Die Post geht ab

von Leon Öttl

Die Deutsche Post soll künftig mehr Zeit für die Zustellung von Briefen bekommen. Bislang gilt: Zugestellt wird am nächsten Werktag. Theoretisch jedenfalls. Denn: In den vergangenen Wochen erreichten die B304.de-Redaktion ungewöhnlich viele Zuschriften, in denen sich unsere Leser über Probleme bei der Postzustellung beklagten. Briefe würden tagelang nicht und dann stapelweise zugestellt. Die Post räumt uns gegenüber Probleme ein und nennt die Umstellung auf ein neues Verteilsystem als Grund für die Verspätungen.

Mit den gelben Fahrrädern und ihren schweren Taschen mit Posthorn gehören Postzusteller bei jeder Witterung zum Straßenbild. Oft ernten sie zu Recht Sympathie, Anerkennung und Respekt für ihre wichtige Arbeit. Häufig bekommen sie aber auch den Frust über verspätet oder gar nicht zugestellte Sendungen ab. Viele Kunden machen ihrem Ärger Luft. Einmal kommt ein wichtiger Anwaltsbrief fast zu spät, ein anderes Mal lässt ein Brief in einer Testamentssache auf sich warten. Und das, obwohl die Post laut aktuellem Postgesetz 80 Prozent der Briefe nach einem Werktag zustellen muss. Nach zwei Werktagen müssen eigentlich 95 Prozent beim Empfänger sein. Das klappt aber längst nicht überall. Deutschlandweit haben sich im vergangenen Jahr rund 40.000 Kunden bei der zuständigen Bundesnetzagentur beschwert.

Zumindest ein Grund für die aktuellen Verspätungen könnte sein, dass die Post häufig nicht mehr mit dem Fahrrad, sondern mit dem Auto ausgefahren wird. Denn: Da immer weniger Briefe und dafür mehr Pakete verschickt werden, stellt die Post ihr System grundlegend um. Künftig werden Briefe und Pakete in immer mehr Bezirken im sogenannten Verbund – also gleichzeitig – zugestellt. Zunächst nur im ländlichen Raum praktiziert, werden inzwischen bereits rund 50 Prozent der Zustellbezirke in Deutschland im Verbund bedient. Und das hat Konsequenzen: Ehemalige Brief-Zusteller müssen nun auch Pakete austragen. Die zuständigen Bezirke ändern sich. Der jahrelang vertraute Zusteller muss sich von den Anwohnern verabschieden. „Wir vermissen unseren Stammpaketboten sehr schmerzlich“, berichtet uns eine Leserin. Sortiert wird die Vaterstettener Post übrigens seit einiger Zeit nicht mehr in der Baldhamer Straße, sondern in Pöring – 33 Zustellbezirke bedient die Post von dort aus. Lediglich in sechs davon werden Pakete und Briefe derzeit noch getrennt zugestellt.

In den Zuschriften an unsere Redaktion ähneln sich die Beschwerden: Tagelang komme keine Post an – und dann in großer Zahl stapelweise. Der Poststempel trage oft ein Datum, das einige Tage zurück liegt. Ärgerlich sind späte Ankünfte von Briefen vor allem in Terminsachen, etwa vom Finanzamt, das kurze Fristen setzt. Die Leidtragenden sind nicht nur die Kunden: Der Frust landet oft bei den Zustellern – doch die können für die Mehrbelastung nichts. Viele Leser zeigen Verständnis für die Mitarbeiter.

Offiziell entschuldigen möchte sich die Post, die die Probleme auf Anfrage hin einräumt: „An vereinzelten Tagen kam es leider zu Ausfällen und Abbrüchen. Dafür bitten wir ausdrücklich um Entschuldigung“, so eine Post-Sprecherin gegenüber B304.de. Dass Bezirke jedoch an mehreren Tagen nicht bedient würden, träfe nicht zu. Beschwerden würden nach Eingang vollständig abgearbeitet. Als Grund für die Probleme nennt die Sprecherin Personalengpässe „in der Folge der Verbundausweitung“. Diese seien vorübergehend gewesen. Die neue Zustellart stelle für einige Kollegen eine Neuerung dar, „so dass das Arbeitspensum in Teilen nicht wie gewohnt erledigt werden konnte, was entsprechende Abbrüche zur Folge hatte. In Einzelfällen kann es am Ende von Zustelltouren zu Abbrüchen aufgrund von Dienstzeitende kommen, so dass nicht alle Haushalte bedient werden können. Diese Haushalte werden am nächsten Tag priorisiert zugestellt.“ Inzwischen will man die Verzögerungen mit zusätzlichen Mitarbeitern behoben haben, versichert die Sprecherin. Das Personal werde regelmäßig nachqualifiziert.

Mit einem neuen Postgesetz, das gerade auf den Weg gebracht wird und ab 2025 gelten soll, soll die Post künftig zuverlässiger werden. Dafür bekommt sie mehr Zeit, um Briefe zuzustellen. Ziel ist, dass nach drei Tagen 95 Prozent der Briefe ankommen. Am vierten Werktag sollen es 99 Prozent sein.

Die Verbraucherzentralen raten, wenn es eilig ist, Einwurf-Einschreiben oder Einschreiben mit Rückschein anstelle von Standardbriefen zu verschicken. Der gewöhnliche Brief verliere immer mehr an Bedeutung. Post-Kunden bevorzugten „nicht unbedingt die schnellste Zustellung, sondern die zuverlässigste“. Übrigens haben wir selbst, als kleinen Test, einige Briefe an Leser verschickt und fast alle wurden innerhalb von 2 Werktagen zugestellt. Ein am Montag verschickter Brief kam erst am Donnerstag beim Leser an. Auf die sogenannte Basis-Sendungsverfolgung, die seit einiger Zeit bei jedem Brief inklusive ist, ist übrigens kein Verlass: hier hieß es, der Brief gehe bereits am Dienstag „in Zustellung“. Repräsentativ ist das freilich nicht. Waren oder sind Sie von Problemen bei der Zustellung betroffen? Schreiben Sie uns. Wir beobachten die Situation selbstverständlich weiterhin.

Post kommt nicht: Wo kann ich mich beschweren?

Für Reklamationen sind erst einmal die Postunternehmen (Deutsche Post AG und andere private Anbieter) selbst zuständig. Daher sollten Sie sich mit einer Beschwerde unmittelbar an Ihr Postunternehmen wenden. Nur so erhält das Unternehmen zeitnah von Qualitätsmängeln Kenntnis und hat die Möglichkeit, eine ordnungsgemäße Zustellung herzustellen. Bei der Deutschen Post können Sie sich unter 0228 / 433 31 12 (montags bis freitags 8 bis 18 Uhr, samstags 8 bis 14 Uhr) telefonisch beschweren. Wollen Sie ein Problem mit einem DHL-Paket melden, finden Sie unter dhl.de Hilfe beim Kundenservice.

Bei anhaltenden Mängeln können Sie sich auch bei der Bundesnetzagentur beschweren. Häufen sich Beschwerden aus einer Region, fordert die Bundesnetzagentur die Deutsche Post auf, bestehende Mängel zeitnah abzustellen. Bundesnetzagentur, Bürgereingaben, Tulpenfeld 4, 53113 Bonn, Telefon 0228 / 14 15 16 (montags bis freitags: 9 bis 12 Uhr) Ein Online-Formular finden Sie unter www.bnetza-post.de Sollte es zu Streit mit Ihrem Postdienstleister kommen, kann die Schlichtungsstelle Post der Bundesnetzagentur helfen, eine gütliche Einigung zu erzielen. Weitere Infos: www.bundesnetzagentur.de