähernd abdecken. Letztlich soll ja niemand für sein Engagement draufzahlen.“ So gelingt die NBH-
Unterstützung in beide Richtungen, hier monetär. Geschäftsführer Westphalen: „Viele Rentnerinnen und Rentner würden gern etwas dazuverdienen. Das können sie bei uns als Begleitdienstler tun.“ Die Fahrt zum Discounter war für den älteren Herrn mit Hut tatsächlich mehr als der schnöde Einkauf von Lebensmitteln. „Für ihn bedeutet es die Teilhabe am öffentlichen Leben“, weiß sein NBH-Begleiter. „Er genießt es jedes Mal und erlebt ein vielleicht letztes Stück Selbstständigkeit, das er sich mit unserer Hilfe wahren kann. Und das machen wir doch gern.“