Albtraum wird Wirklichkeit

von Markus Bistrick

Samstag, 11. Januar, eine Doppelhaushälfte in der Carl-Orff-Straße in Vaterstetten: Im Wohnzimmer bricht Feuer aus, kurz darauf steht das komplette Haus in Flammen (B304.de berichtete). Um 1.24 Uhr geht bei der Integrierten Leitstelle der Notruf ein. Über 170 Einsatzkräfte der umliegenden Feuerwehren – darunter u.a. Vaterstetten, Baldham-Dorf, Parsdorf-Hergolding, Weißenfeld, Grasbrunn und Haar sind bis zu neun Stunden im Einsatz, kämpfen unermüdlich gegen die Flammen und ein Ausbreiten des Feuers auf die zweite Haushälfte. Wie durch ein Wunder wird niemand ernsthaft verletzt. Doch eine Familie verlor in dieser frostigen Januar-Nacht ihr komplettes Hab und Gut. Ihr Zuhause ist nicht mehr bewohnbar, sogar akut einsturzgefährdet. Warum die Familie trotz dieser unfassbaren Tragödie Dankbarkeit empfindet und was geschehen ist.

War eine defekte Lichterkette am Weihnachtsbaum der Auslöser für den Großbrand? Rechts das Haus nach dem Brand. (Fotos: privat, Ilona Stelzl/B304.de)

Erst vor rund eineinhalb Jahren hatte die Familie die Doppelhaushälfte in der Carl-Orff-Straße gemietet und liebevoll eingerichtet. Ein teures Klavier, viele Erinnerungsstücke als Dekoration – über Jahre gesammelt. Man habe sich unglaublich wohl dort gefühlt und noch an Weihnachten einen festlichen Abend gemeinsam verbracht. Mit der kleinen Tochter sowie der über 80-jährigen Mutter. Versammelt rund um den großen, mit goldenen Kugeln geschmückten Christbaum. Niemand hätte sich damals vorstellen können, dass nur wenige Tage später von der Idylle nichts mehr übrig sein sollte. Mutmaßlich, weil ein technischer Defekt an der ausgeschalteten elektronischen Lichterkette jenen Baum in Brand setzte. Er sollte am nächsten Tag abgeschmückt und entsorgt werden.

Am Samstag, 11. Februar, gegen 1.30 Uhr. Flammen schlagen aus der Doppelhaushälfte an der Carl-Orff-Straße in Vaterstetten. (Foto: FFW Haar)

Der Schock über diesen Schicksalsschlag sitzt nach wie vor tief. „Der grausamste Gedanke ist für mich, dass wir in dieser Nacht hätten sterben können“, sagt uns die Hausherrin. Sie war es, die durch „komische Geräusche“ wach wurde und sofort gerochen hat, dass es brennt. Daraufhin habe sie ihren Mann, ihre Tochter und ihre Mutter geweckt und aus dem Haus gescheucht. Mit einem Blumentopf und Wasser aus dem Gartenteich versuchte sie anschließend von draußen durch die geborstene Glasscheibe die Flammen zu löschen. Vergeblich. In rasender Geschwindigkeit frisst sich das Feuer durch die zweistöckige Holzkonstruktion. Noch vor Eintreffen der Feuerwehr wird die Familie, aufgeteilt auf drei Rettungswagen, wegen Rauchvergiftung in verschiedene Kliniken gebracht.

Das Klavier im Wohnzimmer vor dem 11. Januar und nach dem Großbrand. (Fotos: privat, Markus Bistrick/B304.de)

Den entstandenen Schaden beziffert die Polizei auf eine hohe sechsstellige Summe. Materielle Dinge könne man ersetzen, dafür kommt im konkreten Fall die Versicherung auf. Auch eine neue, befristete Bleibe in der Gemeinde Vaterstetten hat die Familie bereits kurz nach der Katastrophe gefunden. Dank engagierter Freunde und Nachbarn. Für deren Unterstützung sei man unfassbar dankbar. Man habe hautnah erfahren, was gesellschaftlicher Zusammenhalt bedeutet und wie gut er tut. Nachbarn hätten spontan mit Kleidung ausgeholfen, schließlich ist alles, außer den Sachen, die man in der Brandnacht anhatte, den Flammen zum Opfer gefallen. Auch sämtliche persönlichen Dinge wie das süße Foto der Tochter, aufgenommen bei einer Kreuzfahrt. Sämtliche Erinnerungsstücke aus dem Leben vor dem 11. Januar 2025, sowie Daten, die nicht in einer Cloud gespeichert waren, Ausweispapiere, Zeugnisse. Der absolute Albtraum, aber „ich bin einfach nur unglaublich dankbar, dass wir alle überlebt haben“.

Hinweis: Wir haben am 3. Februar ein ausführliches Redaktionsgespräch mit einem vom Brand betroffenen Familienmitglied geführt und am 8. Februar mit Zustimmung der Familie vor Ort zum Zwecke einer Veröffentlichung fotografiert. Einzige Bitte der Familie war eine Berichterstattung ohne identifizierbare Angaben zu den Personen. Auch auf Fotos wollte man nicht erscheinen. Selbstverständlich respektieren wir die Privatsphäre.

Links: der ehemalige Wohn- und Essbereich, rechts das Treppenhaus. (Foto: Ilona Stelzl/B304.de)
Die Fische im Gartenteich sind wohl durch das Löschwasser gestorben. (Foto: Ilona Stelzl/B304.de)
Die ehemalige Küche. (Foto: Ilona Stelzl/B304.de)
Das teure Klavier nach dem verheerenden Brand am 11. Januar 2025. (Foto: Ilona Stelzl/B304.de)
Von der Küche ist nichts mehr übriggeblieben. (Foto: Ilona Stelzl/B304.de)
Der ehemalige Eingangsbereich mit Blick auf die Garderobe. (Foto: Ilona Stelzl/B304.de)
Blick vom Garten ins ehemalige Wohnzimmer. (Foto: Markus Bistrick/B304.de)