Ihre Rechte auf der Reise

von Leon Öttl

Die Meldungen zum derzeitigen Reisechaos an deutschen Flughäfen und Bahnhöfen nehmen nicht ab – und das, obwohl der Höhepunkt mit den Sommerferien noch bevorsteht. Welche Rechte Sie haben, wenn auf Ihrer nächsten Flug- oder Bahnreise etwas schief läuft, haben wir für Sie zusammengefasst.

Flug gestrichen oder ausgefallen? Dank EU abgesichert

Für Flüge, die innerhalb der EU stattfinden, in der EU starten oder von einer Fluggesellschaft mit Sitz in der EU ausgeführt werden und dort enden gilt die Fluggastrechte-Verordnung der Europäischen Union. Diese regelt Rechte bei Verspätungen und Flugausfall. Wird ihr Flug gestrichen, so haben Sie die Wahl: Erstattung, Umbuchung auf einen späteren Zeitpunkt nach Wahl oder auf den frühestmöglichen Alternativflug unter gleichwertigen Bedingungen – sprich in der selben Klasse. Wünschen Sie eine Umbuchung auf den schnellstmöglichen Alternativflug, müssen Sie nicht auf freie Plätze derselben Fluggesellschaft hoffen, auch eine Umbuchung auf andere Airlines ist möglich. Verweigert die Airline das, fordern Sie die Umbuchung schriftlich ein. Danach können Sie selbst einen Flug buchen, allerdings gestaltet sich das Einfordern der Mehrkosten oft als kompliziert. Je nach Wartezeit auf den Ersatzflug muss die Airline Ihnen zusätzlich Verpflegung gewähren. Diese muss in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit stehen. Auf einem Kurzstreckenflug gibt es ab 2 Stunden Verspätung einen Snack. Doch auch Champagner kann bei einer längeren Wartezeit angemessen sein – so sah es zumindest das Amtsgericht Düsseldorf. Sollte durch den Flugausfall eine Übernachtung notwendig sein, muss die Airline diese inklusive Transfers stellen – unabhängig davon, wieso der Flug gestrichen wurde, also zum Beispiel durch schlechtes Wetter. Ähnliche Rechte hinsichtlich Verpflegung und Betreuung gelten auch bei einer Verspätung und verpassten Anschlüssen. Eine Erstattung kann man allerdings erst bei einer Verzögerung von 5 Stunden fordern.

Geld bei Unregelmäßigkeiten

Gibt es Ärger beim Fliegen, etwa durch Flugausfall, Verspätung oder wenn Ihnen bei Überbuchung die Mitnahme verweigert wird, erhalten Sie eine Entschädigung. Wichtig: Dies gilt nicht, wenn sogenannte außergewöhnliche Umstände vorliegen, die nicht im Einflussbereich der Airline liegen, also beispielsweise die Schließung der Landebahn wegen eines Sturms. Ein Streik des eigenen Personals wegen Tarifforderungen entbindet die Airline nicht von einer Zahlung, wie der EuGH entschied. Die Umstände müssen zudem unvermeidbar sein, hierfür ist die Airline in der Beweispflicht. Verspätet sich die Ankunft am Zielort um mehr als 3 Stunden, so gibt es eine pauschale Entschädigung. Diese beträgt auf Kurzstrecken bis 1.500 km 250 Euro, auf Mittelstrecken 400 Euro und auf Langstrecken über 3.500 km 600 Euro. Gegebenenfalls kann die Airline die Ausgleichszahlung um 50 Prozent kürzen, allerdings nur bei Flugstreichungen. Kein Geld gibt es, wenn man über eine Annullierung mehr als 14 Tage im Voraus informiert wurde. Einen Rechner, mit dem die Anspruchshöhe geprüft werden kann, bietet die Verbraucherzentrale. Übrigens: Laut europäischem Gerichtshof kann man auf einer Reise auch einen doppelten Anspruch auf Entschädigung haben. Wurde Ihr erster Flug aus operativen Gründen storniert und der Ersatzflug kommt mehr als 3 Stunden verspätet an, könnten Sie doppelt Entschädigung fordern, sofern die Airline keine Entlastungsgründe vorbringen kann.

Stress an der Sicherheitskontrolle

Verpassen Sie aufgrund einer langen Wartezeit vor der Sicherheitskontrolle Ihren Abflug, haftet unter Umständen der Bund. Hierbei kommt es auf den Einzelfall an und es bedarf einer Einzelfallprüfung. Entsprechend urteilte das OLG Frankfurt. Um Ihr rechtzeitiges Anstellen nachzuweisen, empfiehlt sich beispielsweise ein Selfie.

Koffer weg?

Sie sind am Zielort angekommen, Ihr Koffer aber nicht? Melden Sie die Verzögerung noch bei Ankunft am Flughafen. Sollten Sie Ersatzkäufe tätigen müssen (z.B. Kleidung oder die Miete eines verlorengegangenen Surfbfboards), trägt die Airline die Kosten bis rund 1.500 Euro. Viele Airlines erstatten Kleidung nur anteilig, da diese weiterbenutzt werden kann. Ihre Aufwendungen müssen Sie binnen 21 Tagen geltend machen. Wenn Ihr Koffffer zwar ankommt, aber beschädigt ist, melden Sie den Schaden umgehend noch vor Verlassen des Gepäckbereichs am Flughafen, in jedem Falle aber binnen 7 Tagen. Die Airline lässt den Koffffer reparieren, ersetzt ihn oder begleicht den Schaden. Heben Sie Belege über den Kofffferkauf daher immer auf, um den Wert (meist Neupreis minus 10 % pro Nutzungsjahr) nachweisen zu können.

So kommen Sie an Ihr Recht

Zunächst sollten Sie immer die Airline kontaktieren und Ihre Ansprüche unter Angabe einer angemessenen Frist geltend machen. Viele Airlines stellen hierfür Formulare bereit. Besser ist einer der folgenden Wege: Ein Fax, ein Einwurfeinschreiben (z.B. als EPost- Brief) oder eine E-Mail mit einer dritten Person (z.B. Kollege, Bekannter) im BCC. So kann man den Kontakt nachweisen. Musterschreiben gibt’s hier. Ignoriert die Airline die Anfrage oder lehnt den Anspruch ab, gibt es mehrere Möglichkeiten: Zum einen die bekannten Fluggastrechtportale. Hier trägt man kein Kostenrisiko und tritt den Anspruch ab. Der Nachteil: Die Provisionen betragen meist mehr als ein Drittel der Entschädigungssumme. Ein teures Geschäft. Zum anderen helfen spezialisierte Anwälte weiter. Hier trägt man als Kläger das Kosten- und Prozessrisiko. Im Falle eines Gewinns vor Gericht muss die Airline alle Kosten tragen. Eine weitere Möglichkeit ist die Schlichtung bei der Schlichtungsstelle SÖP. Vorteil: das ist für Verbraucher völlig kostenfrei. Aber: Teilweise kommt es zu sehr langen Bearbeitungszeiten. Außerdem sind die Empfehlungen nicht verbindlich und die Airline kann diese ablehnen. Sie können sich auch beim Luftftfahrtbundesamt beschweren.

Ihre Rechte auf der Bahnreise

Auch bei der Bahn gibt es Passagierrechte. Noch bis Ende des Jahres muss die Bahn für Verspätungen auch bei außergewöhnlichen Umständen entschädigen. Kommen Sie mehr als 60 Minuten verspätet an, erhalten Sie 25 % des Ticketpreises zurück, ab 120 Minuten Verspätung gibt es 50 %. Fahren Sie mit anderen Bahnen gibt es oft kulantere Regeln, etwa bei der französischen SNCF oder der BRB nach Rosenheim. Die MVG bietet für ihre Verkehrsmittel ebenfalls eine Garantie. Ab 20 Minuten Verspätung von U-Bahn, Bus oder Tram erhält man den Ticketpreis oder eine Erstattung in Höhe eines Tagestickets. Prüfen lohnt sich also. Kommen Sie voraussichtlich mehr als 20 Minuten verspätet am Zielort an (ein Screenshot aus der App des Bahnbetreibers ist als Nachweis ratsam), gilt keine Zugbindung mehr. Geheimtipp: Fahren Sie mit dem 9-Euro-Ticket und kommen voraussichtlich mehr als 20 Minuten verspätet am Zielort an, etwa nach Verpassen eines Anschlusses, können Sie auf den ICE umsteigen. Hierfür müssen Sie zunächst in Vorleistung treten und ein ICE-Ticket kaufen, das Sie wieder erstattet bekommen. Ausgenommen sind lediglich „erheblich ermäßigte“ Tickets wie das Bayernticket. Bei späten Bahnfahrten gibt es zudem ein Recht auf eine Taxifahrt ans Ziel oder ein Hotel etc. – dies gilt übrigens auch bei Zeitkarten wie der IsarCard. Ihre Rechte machen Sie direkt beim Verkehrsunternehmen geltend, die Bahn stellt dafür Formulare und einen Freiumschlag zur Verfügung. Haben Sie online gebucht, ist die Einreichung auch elektronisch über das Kundenkonto möglich, die Bearbeitung erfolgt dann in der Regel binnen weniger Arbeitstage. Bei Streitigkeiten hilft ebenfalls die SÖP oder auch das Eisenbahnbundesamt.

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