Die Erhöhung der Kindergarten-Gebühren in der privaten Kindertagesstätte Haar gGmbH beschäftigen derzeit nicht nur die betroffenen Eltern, sondern auch den Gemeinderat in Haar. Ab dem 1. Juli sollen die Erziehungsberechtigten für die Betreuung ihres Nachwuchs 150 Prozent mehr bezahlen. Während man derzeit für eine Betreuungszeit von sieben Stunden für ein Kind knapp 170 Euro bezahlen muss, würden sich die Kosten ab Mitte des Jahres auf rund 420 Euro belaufen. Für viele Eltern ist diese Erhöhung nicht tragbar. In der jüngsten Gemeinderatssitzung (25. April) hatten viele daher in der anschließenden Bürgerfragestunde ihre Fragen und Sorgen geäußert.
Die Gemeinde Haar will die Eltern entlasten, die von der Kita-Gebührenerhöhung geschockt sind. In einem Brief teilte Bürgermeister Dr. Andreas Bukowski mit, dass dem privatem Träger Kooperationsverträge angeboten werden. Zentrale Forderungen von Peg Schäfer, der Geschäftsführerin der privaten Kindertagesstätte Haar gGmbH, wurden in den Verträgen berücksichtigt. “Die Gemeinde
Haar ist im Rahmen des rechtlich Möglichen Frau Schäfer weit entgegengekommen. Auf diese Weise könnte die Kita Haar gGmbH entstehende Defizite bei der Gemeinde geltend machen und ihre finanzielle Situation stabilisieren”, so Bukowski in seinem Schreiben.
Was bedeutet das für die Eltern?
Für die Gemeinde gibt jetzt zwei Varianten, wie es weitergehen kann – Variante 1: Frau Schäfer nimmt das Angebot der Gemeinde, Kooperationsverträge für die drei Haarer Einrichtungen abzuschließen, an. Diese Verträge garantieren ortsübliche Gebühren mit einer Abweichung von maximal +15 Prozent zur aktuell geltenden Gebührenhöhe. Die Eltern hätten damit finanzielle Planungssicherheit.
Die zweite Variante wäre, dass die Gemeinde den Nutzungsvertrag über die ihr gehörenden Räumlichkeiten der Einrichtung an der Ferdinand-Kobell-Straße 2b kündigt und zum frühestmöglichen Zeitpunkt die Einrichtung übernimmt. Bis zu dieser Übernahme wären die von Frau Schäfer angekündigten Erhöhungen der Gebühren ab 1.7.2023 rechtlich zulässig.
Die Zeit drängt
Die Gemeinde fordert jedoch eine Entscheidung bis zum morgigen Freitag (5. Mai) und war sich einig, dass ein Kooperationsvertrag bis Ende der Woche abgeschlossen werden soll. Derzeit wartet man auf eine Rückmeldung der Geschäftsführung der Kita Haar gGmbH. Unter diesem Zeitdruck sehen die Eltern der betroffenen Einrichtungen das Thema jedoch in einer “äußerst unangemessenen Situation!”. In einem Brief haben sie sich an das Rathaus und die Presse gewandt. “Stand heute liegt es alleinig in der Hand der Geschäftsführung der Kindertagesstätte Haar gGmbH, über die wirtschaftliche und familiäre Situation von über 100 Familien zu entscheiden. Unterschreibt die Kindertagesstätte Haar gGmbH den vorliegenden Kooperationsvertrag mit der Gemeinde NICHT, sind massive Beitragserhöhungen die Folge”, heißt es weiter in dem Schreiben. Dieses Vorgehen könne nicht im Interesse der Beteiligten sein. Insbesondere der primär Betroffenen – den Kindern und ihren Eltern.
Die Eltern fordern die Gemeinde Haar sauf, den aktuellen Prozess zu stoppen und den Erziehungsberechtigten eine reale Entscheidungsmöglichkeit darüber, ob sie ihre Kinder von einer privaten Einrichtung – mit all ihren Vor- und Nachteilen – oder von einer Einrichtung mit Kooperationsvertrag oder ähnlichem betreuen lassen wollen.
Sollte keinen Kooperationsvertrag unterschrieben werden, gäbe es für die betroffenen Eltern keine bezahlbaren Alternativen oder Ausweichmöglichkeiten.
Von Wechsel wird abgeraten
Selbst die Gemeinde hatte von Wechselanträgen abgeraten. “Nachdem in der Sitzung die Frage aufkam, ob betroffene Eltern die Einrichtung, in der Ihr Kind oder Ihre Kinder betreut werden, wechseln sollten, empfehle ich Ihnen, sofern irgend möglich, keinen Wechselantrag zu stellen. Behalten
Sie einstweilen den Platz, den Ihr Kind bei der Kita Haar gGmbH hat. Aufgrund einer bereits bestehenden Warteliste können wir keinesfalls gewährleisten, dass Ihr Kind einen Platz in einer Einrichtung eines anderen Trägers bekommen kann. Zudem rege ich an, den Platz Ihrer Kinder oder Ihres Kindes bei der Kita Haar gGmbH nicht zu kündigen”, so Bürgermeister Dr. Andreas Bukowski als Begründung.
Appell an das Rathaus
Die Eltern der Kindertagesstätte verweisen darauf, dass den Betroffenen zu keinem Zeitpunkt bewusst gewesen sei, dass ein derartiger Preisanstieg zu befürchten wäre. “Auch wenn es sich bei der Kindertagesstätte gGmbH um einen privaten Träger handelt, gab es bislang zahlreiche Schnittpunkte mit der Gemeinde, von denen beide Seiten profitierten. Und bis zuletzt orientierten sich die Beiträge der Kindertagesstätten gGmbH an den zu leistenden Zahlungen bei anderen Kindertagesstätten im Gemeindegebiet”, so die Eltern.
Sie appellieren nun dringen an die Gemeinde sowie die Kindertagesstätte Haar gGmbH, an den Verhandlungstisch zurück zukehren, “mit dem Ziel, faire Beiträge zu garantieren und den Eltern ein tatsächliches Mitbestimmungsrecht bei der Wahl der Kindertagesstätte ihres Kindes in Abhängigkeit vom Träger zu geben – privater Träger oder nicht.” Schließlich seien für die jetzige Situation sowohl Gemeinde als auch die Kindertagesstätten Haar gGmbH gemeinsam verantwortlich.