„Es geht hier um Menschen“

von Moritz Steidl

Wenn zwei sich streiten, leidet der dritte – und das sind im konkreten Fall die Bewohner des GSD Seniorenwohnparks in Vaterstetten. Zum Jahreswechsel soll an der Fasanenstraße der Betreiber wechseln – so sieht es jedenfalls der Eigentümer des Gebäudes. Der Noch-Pächter vertritt eine andere Meinung. Beide Seiten haben jüngst in getrennten Veranstaltungen die Bewohner informiert und damit vor allem für Verunsicherung gesorgt.

Innerhalb einer Woche gab es zwei Informationsveranstaltungen von zwei Betreibern – dem aktuellen, der GSD GmbH unter der Leitung von Jochen Adam, und dem künftigen, der Carecon GmbH unter der Leitung von Stefan Mayer. Die GSD ist seit mittlerweile 20 Jahren in der Fasanenstraße Pächter und damit für das Wohl der Senioren verantwortlich. Am Ende dieses Jahres läuft dieser Pachtvertrag jedoch aus. Das Ruder übernehmen will dann Stefan Mayer mit seiner Carecon Vaterstetten GmbH, an der auch der Eigentümer des Seniorenwohnheims, Oskar Conle, beteiligt ist.

Der GSD Seniorenwhnpark in der Fasanenstraße 24 in Vaterstetten. (Foto: B304.de/Edith Reithmann)
Der GSD Seniorenwohnpark in der Fasanenstraße 24 in Vaterstetten. (Foto: B304.de/Edith Reithmann)

Doch der Reihe nach: Am Dienstag vergangene Woche sollte es eigentlich einen gemeinsamen Informationsabend im Festsaal des GSD Seniorenwohnparks in Vaterstetten geben. Mit dabei: die Leitung des aktuellen Betreibers, der GSD, sowie der neuen Führung, der Carecon GmbH, sowie Vertreter des Landratsamts Ebersberg. Der Abend fand jedoch ohne den künftigen Betreiber Carecon statt. „Wir sind uns noch in Details uneinig, deswegen kommt die Carecon GmbH nicht“, erklärte Adam das Fernbleiben der neuen Heimbetreiber. Torsten Fricke, Sprecher der Carecon dementiert: Man sei schriftlich „ausgeladen worden“, wir wollten selbstverständlich teilnehmen. Die Bewohner dürfte wohl auch eher interessieren, was die Zukunft bringt und nicht, was in der Vergangenheit war.

Der Pachtvertrag zwischen dem Eigentümer des Seniorenwohnparks, Oskar Conle, und der GSD läuft am 31. Dezember 2016 aus. Dann ist Schluss für die GSD, doch so schnell geht das für Jochen Adam nicht: „Man kann doch nicht von einem auf den anderen Tag so eine Übergabe machen. Es geht hier um Menschen. Wir planen die Übergabe deshalb für das Frühjahr 2017.“ Und wieso wurde der Pachtvertrag überhaupt gar nicht erst verlängert? Adam: „Wir haben Ende 2014 mit dem Eigentümer zu verhandeln begonnen. Leider ist dabei keine Einigung zu Stande gekommen.“ Als Gründe führt Adam schließlich auf mehrfache Nachfrage aus Publikum hin „Philosophiefragen“ an. Es sei ein „Blumenstrauß an Themen“ gewesen, über die man diskutiert hätte. Unter anderem über den „großen Neubau mit 100 Plätzen in Einzelzimmern“, der dem Seniorenwohnpark Vaterstetten bevorsteht. Alleine in diesem Thema und bei allgemeinen Zukunftsfragen in der Alten- und Pflegebranche gäbe es verschiedene Auffassungen. „Es ist wie immer im Leben“, kanzelt Adam in einem Satz die Nachfrage ab, warum man als langjähriger Betreiber nicht verlängere.

Auch, dass man „Teile der Pacht“ in den vergangenen Jahren nicht gezahlt habe, gesteht Adam ein. Genauer äußerte er sich dazu jedoch nicht.

Torsten Fricke, Sprecher der Carecon GmbH und des Eigentümers wird gegenüber B304.de deutlicher: „Die GSD zahlt schon seit dem Jahresanfang nichts mehr.“ Aktuell beziffert Fricke den Pachtrückstand auf rund zwei Millionen Euro. Aus diesem Grund sei der ohnehin zum Jahresende auslaufende Pachtvertrag zusätzlich fristlos mit Herausgabe des Gebäudes zum 31. Dezember 2016 gekündigt worden.

Am vergangenen Sonntag hatte dann die Carecon zu einer eigenen Infoveranstaltung geladen. Die Kosten werden sich künftig nicht ändern, gab Stefan Mayer gleich zu Beginn bekannt. Im Gegenteil: Man werde umfassend investieren und renovieren sowie auch wieder selbst kochen. „Unser Ziel ist es, den Seniorenwohnpark Vaterstetten zu Oberbayerns schönstem Alten- und Pflegeheim zu machen“, so Mayer.

Stefan Mayer informierte im Gasthaus Alter Hof die anwesenden Anwohner und Angehörige. (Foto: B304.de/Moritz Steidl)
Stefan Mayer informierte im Gasthaus Alter Hof die anwesenden Anwohner und Angehörige. (Foto: B304.de/Moritz Steidl)

Doch statt der erwarteten Erleichterung bei den Bewohnern und deren Angehörigen ging es an dem Abend vor allem um die praktische Umsetzung  des Betreiberwechsels. Die Einwände aus dem Publikum reichten von „ein Übergang direkt am 31.12. zum 1.1. geht nie reibungslos“, hin zur Fragen nach dem künftigen Personal. Mayer antwortet: „Ich habe das schon zweimal erlebt, dass man von heute auf morgen übernimmt. Und was die Mitarbeiter betrifft: Wir haben das Führungspersonal und rund 50 weitere Mitarbeiter bereits übernommen. Auch die restlichen Verträge liegen bereit und wir sind optimistisch, dass sie bald unterzeichnet werden. Wir könnten direkt starten, die Mitarbeiter freuen sich auf die neue Aufgabe.“

Die Frage, wie und ob die Verträge mit der GSD gekündigt werden müssen, kommt an dem Abend immer wieder zur Sprache. B304.de wurde am Sonntag ein von Jochen Adam unterzeichnetes Schreiben an die Mitarbeiter des Seniorenparks vorgelegt. Darin heißt es: „An beiden Sonntagen 23. und 30. Oktober finden Informationsveranstaltungen des Eigentümers im Gasthaus Alter Hof in Vaterstetten statt. Informieren Sie sich bitte. In Ihrem eigenen Interesse empfehlen wir Ihnen gut zu überlegen, ob Sie bestehende Verträge kündigen und neue Verträge abschließen wollen.“

Laut Stefan Mayer existieren hierfür allerdings generell zwei Varianten, die aber im Endeffekt keine großen Vertragsänderungen an sich vorsehen: „Es gibt entweder einen Trägerwechsel, wenn wir uns nicht einigen. Das bedeutet, dass alle alten Verträge gekündigt werden müssten. Oder es gibt eine Betriebsübernahme, wenn wir uns einigen. Dann werden auch die Verträge einfach übernommen und nichts muss getan werden.“ Vielen Bewohnern und Angehörigen ist das alles zu schwammig, zu unsicher. Fricke brachte es letztlich auf den Punkt: „Das einzige, was aktuell ganz klar sei ist, dass die GSD raus ist. Es wird einen neuen Betreiber geben. Der GSD wurde fristlos gekündigt und außerdem läuft der Pachtvertrag aus. Am 31. Dezember ist Schluss.“ Mayer ergänzte noch: „In der Minute zum 1.1.2017, wechselt nicht nur der Betreiber und Rechnungssteller, sondern auch die Verantwortung.“

Die GSD sieht das anders und beharrt darauf, dass die Übergabe erst im Frühjahr 2017 erfolgen wird. Fricke dazu: „Das ist Schmarrn. Die haben dann ja gar kein Personal mehr, denn wir wollen alle Mitarbeiter übernehmen.“ Die Bewohner beruhigt das ganze Hickhack wenig. Ganz im Gegenteil: Sie fordern eine klare Ansage – am besten eine juristische Klärung. Die könnte es noch im November geben, dann treffen sich der Eigentümer und der Noch-Pächter vor Gericht.

Aus dem Landratsamt Ebersberg erklärt man uns zu der Angelegenheit: „Die Fachstelle für Pflege- und Behinderteneinrichtungen – Qualitätsentwicklung und Aufsicht (FQA) im Landratsamt ist zuständig für die Seniorenheime im Landkreis. Aufgabe der Mitarbeiter ist es unter anderem zu kontrollieren, ob die adäquate Versorgung der Bewohner sichergestellt ist. Das ist auch die Rolle, die das Landratsamt in der Phase des Trägerwechsels zwischen GSD und Carecon einnehmen kann. Die Versorgung der Bewohnerinnen und Bewohner muss zu jeder Zeit gewährleistet sein. Zu vertragsrechtlichen Fragen in diesem Zusammenhang kann und darf die FQA nicht beraten. Sie gehören in den Bereich des Zivilrechts. Der Handlungsspielraum des Landratsamtes beschränkt sich auf das öffentliche Recht.“

In der Fasanenstraße hatten sich die Bewohner sicher auf einen ruhigeren Lebensabend gefreut.

Hier hat sich Carecon mit einem Conntainer aufgestellt - um zu informieren. Nur wenige Meter entfernt vom Seniorenwohnpark. (Foto: B304.de/Edith Reithmann)
Hier hat sich Carecon mit einem Container aufgestellt – um zu informieren. Nur wenige Meter entfernt vom Seniorenwohnpark. (Foto: B304.de/Edith Reithmann)