Der Zweite Weltkrieg hatte am 1. September 1939 mit dem Überfall Hitler-Deutschlands auf Polen begonnen. Er forderte insgesamt mehr als 60 Millionen Tote. Am 8. Mai 1945, fast auf den Tag genau vor 80 Jahren, endete der Zweite Weltkrieg mit der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht. In Bayern kapitulierte die Heeresgruppe G der Reichswehr bereits drei Tage vorher, am 5. Mai 1945. Angeführt von General Hermann Foertsch, traf die deutsche Delegation in Baldham mit den Amerikanern zusammen. Ein Rückblick.
Im Atelier des bekannten NS-Bildhauers Josef Thorak, auf ausdrücklichen Wunsch von Adolf Hitler 1938 für 500.000 Reichsmark gebaut, fanden die Kapitulationsverhandlungen statt. Die Amerikaner wählten es für die Verhandlungen aus, da das riesige Gebäude als Symbol für die Größe und den „Erfolg“ des NS-Regimes galt. Nun wurde es zum Ort der Niederlage und die Übernahme durch die US-Soldaten durch Hissen der amerikanischen Flagge demonstriert. Vor dem Gebäude befanden sich amerikanische Jeeps und sonstige Militärfahrzeuge. Am 6. Mai 1945 um 12 Uhr trat die Kapitulation der Heeresgruppe G offiziell in Kraft. Damit war der Krieg in Süddeutschland zu Ende.

Die letzten Kriegstage
Die bayerische Bevölkerung hatte die ersten Kriegsjahre im eigenen Land weitgehend ohne direkte Kämpfe und Angriffe erlebt. Bis unmittelbar vor der Ankunft der amerikanischen Truppen war es vielfach lebensgefährlich, sich zum Kriegsende zu bekennen. Lang glaubten sich auch die Bewohner Baldhams und Vaterstettens vor Luftangriffen geschützt. Doch bei Kriegsende wurden die Dörfer fast täglich von Tieffliegern angegriffen. Ziele des Beschusses waren die im Bau befindliche Umgehungsbahn und ein Ausweichflugplatz, auf dem sich 15 bis 20 Flugzeuge aus Riem befanden.
Am 30. April 1945 marschierten die Amerikaner in München ein. Der erste Kontakt zwischen den Bewohnern von Vaterstetten und den vorrückenden US-Truppen fand am Dienstag, 1. Mai 1945, am Bahnhof Vaterstetten statt. 15 US-Soldaten, von der B304 kommend, begegneten dort dem 25-jährigen Soldaten Josef Reitsberger, der wegen einer Verwundung vorzeitig aus dem Krieg zurückgekehrt war. Auf Befehl der Amerikaner verständigte Josef Reitsberger den Ortsvorsteher, Oberlehrer Gruber, über ihre Ankunft. Gruber forderte Reitsberger auf, mit weißer Fahne die Amerikaner bis zu einer Kreuzung zu führen, wo er diese empfangen würde. Ungefährlich war dieser Zug für den Fahnenträger nicht. Bei Gegenwehr der Bewohner wäre er erschossen worden. So weit kam es nicht. Die Amerikaner wurden friedlich von den Einheimischen empfangen. Die französischen Zwangsarbeiter jubelten.
Fast zeitgleich verlief der Einmarsch in Baldham. Als die Amerikaner dort eintrafen, hatte der Schrankenwärter den Befehl, die Bahnschranke geschlossen zu halten. Offizier Hans Schmidt, der den US-Soldaten mit weißer Fahne entgegen gegangen war, erkannte jedoch, dass dies zu einer Schießerei geführt hätte. Er befahl, die Schranke zu öffnen. So wurde auch Baldham ohne Blutvergießen übergeben. Die Ortschaft Neufarn wurde am 1. Mai um 1 Uhr mittags den US-Verbänden kampflos übergeben. Pfarrer Ludwig Klöck und der Ortsführer gingen der amerikanischen Panzerkolonie mit einer weißen Fahne entgegen. Der Aufmarsch der Panzer dauerte sechs Stunden. Es gab keine Verluste, auch wenn im Wald geschossen wurde. Für die nächsten Tage wurde eine Ausgangssperre verhängt.

Amerikaner lassen sich nieder
Bedingung für einen Neuanfang war, dass in den Orten Baldham und Vaterstetten zunächst Granaten, Minen und Sprengkörper beseitigt werden mussten. Auf Befehl der Amerikaner wurden alle Waffen eingezogen und zerstört. Viele Privathäuser in Baldham-Kolonie wurden von US-Soldaten zur Einquartierung beschlagnahmt. Immer wieder kam es zu Plünderungen. Für die einmarschierten US-Soldaten galt der strenge Befehl, sich nicht mit der einheimischen Bevölkerung zu verbrüdern. Dennoch kam es auch in Baldham und Vaterstetten zu Liebesbeziehungen zwischen deutschen Frauen und Amerikanern.
Da die Ernährungslage vor allem in den Städten katastrophal war, wurden Lebensmittelsammlungen durchgeführt. Dabei brachte die Expositur Neufarn mit Parsdorf und Hergolding, 210 Zentner Kartoffeln auf. 90 Zentner wurden mit Hilfe eines amerikanischen LKW nach München in ein Mädchenheim geliefert, der Rest von 120 Zentnern wurde Kriegsgefangenen übergeben.
Historiker uneins: Friede von Haar?
Die Historiker sind sich nicht ganz einig: Während die Kapitulation mehrheitlich eindeutig im Thorak-Atelier in Baldham verortet wird, nennen andere, wenige Quellen die heutige Stadt Haar als Ort der Unterzeichnung.
Wörtlich heißt es dazu auf der Haarer Website: „Die ‚Alte Haarer Turnhalle‘ hat ein besonderes Flair: Der knarzige alte Holzboden, die große Bühne und der hölzerne Balkon geben der Mehrzweckhalle nicht den typischen, etwas sterilen ‚Sporthallen-Stil‘. Doch niemand würde vermuten, dass in dieser Halle am 5. Mai 1945 wohl Weltgeschichte geschrieben wurde. Es gibt Hinweise darauf, dass hier der Oberbefehlshaber der 1. Armee, General Hermann Foertsch, im Beisein amerikanischer Offiziere, die bedingungslose Kapitulation der in Süddeutschland stehenden deutschen Streitkräfte unterzeichnete. ‚An der linken Seite des Tisches saßen die amerikanischen Offiziere, wobei Viersterne-General Jacob Denvers präsidierte. Ihnen gegenüber nahm die deutsche Delegation Platz. Die Stimmung war eisig‘, erinnert sich der als Dolmetscher fungierende Hauptmann Hans-Otto Berendt noch Anfang der 70er-Jahre.“
Egal, ob in Haar oder Baldham: Durch die Unterschrift endete der Zweite Weltkrieg in Süddeutschland.