Lautstarker Protest

von Leon Öttl

An der B304 planen zwei Investoren ein Nahversorgungszentrum (wir berichteten). Gestern Abend fand dazu eine Informationsveranstaltung statt, die dem Austausch zwischen den Bürgern und Investoren dienen sollte. Bereits vor dem Bürgerhaus wurde gegen das Projekt protestiert.  

Mit Plakaten, Sprechchören und Pfiffen forderten rund 50 Bürger unter anderem „DS (Name der Investmentgesellschaft, a.d.R.) go home“ und „der Bannwald muss bleiben – Hände weg vom Bannwald“. Auch die Polizei war während der Veranstaltung vor dem Bürgersaal mit einem Streifenwagen anwesend. Neben den Protestierenden kamen auch weitere Bürger, die sich ein Bild vom Projekt machen wollten. Der Protest sei „übertrieben“, teilte uns ein Bürger vor dem Bürgersaal mit. „Ich möchte mir das alles erstmal anschauen“, so ein anderer Besucher. Das rege Interesse zeigte sich durch die hohe Besucherzahl: teilweise fielen Zahlen von über 250 Anwesenden. Beide Ebenen des Saals waren voll, einige Zuschauer mussten die Diskussion im Stehen verfolgen. 

Volles Haus bei der Informationsveranstaltung: hunderte Interessierte waren gekommen

Gleich zu Beginn wurde es hitzig. Die Investoren hatten eine Präsentation vorbereitet. Man habe „zu jedem Punkt eine Aufgabe bekommen“, so Johannes Schöb aus Kempten, der zusammen mit dem Baldhamer Michael Dreier für das Projekt eine Kapitalgesellschaft gründete. Inhalt der Präsentation waren vor allem zwei Punkte: Der Verkehr sowie der Lärmschutz. Mit der Planung würde der Knotenpunkt an der B304 sogar entzerrt, so Schöb bei der Präsentation. Geht es nach dem vorgestellten Entwurf solle die Waldbrunner Straße und die B304 stadteinwärts an der Kreuzung auf je zwei Linksabbiegerspuren erweitert werden. Unterbrochen wurden die Ausführungen Schöbs von Gelächter und zahlreichen Zwischenrufen. Der entgegnete: „Wenn Sie kein Interesse haben, dürfen Sie gerne wieder gehen“. 

Die Investoren Michael Dreier und Johann Schöb (v.l.) bei der Präsentation

Insgesamt habe man versucht, mit der Planung „die Probleme der Gemeinde zu lösen“, so der Allgäuer Investor. Er beklagte zudem Desinformationen, die „durch die Gazetten“ geisterten. Die Skizze zum Lärmschutz, die anschließend vorgestellt wurde, war für viele Anwesende unverständlich. „Das ist für mich moderne Kunst“, so ein Zwischenruf aus dem Publikum. Eine Bürgerin äußerte die Befürchtung, dass weiter entfernte Häuser nicht in gleichem Maße von den Lärmschutzmaßnahmen profitierten, denn sie seien nicht abgeschirmt. Kritik gab es auch daran, dass sich nicht zum Lärmschutz in andere Himmelsrichtungen geäußert wurde.

Immer wieder kamen Zwischenrufe, unter anderem, dass das Projekt schon längst beschlossene Sache sei. Dem entgegnete Bürgermeister Klaus Korneder (SPD) scharf: Es gäbe weder ein Verfahren, noch einen Antrag. Weder der Bürgermeister noch der Gemeinderat sei blauäugig. Dennoch sei noch kein Investor so weit gegangen. „Man darf über Themen nachdenken“, so Korneder. 

Neben Wortmeldungen mit Fragen an die beiden Investoren nutzten viele Anwesende die Möglichkeit des offenen Mikrofons auch, um ihre Meinung zum Vorhaben auszudrücken. Dabei wurde es auch persönlich: „ihr zwei Jungs wollt euch die Taschen füllen“, so ein Bürger. Eine Anwohnerin merkte an, sie habe sechs Jahre in der Baubranche gearbeitet: „wenn ich so gearbeitet hätte, wäre ich entlassen worden“. Die Präsentation stieß ebenfalls auf Kritik: „selten so unprofessionell“ sei diese gewesen. Ein weiterer Bürger habe „selten zwei Personen erlebt, denen es so an Sensibilität fehlt“.

Viele Bürger nutzten die Gelegenheit, um zu begründen, warum sie das Projekt ablehnen so ein Anwohner, der auch für seine Nachbarn sprach und auf den Klimawandel hinwies. Zudem warnte er vor einer großen Lärmbelästigung durch das geplante Nahversorgungszentrum. Stattdessen plädiere er für die Wiederbelebung des Ortskerns und erntete Applaus des Publikums. 

Für Kurt Eichner, der im Luisenweg unmittelbar südlich des umstrittenen Grundstück wohnt, ist entscheidend, was man den Kindern und Enkelkindern hinterlasse. Dabei nannte er Zahlen zum Nutzen des Waldes – unter anderem, dass das betroffene Bannwald-Stück rund 3.000 Bürger mit Sauerstoff versorge. Ebenfalls merkte er an, dass der Bau zum Wertverlust naher Grundstücke führe. Der Tenor des Publikums: „wir wollen das Projekt nicht haben“. Axel Bornheimer (BFG) mahnte, ein möglicher Bürgerentscheid mache der Gemeinde und den Bürgern einen Haufen Arbeit: „Ersparen Sie uns das!“. Den Widerstand kündigte auch ein anderer Bürger an: „Sie werden maximalen Widerstand erleben“.

Ein Thema, das immer wieder aufkam, ist die Belebung des Zentrums. Eine Tankstelle ist wohl vom Tisch, für das Verkehrsgutachten habe man mit dem maximalen Verkehrsaufkommen geplant, sozusagen dem Worst Case. Immer wieder hörte man aus dem Publikum die Befürchtung, eine Spielhalle könnte Einzug finden und verwiesen dabei auch auf bisherige Projektvorhaben des Investors Schöb.

Für Korneder gibt es „viele Fragezeichen“ bezüglich des Projekts. Er persönlich könne sich nicht vorstellen, dass das Nahversorgungszentrum komme. Ob es überhaupt zu einem Antrag komme, da sei er neugierig. Auf die Frage eines Haarers, ob er sich nicht durchringen könne, zu sagen, mit ihm gäbe es keine Abholzung des Bannwaldes, entgegnete Korneder, „natürlich könnte ich es sagen, werde es aber nicht tun, weil es eine Entscheidung des Gemeinderats ist“. 

Bürgermeister Korneder: „Kann mir nicht vorstellen, dass sowas kommt“

Auch nach der Veranstaltung gab es wieder Protest vor dem Ausgang, samt Pfiffen und „du kannst nach Hause gehen“-Chören, als Dreier und Schöb das Bürgerhaus verließen. Sie stellten sich vor dem Gebäude den Fragen einiger Personen. Wie das Investor-Duo uns nach der Sitzung im Gespräch berichtete, werde man sich jetzt mit den Argumenten auseinandersetzen und sich bis Ende des Jahres entscheiden, ob man am Vorhaben festhält. Einige Sachen seien unter der Gürtellinie und fern ab vom eigentlichen Thema diskutiert worden, doch es habe auch viele konstruktive Argumente gegeben.