Mit den Wahlen in den USA, die für große Freude und Erleichterung gesorgt haben, verbinden die meisten von uns die Hoffnung, dass sich das Verhältnis zu den USA grundlegend verändert und alles wieder besser wird. Doch Vorsicht! Auch der neue Präsident Biden wird die grundsätzlichen Veränderungen durch Trump nicht rückgängig machen. Natürlich wird der Ton im politischen Miteinander besser. Aber die Herausforderung bleibt, dass wir uns selbst mehr um unsere Sicherheit kümmern und mit Europa ein Gegengewicht zu den USA und China aufbauen. Und noch eines: Das Ende der Geschichte ist noch nicht geschrieben.
2021 sind auch bei uns Wahlen, aber davon ist wenig zu bemerken. Zu sehr ist die Politik mit Covid-19 und seinen Auswirkungen beschäftigt. Aus dem Lockdown light ist zumindest in Österreich längst wieder ein harter Lockdown geworden. Die Bundeskanzlerin stellt uns auf schwierige Wintermonate ein. Gehen wir einfach davon aus, dass sich die Situation in den nächsten Monaten bis Ende Februar nicht verbessert und, versuchen wir damit umzugehen. Im letzten Beitrag hatte ich über das ganz andere Jahr 2020 und die neue Normalität geschrieben. Dies gilt unverändert auch für den Beginn 2021. Aber halt, ein Lichtstreif am Horizont ist zu sehen. Ausgerechnet ein kleines deutsches Unternehmen hat den ersten Impfstoff angemeldet. Ein zweiter Impfstoff wurde kurz danach angemeldet. Viele Millionen Impfdosen hat sich Deutschland bereits gesichert. Es gibt auch schon eine Regulierung, wer wann in welcher Reihenfolge geimpft werden soll, vielleicht schon ab Dezember. Es ist mehr als ein Lichtstreif am Horizont. Das heißt nicht, dass sofort alles anders ist. Aber die Hoffnung, dass es sich dann schnell ändern wird, ist in jedem Fall berechtigt.
Carl Friedrich von Weizsäcker hat immer drei Fragen gestellt: Was müssen wir wissen? Was können wir glauben? Was dürfen wir hoffen? Auf die neue Normalität in der Gesellschaft angewendet, heißt es: Wir wissen, dass das Virus sehr gefährlich ist, insbesondere für bestimmte Risiko- und Altersgruppen. Es kann aber auch jeden erwischen. Die Langzeitfolgen kennen wir noch nicht abschließend. Wir wissen auch, dass wir trotz aller Schwierigkeiten durch Disziplin, Besonnenheit und wenn wir uns zurücknehmen und einfach die Regeln einhalten, die Ausbreitung des Virus einschränken können. Wir glauben, dass es uns mit dem Impfstoff gelingt, wieder mehr Freiheit zu bekommen und mit weniger Einschränkungen leben zu müssen. Wir hoffen, dass uns die Bewältigung der Krise stärkt, dass sie das Vertrauen in die Demokratie erhöht, dass wir bewusster mit unseren Möglichkeiten und Freiheiten umgehen, uns auf Werte besinnen und Wichtiges von Unwichtigem in Zukunft besser unterscheiden können. Wir dürfen auch hoffen, dass Begriffe, die aus der Mode gekommen sind, wie Solidarität und Menschlichkeit, wieder wichtiger werden.
Wir werden im Frühjahr erleben, dass aufgrund der Krise viele Unternehmer und Unternehmen, die es vorher gab, nicht mehr da sind. Bei den sog. Zombie Unternehmen, d.h. denjenigen, die auch sonst nicht überlebt hätten, ist es überfällig. Bei vielen anderen, insbesondere den Unternehmen, Selbstständigen und Freiberuflern in bestimmten Branchen wie z.B. der Gastronomie, der Veranstaltungsbranche, aber auch bei den Künstlern und Medienschaffenden wird es schmerzhafte Veränderungen auch für unsere Gesellschaft geben. Unser Finanzminister hat im Frühjahr die „Bazooka“ herausgeholt und im Herbst wurden noch einmal unglaublich viele Milliarden ausgeschüttet. Aber für wen? Erstattet werden in der Regel Fixkosten, wenn über 60 Prozent des Umsatzes weggefallen sind. Gerade kleine und mittlere Unternehmen achten aber sehr darauf, dass sie viele Kostenbereiche variabel halten. Wovon sollen denn Unternehmer oder Selbständige überleben, wenn sie kein Geld verdienen? Dabei sind es gerade Kleinunternehmen mit weniger als fünf Beschäftigten und Selbstständige, die über 80 Prozent der Arbeitsplätze ausmachen und unseren Wohlstand sichern. Fast könnte man sagen: „Was an Großunternehmen geht und an staatliche oder halbstaatliche Einrichtungen, dient weniger der Existenzsicherung als mehr der Wohlstandssicherung.“ Wir sollten mehr an die kleinen Unternehmen und Selbständigen denken und ihnen Hoffnung geben.
„Ja, iss denn heut‘ scho Weihnachten?“, fragte früher Franz Beckenbauer im Werbespot. Auch heuer sind die Geschäfte schon sehr früh mit allen weihnachtlichen Gaben geschmückt und mit vielen Sonderangeboten und massiven Prospekten und Katalogen unterwegs. Doch ist es diesmal anders. Noch ist unklar, wie das Fest der Freude und des Friedens und der Hoffnung gefeiert werden kann. Weihnachten, bei dem sich viele daran erinnern, dass sie zu einer Familie gehören und versuchen zusammen zu feiern, wird dieses Mal anders sein. Das gilt zumindest für die Reisen quer durch die ganze Welt und auch durch die Republik. Ob dies wirklich so schlimm für alle wird, wissen wir noch nicht. Natürlich sind das Zusammensein und der soziale Kontakt durch nichts zu ersetzen. Der Mensch braucht es als soziales Wesen, sich mit anderen auszutauschen und sich in der Familie und in der Gemeinschaft wohl zu fühlen. Aber auch in früheren Zeiten war das Feste feiern mit ganz vielen Familienmitgliedern keine Selbstverständlichkeit. Ich kann mich noch an meine Kindheit erinnern, als wir Kerzen in die Fenster gestellt haben für unsere Verwandten im Osten. Eine Zusammenführung von Familien war damals aufgrund der politischen Lage ausgeschlossen. Umso intensiver haben wir an sie gedacht, über sie gesprochen und auch für sie gebetet. Das Weihnachtsfest war sicherlich ruhiger und besinnlicher als heute mit weniger Eventcharakter und Geschenken. Es war dadurch aber sicherlich nicht weniger schön.
Unsere Hoffnung ist, dass im Frühjahr nicht nur der Winter weggeblasen wird und wir das Osterfest feiern. Vielleicht werden auch Beschränkungen weg sein und wir können danach einen Frühsommer erleben, wie wir ihn noch nie erlebt haben. Alles, was wir jetzt vermissen, können wir dann mit ganz anderer Stimmung und Freude erleben. Vor der Pandemie wurde alles immer schneller und hektischer. Es wurde ständig gereist, noch mehr kommuniziert, insbesondere mit Social Media, und konsumiert. Die Zeit jetzt wirkt dagegen dumpf und langsam. Freiheiten wieder zu erfahren, kann eine Aufbruchstimmung erzeugen. Unsere Hoffnung kann zur Vorfreude werden. Diese Vorfreude sollten wir intensiver in unsere Gedanken und Vorstellungen einbeziehen.