Abdul A. (26) hat harte Wochen hinter sich. Der 26-jährige Syrer, der seit Anfang des Jahres in einer Arztpraxis in Baldham als zahnmedizinischer Fachangestellter arbeitet, klingt am Telefon zuversichtlich, doch man kann sich vorstellen, wie es in ihm aussieht. Denn am 11. Juni fand Abdul einen Zettel mit einem Hakenkreuz in einem unbeschrifteten Umschlag in seinem Briefkasten. Auf dem Zettel selbst stand nicht viel, aber das hatte es in sich: „dein Todestag 1.7.2024“. Außerdem wurde sein Klingelschild mit Filzstift so geschwärzt, dass der Name nicht mehr lesbar war.
Abdul lebt zusammen mit seinem Cousin in Grafing. Seit dem 11. Juni hat er kaum geschlafen und ständig daran gedacht, was passieren kann. Sollte das ein geschmackloser Scherz sein oder handelt es sich um eine ernstgemeinte Drohung? Muss Abdul um sein Leben fürchten? Umziehen, obwohl er sich in Grafing zu Hause fühlt?
Der Drohbrief liegt seither bei der Kripo Erding, der Staatschutz hat den Fall übernommen und wertet mögliche Spuren aus. Das beschmierte Klingelschild haben Abdul und sein Cousin wieder gesäubert. „Ich muss weiterleben, es muss weitergehen“, erklärt er tapfer.
Abdul ist bekannt in Grafing, hat dort viele Freunde, gute Bekannte, eine Freundin. „Solche Leute, die so etwas machen, kenne ich nicht“, sagt er ratlos. 2017 hatte er, nachdem er vor zehn Jahren nach Deutschland geflohen war, seine Ausbildung in Ebersberg abgeschlossen und sich in Grafing eingelebt. „Ich finde es schön hier“, sagt er uns. „Ich habe hier keine Feinde. Ich bin hierhergekommen, um in Sicherheit zu leben.“
Der 1. Juli ist mittlerweile verstrichen – nichts ist passiert. Abdul verbrachte den Tag zu Hause, denn montags hat er immer frei. „Ich wäre lieber in der Arbeit gewesen“, erzählt er uns, „weil diese Leute ja wissen, wo ich wohne.“