Am 27. April verabschieden sich die Spötzls von ihrem Tennisland in den wohlverdienten Ruhestand. 48 Jahre lang war das Lebenswerk von Alfred Spötzl, die Verdistraße 45 mit ihren 4 Hallen- und 7 Außenplätzen, ihr Lebensmittelpunkt. Die Mission: „Tennis für alle!“ Generationen wurden hier auf dem roten Sand sozialisiert. Damit ist jetzt für die Spötzls Schluss. Ein Blick zurück.
1977 – wer hat da nicht den Deutschen Herbst vor Augen, mit der Entführung des Arbeitgeberpräsidenten Hanns-Martin Schleyer und der Lufthansa-Maschine Landshut oder der Todesnacht der RAF-Terroristen in Stammheim. Aber auch der Beginn der „Star Wars“-Filme im Kino wird auf dieses Jahr datiert und natürlich „Saturday Night Fever“ mit John Travolta. Neben dem kollektiv Erlebten, gibt es aber eben auch ganz individuelle Erinnerungen. Für Alfred Spötzl ist das definitiv die Eröffnung seines Tennislandes in der Verdistraße.
Der tennisbegeisterte junge Mann hatte damals sein äußerst erfolgreiches „Gelbes Blatt“, eine Anzeigenzeitung, an den Süddeutschen Verlag verkauft und alles auf eine Karte gesetzt: eine moderne Tennisanlage mit Gastronomie-Betrieb ohne Mitgliedsbeiträge. Jeder sollte sich jederzeit bei jedem Wetter einen Hallen- oder Freiplatz mieten können. Damals galt Tennis noch als elitär. Der weiße Sport als Statussymbol, so ziemlich exakt das Gegenteil von Breitensport. Der Visionär Alfred Spötzl wollte das ändern, zumindest auf lokaler Ebene. Die bundesweite Zäsur fand erst acht Jahre später, Mitte der achtziger Jahre, statt. Das konnte 1977 noch niemand ahnen. Auch Alfred Spötzl nicht. Das muss man wissen, wenn man das unternehmerische Risiko beurteilten will.
1985 spielte dann auf einem Rasenplatz vor den Toren Londons ein rothaariger Junge besonders gut Tennis. Er gewann – und die Nation hatte ihren Helden jenseits des Fußballfeldes. Mit Boris Becker kam die Sportart Tennis auch bundesweit vom Ruf los, eine eher gediegene Disziplin für die gehobene Mittelschicht zu sein. Das Bobbele sorgte für den deutschen Tennis-Urknall.
Als die Helden dann weiße Schweißbänder trugen und das Traumpaar des deutschen Tennis Steffi und Boris hieß, träumten Tausende Eltern von tennisbegabten Kindern, Ruhm und Geld.
Die Boomjahre der 80er sind längst Geschichte. Dass das Tennisland trotz nachlassender Tennisbegeisterung bis zum heutigen Tage eine gleichbleibende, gute Auslastung hat, ist vor allem der Verdienst von Gattin Irmgard Schedat-Spötzls unermüdlichem Einsatz. Auch keine der großen Turniere wäre ohne ihr Engagement möglich gewesen. Die größte Veranstaltung zählte knapp 950 Gäste, dafür wurde Platz 3 in eine „Festhalle“ umgebaut. Geselligkeit, auch das ist Tennis. Vor allem aber die vielen „Tenniskinder“ waren ihr immer eine echte Herzensangelegenheit.
Der wirtschaftliche Betrieb einer Tennisanlage ist heute immer schwerer möglich und insofern nicht mehr zukunftsfähig. Dass die drei Töchter den Betrieb weiterführen, war insofern keine echte Option. Als Familie habe man sich deshalb schweren Herzens dafür entschieden, die Anlage an andere zu übergeben.
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Wir wünschen Irmgard und Alfred Spötzl sowie den Töchtern mit ihren Familien alles Gute für die Zukunft und bedanken uns für das fast 50-jährige Engagement vor Ort. Und wie sagte das Tennis-Ausnahmetalent Rafael Nadal bei seinem Abschied: „Es ist nur ein Tennisspiel. Am Ende gibt es Wichtigeres im Leben.”