Die Zeit und das Ehrenamt

von Gastautor

Eine Ressource, über die wir jeden Tag nachdenken, die wir justieren und aufzuteilen versuchen. Wir alle wissen, die Zeit ist ein kostbares Gut, so versuchen wir jeden Tag aufs Neue, dieses Gut zu verteidigen und so zu nutzen, dass wir und im besten Fall auch unser engstes Umfeld einverstanden sind.

Und dann gibt es heute eine neue Aufteilung der Zeit – nämlich in digitale und analoge Zeit. Spätestens hier kommt es zu einem Kampf um die Zeit. Wenn man dem deutschen Generationsforscher Rüdiger Maas zuhört, der zurzeit über die jüngsten Generationen forscht und somit über die Adoleszenz von morgen, stellt man fest, dass der analoge Anteil der Zeit schon ziemlich am Schrumpfen ist und jetzt schon unverkennbar als Verlierer dasteht. Laut Maas bewegen sich Kinder und Jugendliche teilweise jetzt schon deutlich mehr in der digitalen Welt, verstehen es bestens, sich in dieser Welt zurecht zu finden, in ihr werden sie groß und werden letztendlich durch die digitale Zeit auch geprägt. Analoge Zeit wird ihnen immer fremder, uninteressanter und nicht zielführend, so halten sie sich zunehmend immer weniger in ihr auf.

Und so schlage ich einen Bogen zum Ehrenamt. Das Ehrenamt – man liest es täglich – ist in die Krise geraten. Das Ehrenamt, eine wichtige Säule unserer Zivilgesellschaft und so auch unserer Demokratie, ist immer weniger attraktiv für die Ressource Zeit. Auch wir, die wir in der analogen Zeit groß geworden sind, auch wir entscheiden uns immer öfter gegen ein Ehrenamt, um die Zeit anderweitig zu nutzen. Die Möglichkeiten sind unendlich, und dazu kommt die digitale Zeit, die sich langsamer, aber immer sichtlicher auch in unsere Zeit hineindrängt. So kommen wir in die Lage, in welcher weder die analoge noch die digitale Generation Zeit für das Ehrenamt hat.

Und nun?

Meine Kollegen und ich sind Teil der Partnerschaft Trogir-Vaterstetten, einem guten und sinnvollen Verein, der politisch indiziert und gewollt ist. Die kroatische Stadt Trogir in Dalmatien ist seit 2009 mit unserer Gemeinde durch eine Städtepartnerschaft verbunden. Um zu vermeiden, dass es nur auf dem Papier steht, versuchen meine Kollegen und ich diesen Verein – seit über zehn Jahren – mit Leben zu füllen. Regelmäßig veranstalten wir verschiedene Aktivitäten und Projekte, egal ob es sich um Wirtschaft, Kultur oder Soziales handelt. Unser digitaler Auftritt ist immer aktuell und für alle verständlich.

Nun, auch wir stellen uns immer wieder Fragen, wie zeitgemäß so ein Verein ist (laut Bundespräsident Steinmeier sind Städtepartnerschaften wichtiger denn je), was wir tun können, um mehr Menschen anzusprechen, welche Transportmittel der Zeit angepasst sind, um sich gegenseitig zu besuchen, wie wir attraktiver für die jüngere Generation werden können usw. Neben diesen ganzen Fragen haben wir ständig die Zeit als Ressource im Nacken.

Um nicht zu pessimistisch zu klingen, will ich den Lesern dieses wunderschöne historische Städtchen an der Adria mit seinen reizvollen Ecken, Menschen und Gerüchen wärmstens empfehlen. Die Trogirer Bürger und deren jetziger Bürgermeister Ante Bilić versprühen eine frische, innovative und zupackende Energie, die überall in der Stadt zu spüren ist. Wie kein anderer hat es dieser talentierte Lokalpolitiker verstanden, wie man gemeinsam, transparent und mit viel Elan die Angelegenheiten dieser Stadt regelt. Diese Stadt, die Stadt meiner Jugend, bringt mich zu großem Staunen und Bewunderung.

Vom 17. bis 23. Mai fährt Vaterstetten wieder einmal nach Trogir. Vielleicht packt Sie ihr analoges und auch ihr digitales Herz, und Sie wagen es, mitzukommen. An dieser Stelle kann ich Ihnen versichern: Analog werden Sie vieles Schönes erleben und für die Digitals wird es sicherlich zuhauf interessante Beiträge geben, die Ihrer digitalen Community gefallen werden. Wenn das nicht eine gute Ausgangposition ist…

Und die Zeit? Die werden Sie in Trogir vergessen!

Mehr Infos unter www.pvt2009.org

Text: Branka Schröder, Vorstandsmitglied Partnerschaft mit Trogir e.V.