Die Haarer „Hüter der Grenzen“ sind wieder komplett: Die Gruppe der Haarer Feldgeschworenen ist mit sieben Mitgliedern wieder vollzählig. Kürzlich vereidigte Bürgermeister Dr. Andreas Bukowski feierlich
drei Bürger, die ab sofort das älteste noch erhaltene Ehrenamt Bayerns in und für ihre Heimatgemeinde Haar ausüben werden: Thomas Künig, Albrecht Jung und Franz Grübl schworen den Eid.
Ganze acht Personen hatten sich auf den gemeindlichen Aufruf in der MaiAusgabe des Rathaus-Blatts im Haarer Bauamt gemeldet – sehr zur Freude vom dienstältesten Feldgeschworenen Rudi Künig. Nachdem zuvor jahrelang eher zu wenige als zu viele Ehrenamtliche auf der Haarer Flur im Einsatz
waren, konnte er nun sozusagen „aus den Vollen schöpfen“: Er hat wieder sechs Mitstreiter und eine durchaus beruhigende „Nachrücker-Liste“. Ausgewählt wurden drei Männer, die schon sehr lange in der Gemeinde sind: Thomas Künig ist Rudi Künigs Sohn, lebt seit Geburt in Haar und kennt das Amt schon alleine durch seinen Vater gut. Er ist aber auch durch sein langjähriges Ehrenamt bei der Freiwilligen Feuerwehr mit dem Gemeindegebiet sehr vertraut. Franz Grübl lebt bereits seit 63 Jahren in Haar
und ist das, was man einen Aktivbürger nennt. Die Liste seiner ehrenamtlichen Tätigkeiten ist ellenlang, so ist er unter anderem bei den Böllerschützen aktiv und dem TSV – besonders dem Fußball – verbunden, für den er auch einen Förderverein gegründet hat. Der Dritte im Bunde ist Albrecht Jung und ein „frischgebackener Altersteilzeitler“, was dem Maschinenbau-Ingenieur jetzt ein paar mehr freie Stunden bringt. So war es für ihn genau der richtige Zeitpunkt für ein Ehrenamt, als der von der Suche nach Feldgeschworenen las. Das Thema und die Aufgabe haben ihn gereizt, berichtet er. Und da er nun
schon seit 2002 in Haar lebt, habe er sich schließlich beworben – und wurde genommen.
Doch was erwartet die drei Männer nun? Die Feldgeschworenen werden in der Regel vom Amt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung geschickt. Ausgerüstet mit den Plänen des Amtes sowie mit Schaufel und Spaten rücken sie dann vor Ort an. Rudi Künig kann aus seiner 21-jährigen Erfahrung viele
Geschichten und Anekdoten erzählen, von ZickZack-Grenzen und Garagen die meterweit ins Nachbargrundstück ragen. Früher hätte man eben unter Nachbarn nicht selten mit Handschlag und einem „Passt schon“ die Grenzen festgelegt. Heute ist das – nicht zuletzt angesichts der hohen Bodenpreise – verständlicherweise anders. Gerade wenn Grundstücke im Erbfall geteilt oder überhaupt verkauft werden, müssen die Grenzen klar festgelegt sein. Und da suchen dann die Feldgeschworenen nach den Grenzsteinen oder setzen auch mal neue. Ganz alte Steine sind allerdings nicht selten tief in der Erde vergraben. Oder es hat gar jemand was draufgestellt – ein Mülltonnenhäuserl beispielsweise. Oder eben gar eine Garage. Aber auch da gibt es Methoden, diese aufzuspüren. Dann wird von den Feldgeschworenen eben eine andere Art der Markierung gesetzt – an die Hauswand oder auf den Gehweg. An diesen Vormarkierungen orientieren sich dann die Bauingenieure und Architekten. Auf steinigem Untergrund und auf Waldgrundstücken werden Röhrchen zur Grenzmarkierung gesetzt. Ab sofort sind die drei Haarer übrigens auch Geheimnisträger, denn sie bekommen das „Siebenergeheimnis“ mitgeteilt. Das hatte gerade vor der Zeit elektronischer Messgeräte und digitaler Kartierung große Bedeutung – denn anhand dieses Geheimnisses kann man erkennen, ob ein Grenzstein nicht kurzerhand versetzt und so klammheimlich der eigene Landbesitz vergrößert wurde. Um so einen Betrug und Streit ums Land zu verhindern, wurden Feldgeschworene wahrscheinlich bereits im 12. Jahrhundert eingesetzt. Und ihr Dienst, der durchaus auch körperlich anstrengend ist, ist bis heute sehr gefragt: Alleine in Bayern gibt es etwa 25.000 von ihnen. In Haar gibt es nun eben wieder sieben: Rudolf Künig, Norber Sadler, Karl-Heinz Siebler, Rudolf Pistol, Thomas Künig, Franz Grübl und Albrecht Jung.