Schwung nehmen, das Ziel fest im Visier, dann das Klacken, wenn der Schläger den Golfball berührt. Es ist nur ein kurzer Moment, dann geht der Blick in die Ferne. Stimmen Richtung und Distanz? Habe ich den Wind richtig eingeschätzt? Schon seit Jahrzehnten zieht der Golfsport Menschen in seinen Bann. Und er hat sich zu einer Faszination entwickelt, die längst nicht mehr nur die Reichen erleben können. Oliver Kugler wurde vor 20 Jahren mit dem Golf-Virus infiziert. Hier schreibt der Geschäftsführer der Parsdorfer Feinkost-Manufaktur über seine Leidenschaft.
Im Alter von sechs Jahren haben mich meine Eltern beim TSV Grasbrunn angemeldet. Dort habe ich 30 Jahre lang mit Begeisterung Fußball gespielt und kannte nichts anderes. Viele Jahre wusste ich gar nicht, dass es sowas wie Golf überhaupt gibt. Erst als ich aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr Fußball spielen konnte, brachte mich ein Freund im Alter von 42 Jahren zum Golfsport. Im Nachhinein gesehen, für einen ehrgeizigen, ambitionierten Golfer fast zu spät. Das leichte, unbekümmerte Lernen in der Jugend lässt sich, wie in jedem Sport, nicht mehr aufholen.
Wie sicher die meisten Nichtgolfer, war auch ich zunächst der Auffassung, einen ruhenden Ball in der freien Natur vor sich her schubsen kann ja nicht so schwer sein. Ein Rentnersport nach dem Motto: „Hast Du noch Sex oder spielst Du schon Golf“. Diese Auffassung änderte sich schnell. Heute weiß ich, es ist ein Sport und soll angeblich die zweitschwerste Sportart zu erlernen sein. Und wenn man einen gewissen Anspruch an sein Golfspiel stellen möchte, braucht man im gesetzteren Alter schon ein paar Jahre hartes Training und sehr viel Demut.
Neben Schwimmen gibt es nicht viele Sportarten, wo jeder Muskel im Körper beansprucht und insbesondere beim Golfschwung exakt koordiniert werden muss. Diese Kombination aus Kondition, Koordination und Konzentration auf 18 Löchern ist schon eine echte Herausforderung. Diese Erfahrung bleibt nicht aus, wenn man sich darauf einlässt. Hier trennt sich auch meist die Spreu vom Weizen. Ganz oder gar nicht. Wie beim Koriander. Und wenn es einen packt, gibt es kein Zurück mehr. Und dann geht’s los mit Trainerstunden, Ausrüstung, Golfreisen und, und, und. Ja, ganz billig ist diese Leidenschaft nicht. Aber auch nicht so elitär, wie viele glauben. Früher musste man in Deutschland viel Geld für eine Mitgliedschaft in einem Golfclub hinlegen. Heute gibt es zahlreiche sehr günstige Modelle und Möglichkeiten, nicht nur für Einsteiger.
Für eine Golfrunde mit Anfahrt, Warmspielen und dem Bier und Snack danach geht schon fast ein ganzer Tag drauf. Diese Zeit kann man sich mitten im Berufsleben und mit Familie meist nicht nehmen, zumal oft noch andere Freizeitaktivitäten auf dem Programm stehen. Die Erfahrungen aus meinem Freundeskreis zeigen, dass es durchaus Möglichkeiten gibt, Verbindungen und Freiräume dafür zu schaffen, oft auch ohne große Einschränkungen in anderen Bereichen. Ist die Lust und Sucht groß genug, kriegt man das schon irgendwie hin. Meine Empfehlung jedoch, unbedingt mit Partner, Partnerin oder am besten noch mit der ganzen Familie einsteigen.
Man könnte sagen, für einen Golfer gibt es ein Leben vor dem Einstieg und ein Leben mit dem Golfsport. Dieses Endorphin geladene Gefühl, wenn man die kleine weiße Kugel 200 Meter mittig auf das Fairway zimmert oder mit einem Eisen perfekt an den Stock nagelt, ist unbeschreiblich. Auch wenn´s mal nicht so läuft, was bei jedem Golfer häufiger der Fall ist, sind es diese Momente, die einfach nur glücklich und süchtig machen. Von der Entspannung durch die Ablenkung vom Alltag und dem Spaß mit seinen Spielpartnern und seinen durch das Golfspielen neu gewonnenen Freundschaften mal ganz abgesehen. Mich hat‘s auf jeden Fall nun bereits seit 20 Jahren voll erwischt.