Nach zweistündiger, teilweise hitziger Debatte, hat der Grasbrunner Gemeinderat gestern Abend mit 11 zu 9 Stimmen für eine dezentrale Unterbringung von Asylbewerbern in Neukeferloh, Grasbrunn und Harthauser gestimmt. Vorgesehen sind zunächst der Bolzplatz im Neukeferloher Technopark und das Gebäude Hauptstraße 1 in Harthausen. Dafür gab es von den zahlreich erschienenen Bürgerinnen und Bürger laute Pfiffe und Buhrufe. Bereits die Debatte selbst war immer wieder von Zwischenrufen unterbrochen worden.
Denkbar knapp fiel gestern Abend (28.7.) die Entscheidung des Grasbrunner Gemeinderats aus, die Asylbewerber künftig dezentral auf die Gemeindeteile Neukeferloh, Grasbrunn und Harthausen zu verteilen. Umstritten waren aber vor allem die konkreten, bereits festgelegten Standorte. Dem Beschluss nach ist vorgesehen, auf dem Bolzplatz in Neukeferloh (Technopark), sowie an der Hauptstraße 1 in Harthausen Unterkünfte in sogenannter Holzständerbauweise zu errichten. Für Grasbrunn wird der ehemalige Kugler-Parkplatz, der sich allerdings in Privateigentum befindet, bevorzugt, alternativ – sollte mit dem Eigentümer kein Einvernehmen erzielt werden – ist ein Gemeinde-Grundstück am Haarer Weg vorgesehen. Gleichzeitig sollen die Container im Technopark – ausdrücklich nur eine Übergangslösung – zeitnah wieder verschwinden. Dementsprechend sind es mit den 48 bereits hier lebenden Asylbewerbern und den rund 50 Flüchtlingen, die noch in diesem Jahr in der Gemeinde erwartet werden, insgesamt 100 Menschen, die auf die drei neuen Standorte verteilt werden sollen. Wobei in der Hauptstraße 1 in Harthausen maximal für 15 Personen Platz ist.
SPD und Grüne dafür, BFG und FWG dagegen, CSU uneins
„Wir stopseln als Gemeinde seit eineinhalb Jahren an dem Thema rum – jetzt stehen Infos im Raum, die ich vorher nicht hatte. Deshalb fällt es mir schwer jetzt eine Hauruck-Entscheidung zu treffen“, sagte Gemeinderat Hannes Bußjäger, der wie die gesamte FWG-Fraktion gegen den Beschluss stimmte. Ähnlich äußerte sich auch Johann Hiltmair von den Bürgern Für Grasbrunn (BFG), der zudem für eine große Lösung plädierte – also nicht mehrere kleine, sondern eine große Unterkunft. „Die Unterkünfte stehen 15 bis 20 Jahre, dann sollten wir uns auch für die Entscheidung Zeit nehmen“, begründete Grasbrunns Dritter Bürgermeister und CSU Gemeinderat Michael Hagen seine Nein-Stimme zur Beschlussvorlage. Mit ihm voteten auch seine Parteikollegen Bernhard Bauer und Karin Beierkuhnlein dagegen. Ursula Schmidt, Paul König und Karl Humplmair jun. – ebenfalls von der CSU – stimmten jedoch wie die SPD und die Grünen mit Ja.
Nach dem Votum gab es Pfiffe und Buhrufe von den rund 100 Bürgerinnen und Bürgern im, bzw. vor dem restlos überfüllten Sitzungssaal – darunter viele Anwohner des Bolzplatzes in Neukeferloh. Immer wieder war bereits die zweistündige Debatte von Zwischenrufen, aber auch von Applaus – vor allem für die Wortbeiträge der beiden Gemeinderäte der “Bürger Für Grasbrunn” (kurz: BFG) unterbrochen worden. Besonders verärgert zeigten sich die Zuhörer darüber, dass es offenbar nicht nur den Bürgerinnen und Bürgern an Informationen im Vorfeld fehlte, sondern auch vielen Gemeinderäten. So waren es vor allem Grundsatzfragen, die Karena Brodback, Sachgebietsleiterin der Koordinierungsstelle Asyl im Landratsamt München, zu beantworten hatte. Dabei ging es um das Für und Wider von dezentraler oder zentraler Unterbringung, um baurechtliche Themen, aber auch um die Perspektive – konkret um die Frage, ob im kommenden Jahr mit weiteren Flüchtlingen zu rechnen sei.
Ein ausführlicher Bericht folgt.
Am Donnerstag, 17. September um 19 Uhr findet für die Bürgerinnen und Bürger eine Informationsveranstaltung im großen Saal des Bürgerhauses Neukeferloh statt, an dem neben Grasbrunns Erstem Bürgermeister Klaus Korneder auch Vertreter des Landratsamtes München und des Helferkreises anwesend sein werden.
Unser Artikel vom 27. Juli 2015: Bis zum Jahresende werden Grasbrunn – neben den bereits rund 50 Flüchtlingen in der Containeranlage im Technopark – wohl weitere 50 Asylbewerber zugeteilt. Und – zur großen Überraschung für die meisten Bürgerinnen und Bürger – gibt es für die Unterbringung bereits drei neue Standorte: der Bolzplatz am Technopark in Neukeferloh, ein Gemeinde-Grundstück am Haarer Weg in Grasbrunn und das Gebäude Hauptstraße 1 in Harthausen. Heute Abend stimmt der Grasbrunner Gemeinderat in seiner Sitzung öffentlich darüber ab.
Seit etwa einem halben Jahr ist der Verwaltung bekannt, dass die Gemeinde Grasbrunn voraussichtlich noch bis zum Jahresende weitere rund 50 Flüchtlinge aufnehmen muss. Zusammen mit den 48 Asylbewerbern in der Containeranlage im Technopark würden dann rund 100 Flüchtlinge im Gemeindegebiet vorübergehend eine Bleibe finden. Da es aber an freiem Wohnraum fehlt, wurde vor etwa drei Monaten ein “Arbeitskreis Asyl” gegründet, in dem alle Fraktionen des Grasbrunner Gemeinderats vertreten sind. Sinn und Zweck des Gremiums ist es, Grundstücke, die der Gemeinde, bzw. der Gemeinde eigenen Projektentwicklungs GmbH und Co. KG gehören, einer genaueren Tauglichkeitsprüfung für den Bau neuer Unterkünfte zu unterziehen. Das Ergebnis sind nun drei Standorte: der Bolzplatz am Technopark in Neukeferloh, das Grundstück Flur Nr. 100 am Haarer Weg in Grasbrunn und das Gebäude Hauptstraße 1 in Harthausen, das wohl 2018 abgerissen und neugebaut werden soll. Wenn der Gemeinderat heute Abend der Beschlussvorlage der Verwaltung grünes Licht gibt, dürften an allen drei Standorten zeitnah Unterkünfte in sogenannter Holzständerbauweise entstehen.
Von alledem haben die Bürgerinnen und Bürger – zumindest die Anwohner des Bolzplatzes in Neukeferloh-Nord – erstmals durch ein Flugblatt der „Bürger für Grasbrunn“ erfahren. In dem Flyer mit dem Titel: „Umfrage Zukunft Bolzplatz“ taucht die Frage auf: „Was denken Sie über die Möglichkeit, Unterkünfte für Asylbewerber auf der Fläche des Bolzplatzes zu errichten?“ Seit dem gibt es vor Ort eine rege Diskussion, die wohl heute Abend im Gemeinderat ihre Fortsetzung finden wird. „Der Bolzplatz dient trotz seines relativ schlechten Zustands den Kindern und Jugendlichen des Ortsteils weiterhin als Stätte des Sports und der Begegnung“, schreibt etwa Familie B. und weiter: „Den Bolzplatz jetzt wegzureißen und dort weitere Unterkünfte zu bauen ist daher mehr als kontraproduktiv.“ Auch in Harthausen und Grasbrunn regt sich bereits Widerstand, nach dem die ersten Gerüchte über die geplanten Unterkünfte die Runde machen. Offiziell informiert wurden die Bürgerinnen und Bürger der betroffenen Gemeindeteile bislang allerdings nicht.
Scharfe Kritik gibt es deshalb vor allem an der Informationspolitik der Gemeindeverwaltung. Wieder einmal hat man es versäumt, die Bürgerinnen und Bürger rechtzeitig zu informieren und in die Planung miteinzubeziehen. „Wir brauchen gelebte Menschlichkeit. Wenn wir alle zusammenhelfen, können wir eine freundliche Willkommensatmosphäre für die Menschen nach ihrer Flucht schaffen”, heißt es in einem Informationsschreiben des Ersten Bürgermeisters Klaus Korneder, das dieser Tage an alle Haushalte verteilt wird. Doch wie soll eine „Willkommensatmosphäre“ entstehen, wenn man die Bürgerinnen und Bürger vor vollendete Tatsachen stellt und nicht vorab mit ihnen in einen Dialog tritt? In einem Kommentar auf der Internetseite der „Bürger Für Grasbrunn“ schreibt Herr D. dazu: „Die Vorgehensweise des Bürgermeisters erachte ich besonders in der heutigen Zeit als sehr naiv. Überall spricht man heute von Transparenz und Demokratie. Dies sollte auch er beherzigen und alle Bürger weitestgehend informieren und mit einbeziehen.“ Eine Kritik, die so auch von einigen Mitgliedern des Gemeinderats gegenüber B304.de ziemlich deutlich geäußert wird. Der Ausgang der heutigen Abstimmung gilt daher als offen. Erwartet wird eine lebhafte Diskussion und ein reges Interesse von Bürgerinnen und Bürgern.
Die öffentliche Gemeinderatssitzung beginnt am heutigen Dienstag (28.7.) um 19.30 Uhr im Rathaus Grasbrunn. Die ursprünglich als Tagesordnungspunkt 8 angekündigte Abstimmung wird wohl auf 1 vorgezogen. Es empfiehlt sich also aufgrund des zu erwartenden Besucherandrangs pünktlich zu sein.